Don Ciotti mit dem Papst Don Ciotti mit dem Papst 

Anti-Mafia-Priester lobt kompromisslose Linie des Papstes

Den entschiedenen Einsatz des Papstes gegen das organisierte Verbrechen hat einer der bekanntesten Anti-Mafia-Aktivisten Italiens, Don Luigi Ciotti, gewürdigt.

Franziskus lasse der Kirche in seinen Äußerungen und Handlungen gegen die Mafia „keinen Spielraum für Vorsicht oder Zurückhaltung“, wie dies in der Vergangenheit wohl der Fall gewesen sei. Der Priester sprach am Donnerstagabend bei einer Veranstaltung an der Wiener Siegmund-Freud-Privatuniversität. Don Ciotti gilt wegen vieler Morddrohungen als der „meistgefährdete Priester Italiens“ und wird seit 2014 rund um die Uhr von zehn Polizisten bewacht. Bei dem Wiener Treffen war er per Videobotschaft präsent.

Franziskus sei „nicht der erste Papst, der das Übel der Mafia anprangert, aber er geht viel weiter“, befand Ciotti. Der Pontifex habe erkannt, dass das organisierte Verbrechen seine Stärke einerseits aus der moralischen und materiellen Korruption beziehe, andererseits jedoch auch aus einem „Finanzsystem, das bis auf wenige Ausnahmen jeglichen Sinn für Ethik und die Beziehung zum Gemeinwohl verloren hat“ und eine räuberische Wirtschaft und wachsende Ungleichheit befördere.

„Mafiosi sind exkommuniziert“

Mit großer Entschiedenheit habe der Papst daher u.a. schon 2014 Mafiosi öffentlich zur Bekehrung aufgerufen, obwohl es nach dem gleichen Appell seines Vor-Vorgängers Johannes Paul II. 1993 zwei Kirchensprengungen und zwei Priestermorde gab. Wenig später habe Franziskus sogar erklärt, Mafiosi – „alle, die das Böse anbeten“ - seien exkommuniziert, da die Mafia und Gottes Wort nicht koexistieren könnten.

Papst Johannes Paul II. forderte Mafiosi bei einem Besuch auf Sizilien zur Bekehrung auf: Sonst werde sie das Gericht Gottes ereilen
Papst Johannes Paul II. forderte Mafiosi bei einem Besuch auf Sizilien zur Bekehrung auf: Sonst werde sie das Gericht Gottes ereilen

Kein Paralleluniversum

Dass der Papst eine eigene Vatikan-Behörde gegen Korruption und mit der Mafia verbundene Probleme eingerichtet habe, sei ebenfalls „kein Zufall“, betonte Don Ciotti. Organisierte Kriminalität sei eben kein Paralleluniversum, sondern es gebe sie auch innerhalb der Kirche, in der man neben entschiedenen Vorkämpfern gegen sie immer auch Unterschätzungen, das Schweigen von Komplizen oder Gleichgültigkeit vorgefunden habe.

Schärferes Auftreten sei auch gegen verhängnisvolle Fehlinterpretationen des von Mafiosi oft zur Schau gestellten religiösen Glaubens nötig: Kriminelle versuchten sich damit als ehrenhafte und respektable Menschen zu zeigen, doch sei ein solcher Glaube „unvereinbar mit den Lehren des Evangeliums, das ein Wort der Wahrheit, nicht der Täuschung, und ein Wort der Liebe, nicht der Gewalt ist“, so der Priester.

Auch Kirchen müssen sich gegen Mafia engagieren

Ciotti ist Gründer und Präsident der aus 1.600 Vereinen und Bürgerinitiativen in ganz Europa, Lateinamerika und Afrika bestehenden Anti-Mafia-Dachorganisation Libera. Er hat mit dieser u.a. ein Gesetz für die Beschlagnahmung von Mafia-Gütern in Italien erwirkt. An die in Wien versammelten Religionsvertreter appellierte er, sich ihrer Rolle im Kampf gegen Kriminalität, Korruption und anderen Gewaltformen bewusst zu werden.

Die Gerichte, Strafverfolgungsbehörden und Staatenverbünde seien bei ihrem Einsatz gegen das organisierte Verbrechen auf „verantwortungsbewusste und achtsame Akteure der Zivilgesellschaft“ unbedingt angewiesen. Auch die Kirchen und religiösen Gruppierungen sollten sich aktiv engagieren und ihren Teil der Verantwortung übernehmen.

(kap – sk)

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16. Oktober 2020, 13:51