Papst Franziskus besucht das Frauengefängnis von Santiago Papst Franziskus besucht das Frauengefängnis von Santiago 

Besuch im Gefängnis: „Würde, die Würde hervorbringt“

Die Aufteilung der Wirklichkeit in Gut und Böse ist nicht der Blick Jesu, er schaut auf die Zerbrechlichkeit und die Grenzen einschließlich der Sünden: Papst Franziskus besuchte an diesem Dienstag ein Frauengefängnis in Chiles Hauptstadt und sprach zu den gefangenen Frauen, von denen einige mit ihren Kindern dort leben.

Bernd Hagenkord SJ - Vatikanstadt

„Der Freiheit beraubt zu sein, ist nicht gleichbedeutend mit dem Verlust von Träumen und Hoffnungen. Der Freiheit beraubt sein ist nicht das Gleiche wie der Würde beraubt zu sein“: aus den Worten des Papstes sprach Ermutigung an die Frauen, ihr Leben in die Hand zu nehmen, auch wenn es hinter Gittern gelebt werden muss.

 

Jede Mühe trägt Frucht

 

Es sei wichtig, „gegen jede Art von Korsett, von Etikette zu kämpfen, die sagt, dass man nichts ändern kann oder es sich nicht lohnt oder dass alles gleichgültig ist. Liebe Schwestern, nein!“ Jede Mühe um ein besseres Morgen werde Frucht tragen und belohnt, zeigte sich der Papst überzeugt.

Etwa 45 Prozenz aller in Chile im Gefängnis einsitzenden Frauen sind in dem Gefängnis untergebracht, das der Papst besuchte. Ursprünglich für 855 Insassen gebaut waren zwischenzeitlich über 1.400 Frauen dort, vor allem durch die Zunahme von Drogendelikten. „Leider wird in Chile die Armut eingesperrt“, harte Worte von Sr. Nelly León, die den Papst im Namen der pastoralen Mitarbeiter begrüßt hatte. Auch heute leiden die Frauen noch an der Überfüllung der Anstalt.

„Der Freiheit beraubt zu sein, ist nicht gleichbedeutend mit dem Verlust von Träumen und Hoffnungen. Der Freiheit beraubt sein ist nicht das Gleiche wie der Würde beraubt zu sein“

Eine Insassin hatte zur Begrüßung des Papstes von ihren Erfahrungen des Lebens im Gefängnis berichtet, sie lobte den Einsatz der pastoralen Mitarbeiter dort, durch die sie die Barmherzigkeit Gottes erfahren könnten.

Der Papst dankte für ihren Mut und die Vergebungsbitte an alle diejenigen, die sie durch die Straftaten geschädigt hätten. „Danke, dass du uns diese Haltung in Erinnerung rufst, ohne die wir entmenschlichen“, so der Papst.

 

Diese Situation ist nicht das Ende

 

„Heute seid ihr eurer Freiheit beraubt, aber dies bedeutet nicht, dass diese Situation das Ende ist. Keineswegs! Immer auf den Horizont blicken, vorwärts, der Wiedereingliederung in das gängige gesellschaftliche Leben entgegen.“ Im gleichen Atemzug kritisierte der Papst in seiner teilweise frei gehaltenen Ansprache den Mangel an Mitteln, um solche Prozesse in Gang zu setzen, Haft beschränke sich zu oft auf Bestrafung und beziehe diese Wiedereingliederung nicht ein. Programme zur Arbeitsbefähigung dagegen seien echte Zeichen der Hoffnung und der Zukunft. Die Gesellschaft habe die Pflicht, alle wieder in die Gesellschaft zu integrieren, sagte der Papst zum Applaus der in der Sporthalle des Gefängnisses versammelten Frauen.

„Immer auf den Horizont blicken, vorwärts, der Wiedereingliederung in das gängige gesellschaftliche Leben entgegen“

„Die öffentliche Sicherheit sollte nicht auf Maßnahmen größerer Kontrolle beschränkt werden, sondern sie sollte mit präventiven Vorkehrungen, mit Arbeit, Bildung und mehr Gemeinschaft gestärkt werden.“

 

Dank an pastorale Mitarbeiter

 

Der Papst dankte in seiner kurzen Ansprache auch allen pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wie auch den Polizeibeamten. „Ihr habt eine heikle und komplexe Aufgabe, und deshalb lade ich die Verantwortungsträger ein, die notwendigen Bedingungen zu schaffen, um eure Arbeit mit Würde verrichten zu können. Würde, die Würde hervorbringt“.

Zum Nachhören
Das Video - mit deutschem Kommentar

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

16. Januar 2018, 20:28