Im Wortlaut: Papst Franziskus beim Angelusgebet

Hier finden Sie die Ansprache, die Papst Franziskus beim Angelusgebet an diesem Sonntag gehalten hat, in einer Arbeitsübersetzung von Radio Vatikan.

Den offiziellen Text finden Sie in Kürze auf der Website des Vatikans.

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Das Evangelium von diesem Sonntag (vgl. Mt 16,13-20) erzählt von dem Moment, in dem Petrus seinen Glauben an Jesus, den Messias und Sohn Gottes, bekennt. Dieses Bekenntnis des Apostels wird von Jesus selbst herausgefordert: er will seine Jünger dazu bringen, in ihrer Beziehung zu ihm den entscheidenden Schritt zu tun. In der Tat ist der Weg, den Jesus mit jenen geht, die ihm nachfolgen – vor allem den Zwölf – ein Weg der Erziehung im Glauben. Zunächst einmal fragt Jesus: „Für wen halten die Menschen den Menschensohn?“ (v. 13). Die Apostel haben gern über andere geredet - das gefällt uns ja allen, ein bisschen Klatsch und Tratsch. Über andere reden, ist nicht schwer; deshalb tun wir es auch so gern - und manchmal ziehen wir auch über andere her. Hier dagegen wird natürlich die Perspektive des Glaubens, und nicht die des Klatsches, vorausgesetzt - und so fragt Jesus: „Für wen halten mich die Menschen?“. Und die Jünger scheinen sich in ihren Berichten darüber, was die Leute über Jesus sagten und was größtenteils vielleicht auch ihre eigene Meinung war, geradezu überbieten zu wollen. Kurzum: Jesus galt in Nazareth als Prophet (V. 14).

Mit der zweiten Frage kommt Jesus auf den Punkt: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ (v. 15). Und nun folgt erst einmal ein Moment der Stille, schließlich ist jeder der Anwesenden gerufen, sich selbst einzubringen; den Grund zu nennen, warum er Jesus nachfolgt; ein gewisses Zögern ist also nur legitim. Und wenn ich jetzt fragen würde: „Wer ist Jesus für dich?”, dann wäre da sicher auch ein Zögern. Simon unterbricht die peinliche Stille, indem er geradeheraus erklärt: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!“ (v. 16). Diese Antwort, so leuchtend und klar, entspringt nicht seinem eigenen Impuls, so großzügig dieser auch sein mag  – Petrus war größzügig –: sie ist Frucht einer besonderen Gnade des himmlischen Vaters. So sagt Jesus selbst ja auch zu ihm: „Nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart – also nicht die Bildung, das, was du studiert hast – nein, das hat es dir nicht offenbart. Mein Vater im Himmel hat es dir offenbart“ (vgl. V. 17). Jesus zu bekennen, ist eine Gnade des Vaters. Zu sagen, dass Jesus der Sohn des lebendigen Gottes ist, der Erlöser, ist eine Gnade, um die wir bitten müssen: „Vater, gib mir die Gnade, Jesus zu bekennen”. Gleichzeitig erkennt der Herr aber auch die prompte Antwort des Simon auf die Inspiration der Gnade an und fügt in feierlichem Ton hinzu: „Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen“ (V. 18). Mit dieser Aussage macht Jesus dem Simon die Bedeutung des neuen Namens klar, den er ihm gegeben hat, „Petrus“: Der Glaube, den er soeben bekannt hat, ist der unerschütterliche „Fels“, auf den der Sohn Gottes seine Kirche, d.h. die Gemeinschaft, bauen will. Und die Kirche geht voran dank des Glaubens Petri; jenes Glaubens, den Jesus in Petrus erkennt, den er zum Oberhaupt der Kirche macht.

Heute vernehmen wir die Frage Jesu, die an jeden von uns gerichtet ist: „Und ihr, für wen haltet ihr mich?“ Diese Frage gilt uns allen. Jeder von uns muss darauf eine Antwort geben, die nicht theoretisch ist,  sondern den Glauben, d.h. das Leben, einbezieht, denn Glaube ist Leben! Eine Antwort, die auch von uns verlangt, dass wir – wie die ersten Jünger – auf die Stimme des Vaters in unserem Inneren hören; im Einklang mit dem sind, was die um Petrus versammelte Kirche auch heute noch verkündet. Es geht darum zu verstehen, wer Christus für uns ist: ob er der Mittelpunkt unseres Lebens und das Ziel all dessen ist, was wir zur Kirche und zur Gesellschaft beitragen. Wer ist Jesus Christus für mich? Wer ist Jesus Christus für mich, für dich… Darauf müssen wir jeden Tag eine Antwort geben. 

Es ist unverzichtbar und lobenswert, dass die Seelsorge unserer Gemeinschaften die Not und Armut im Blick hat, die uns umgibt. Die Nächstenliebe ist immer der Königsweg des Glaubens, der Vollkommenheit des Glaubens. Aber die Werke der Solidarität dürfen uns nicht vom Kontakt mit unserem Herrn Jesus ablenken. Christliche Nächstenliebe ist mehr als bloße Philanthropie: christliche Nächstenliebe bedeutet einerseits, dass man die anderen mit den Augen Jesu sieht; aber auch, dass man Jesus im Antlitz der Armen erkennt. Das ist der Weg der christlichen Nächstenliebe: mit Jesus im Zentrum, immer

Möge uns die Jungfrau Maria, die selig ist, weil sie geglaubt hat, auf dem Weg des Glaubens an Christus Führerin und Vorbild sein; sie mache uns bewusst, dass das Vertrauen auf Ihn unserer Nächstenliebe und unserem Dasein erst seinen wahren Sinn gibt.
 

(vaticannews - übersetzung: silvia kritzenberger)

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23. August 2020, 13:30