Bischof Paul Hinder bei einer Schuleinweihung in den Vereinigten Arabischen Emiraten (Archivbild) Bischof Paul Hinder bei einer Schuleinweihung in den Vereinigten Arabischen Emiraten (Archivbild) 

Papst in Bahrain: „Es geht auch um praktische Friedensarbeit“

„Der Papst setzt sich dafür ein, mehr Brücken zur islamischen Welt zu bauen. Es geht um den theologischen Dialog, aber auch um praktische Friedensarbeit, Gerechtigkeit und die Sorge um das gemeinsame Haus.“ So fasst der Schweizer Kapuzinerbischof Paul Hinder das Anliegen von Papst Franziskus‘ Bahrain-Reise zusammen, die an diesem Donnerstag gestartet ist.

„Papst Franziskus kommt in der arabischen Welt mit seiner offenen, herzlichen Art sehr gut an. Er genießt bei allen ein hohes Ansehen“, so Bischof Hinder kurz vor Abreise des Papstes im Interview mit cath.ch. Weil Franziskus intensiv mit dem sunnitischen Kairoer Großimam Ahmad al-Tayyib zusammenarbeite, werde er als „wahrer Freund des Islam“ wahrgenommen. Das Königshaus in Bahrain ist sunnitisch, wohingegen der Großteil der bahrainischen Staatsangehörigen dem schiitischen Islam angehört.

„Wahrer Freund des Islam“

Der Schweizer Kapuziner Hinder ist für das Apostolische Vikariat Nördliches Arabien mit Sitz in Bahrein zuständig und hatte Papst Franziskus bereits 2019 in Abu Dhabi empfangen. „Die Reisen nach Abu Dhabi, Marokko, Irak, Kasachstan und jetzt Bahrain zeigen, wie wichtig der Islam für Franziskus ist“, so der Islamkenner. Von Bahrain aus habe es positive Signale in Richtung Heiliger Stuhl gegeben. Der König von Bahrain schätze Franziskus sehr und habe „den Dialog mit dem Heiligen Stuhl zur Chefsache gemacht“. Er habe schon Hinders Vorgänger Bischof Camillo Ballin gebeten, den Bischofssitz nach Bahrain zu verlegen und habe die Errichtung der Kathedrale Unserer Lieben Frau von Arabien in Awali ermöglicht.

Die Araber seien auch stolz darauf, dass der Papst einen Muslim zum Mitglied der päpstlichen Bioethik-Akademie ernannt hat, ergänzt der Bischof mit Verweis auf den jüngsten Ruf des muslimischen Rechtsgelehrten Saad Al-Din Mosaad Helaly von der Kairoer Al-Azhar-Universität an die Vatikan-Akademie.

Praktische Friedensarbeit

Nach der Regenburger Rede von Franziskus‘ Vorgänger Benedikt XVI. habe der Heilige Stuhl „alles getan, um den katholisch-islamischen Dialog zu intensivieren“. Das habe dem Dialog „eine neue Dynamik“ gegeben, wertet Hinder die damalige Krise im Verhältnis positiv. Benedikts Reflexion über die Rolle der Gewalt im Islam von 2006, die unter dem Stichwort „Regensburger Rede“ bekannt wurde, hatte in der muslimischen Welt für Irritationen gesorgt. Hinder wirkt seit 2004 in der Region und hat damit die Evolution der muslimisch-vatikanischen Beziehungen hautnah miterleben können.

Dem Heiligen Stuhl gehe es mit Franziskus‘ Papstreise nach Bahrain im aktuellen Kontext auch um praktische Friedensarbeit, so Hinder weiter: „Der Heilige Stuhl weiß zu schätzen, dass Bahrain ein gemäßigter Akteur im Nahen Osten ist. Es ist ein kleiner Zwerg, eingekeilt zwischen Saudi-Arabien und Katar - und die Mullahs im Iran sitzen auf der anderen Seite des Ufers. Die Reise von Papst Franziskus nach Bahrain ist ein Signal an die Mächte in der Region, wie sehr der Vatikan die gemäßigte Politik Bahrains schätzt.“ Offizielle diplomatische Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Bahrain bestehen seit 1999, anders als mit Saudi-Arabien, zu dem der Heilige Stuhl offiziell keine diplomatischen Beziehungen unterhält. 

Mut und Hoffnung

Das biblische Motto der Papstreise „Friede auf Erden den Menschen guten Willens“ verweist auf die Notwendigkeit von Frieden und Dialog in der Welt, erläutert Hinder weiter. Die katholische Minderheit in Bahrain, die sich aus vielen Gastarbeitern zusammensetzt, verbinde mit dem Papstbesuch „Zuversicht, Mut und Hoffnung“, so Hinder. Auch in Bahrain lebten diese unter prekären Lebensbedingungen, deutet er an: „Wegen der Fußballweltmeisterschaft berichten jetzt alle über die schlechten Arbeitsbedingungen in Katar. Ich habe aber nicht das Gefühl, dass es in den anderen Ländern des Nahen Ostens besser aussieht. Die meisten Gastarbeiter von den Philippinen oder aus Indien sind prekär beschäftigt. Wenn sie ihre Arbeit verlieren, müssen sie das Land sofort verlassen. Sie sind also erpressbar und können ausgebeutet werden.“

Signalwirkung der Reise

Auch einige tausend Katholiken aus dem Nachbarland Saudi-Arabien dürften nach Bahrain zum Papstbesuch kommen, schätzt Hinder. Der Bischof sieht deshalb den Bahrain-Besuch des Papstes auch als Signal an Saudi-Arabien, wo die Lage der christlichen Minderheit im muslimischen Kontext – anders als in Bahrain – sehr schwierig ist. Die Toleranz sei im Vergleich zu früher zwar gewachsen und die Macht der Religionspolizei sei seit zehn Jahren gebrochen. Der Dialog mit Riad sei aber „immer noch sehr heikel“ und die Kirche könne „leider nur sehr bescheidene Fortschritte“ verzeichnen.

Das habe vor allem damit zu tun, dass „bestimmte evangelikale Gruppen sich nicht an die Regeln halten“, erläuterte Hinder. „Sie haben kein Verständnis dafür, dass Saudi-Arabien weder Missionierung noch Proselytenmacherei duldet. Leider werden auch wir für das Fehlverhalten einiger Freikirchen bestraft - obwohl wir uns brav an die Regeln halten.“ In Saudi-Arabien ist der Islam Staatsreligion; anderen Religionen, darunter dem Christentum, wird keine freie Religionsausübung zugestanden, darum gibt es im ganzen Land keine Kirche. Die herrschende Familie al-Saud weicht die harte Linie allerdings in den letzten Jahren etwas auf.

Etappen der Reise

Franziskus‘ Reise nach Bahrain vom 3. bis 6. November ist – nach einem Besuch in Abu Dhabi 2019 – der zweite Aufenthalt des argentinischen Papstes auf der Arabischen Halbinsel. Unmittelbarer Anlass für die 39. Auslandsreise im Pontifikat von Franziskus ist das unter der Patronanz von König Hamad bin Isa Al Chalifa stattfindende „Bahrain Forum for Dialogue“. Der Papst will am 4. November an der Abschlussfeier der Konferenz, zu der 200 Religionsführer, Wissenschaftler und andere Persönlichkeit erwartet werden, teilnehmen. Mit einer katholischen Messe im Nationalstadium, einem ökumenischen Friedensgebet und einer Jugendbegegnung steht der Papstbesuch aber auch im Zeichen der Stärkung der Ortskirche.

(cath.ch/vatican news – pr)
 

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03. November 2022, 10:11