Papst an ältere Menschen: Ihr seid die Wurzeln eures Volkes

Den Einsatz der älteren Menschen für Freiheit und Glauben während der Besatzungszeit würdigte Papst Franziskus bei einem Besuch der katholischen Kathedrale Rigas, die dem heiligen Jakobus geweiht ist. Sie dürften auch angesichts der Schwierigkeiten des heutigen Lebens ihre Hoffnung nicht verlieren, so der Papst zu seinen Zuhörern.

Christine Seuss - Vatikanstadt

An der Begegnung, die direkt im Anschluss an das ökumenische Gebet im nur 350 Meter entfernten lutherischen Dom stattfand, nahmen der katholische Erzbischof Rigas, Zbignevs Stankevičs, sowie insbesondere ältere Gläubige teil. Sie hätten während der Zeit der Besatzungen Verfolgung und Entbehrung erlitten, erläuterte der Erzbischof in seiner Grußadresse an den Papst, doch ihren Glauben nie verloren – und noch heute, teils in großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, leisteten sie in der Gemeinschaft und den einzelnen Pfarreien wertvolle Dienste, hob er hervor. An sie wandte sich der Papst mit seinen ermutigenden Worten:

„Ihr, die ihr hier anwesend seid, wurdet allen möglichen Prüfungen unterzogen: dem Schrecken des Krieges und dann der politischen Unterdrückung, der Verfolgung und dem Exil, wie es euer Erzbischof gut beschrieben hat. Und ihr wart beständig, ihr habt im Glauben ausgeharrt. Weder das NS-Regime noch jenes sowjetische haben den Glauben in euren Herzen ausgelöscht. Einige von euch konnte man trotz Lebensgefahr nicht davon abbringen, als Priester- und Ordensleute, als Katecheten und in vielen anderen kirchlichen Diensten zu wirken; ihr habt den guten Kampf gekämpft, ihr seid dabei, den Lauf zu vollenden, und ihr habt die Treue bewahrt (vgl. 2 Tim 4,7).

Apostel Jakobus lädt zu Geduld ein

In seinem Brief lade der Apostel Jakobus die Gläubigen zu Geduld ein, fuhr der Papst mit Blick auf den Namensgeber der Kathedrale fort. Doch er bestehe darauf, dass diese „Geduld die Prüfung des Glaubens übertrifft“ und „vollkommene Werke hervorbringt“ (vgl. 1,2-4).

„Euer Wirken wird damals vollkommen gewesen sein, und es sollte auch unter den neuen Umständen nach Perfektion streben. Ihr, die ihr Leib und Seele aufgerieben und euer Leben eingesetzt habt für die Erlangung der Freiheit eures Landes, fühlt euch oft vergessen. So paradox es klingen mag, heute überlassen freie Menschen die Älteren im Namen der Freiheit der Einsamkeit, der Verlassenheit, der Hilflosigkeit und der Ausgrenzung, ja sogar der Armut. Wenn das so ist, dann hat der sogenannte ,Zug der Freiheit und des Fortschritts´ diejenigen, die für diese Rechte gekämpft haben, in den letzten Wagen abgeschoben, wo sie zu Zuschauern eines Festes wurden, das andere feiern. Sie werden zwar geehrt und ausgezeichnet, aber im täglichen Leben vergessen (vgl. Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 234).“

Doch Apostel Jakobus lade auch in dieser Hinsicht zum Durchhalten ein, fuhr Franziskus fort. Sie dürften der Enttäuschung und Traurigkeit nicht nachgeben und müssten vielmehr ihre Hoffnung und auch Milde bewahren, schwor Franziskus seine Zuhörer ein. Am Ende seines Briefes lade der Apostel nochmals zur Geduld ein (5,7), aber er benutze in diesem Zusammenhang ein Wort, das zwei Bedeutungen habe, unterstrich der Papst: diese seien „geduldig ertragen“ und „geduldig erhoffen“.

„„Ich ermutige euch, dass auch ihr inmitten eurer Familien und eurer Heimat ein Beispiel für diese beiden Haltungen seid: das Ertragen und das Hoffen, beides durchtränkt von Geduld“

„Ich ermutige euch, dass auch ihr inmitten eurer Familien und eurer Heimat ein Beispiel für diese beiden Haltungen seid: das Ertragen und das Hoffen, beides durchtränkt von Geduld. So könnt ihr weiterhin zum Aufbau eures Volkes beitragen. Ihr, die ihr schon viele Zeiten durchlaufen habt, seid ein lebendiges Zeugnis für Beständigkeit unter widrigen Umständen, aber auch für die Gabe der Prophetie, welche die jungen Generationen daran erinnert, dass die Fürsorge und der Schutz derer, die vor uns kamen, Gott wohlgefällig ist, und dass es zum Himmel schreit, wenn solches verwehrt wird.“

Sie dürften nicht vergessen, so der Papst abschließend an die älteren Menschen, dass sie die „Wurzeln eines Volkes“ seien, auf denen die jungen Generationen aufbauen könnten.
Im Anschluss an die Begegnung in der katholischen Kathedrale ging der Papst ins nahegelegene Haus der Erzdiözese, das ein Sozialzentrum beherbergt. Dort werden Familien auf ihrem Lebensweg spirituell und psychologisch begleitet, aber auch ältere und behinderte Menschen finden dort tagsüber Betreuung und Ansprache. Sie können in der Einrichtung Kontakte knüpfen und an verschiedenen individuellen oder in der Gruppe stattfindenden Initiativen teilnehmen. Dort nahm der Papst auch das Mittagessen mit den Bischöfen Lettlands ein.

(vatican news)

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Ein paar Eindrücke aus der Kathedrale in Riga
24. September 2018, 10:43