Jesus Christus Jesus Christus  (Amata J. Nowaszewska CSFN)

Unser Sonntag: Das göttliche Wundermittel

In dieser ersten Betrachtung von Monsignore Erwin Albrecht zeigt er auf, dass wir auf IHN, auf Gott ausgerichtet sein müssen. Das „Märchen vom Leben“ beschreibt, wie leben und lieben geht.

Monsignore Erwin Albrecht

Joh 15, 9-17 6. Sonntag der Osterzeit (B)

„Vorher!“ / „Nachher!“ – Kennen Sie diese Vorher-Nachher-Fotos in Broschüren oder Zeitschriften? Vorher: Nicht schön! – Nachher: Perfekt!
Vorher: dicker Bauch. – Nachher 2 Wochen später: ein muskulöser Oberkörper.
Links: Ein faltiges, unreines Gesicht mit Pickeln. - Rechts: Der gleiche Kopf, aber jetzt mit einer glatten, jungen, tadellosen Haut. Zum Verlieben!
Vorher: Glatze. Tabula rasa! - Nachher: Wallendes Haar und kein einziges graues!

Zum Nachhören


Meistens wird mit solchen gegensätzlichen Bildern irgendein Wundermittel beworben. Und offenbar scheint diese Methode ganz gut zu funktionieren. Denn wer will das schon nicht: ohne großen Aufwand gesund sein, schön aussehen, attraktiv daherkommen …?

Die Betrachtung zum Sonntagsevangelium im Video

Kein Lieferengpass!

Und es fast nicht zu glauben: Dieses Wundermittel ist so kostbar und trotzdem kostenlos; unendlich wertvoll, aber nicht für Geld zu haben. Ich kann es nicht um die Ecke im Supermarkt kaufen oder im Internet bestellen. Das brauche ich auch nicht. Es ist immer und überall in Hülle und Fülle vorhanden, wo ich nur hinschaue. Noch nie gab es einen Lieferengpass.
Für Jesus handelt sich um ‚das‘ Heilmittel überhaupt, weil es von Gott kommt: Es ist die Liebe! Wo sie angewendet wird, verändert sie alles! Daran zu erinnern, ist der Grund, warum der Gottessohn zur Welt gekommen ist. Sein Auftrag war es, uns Menschen daran zu erinnern, dass Gott selbst die Liebe ist. Und dass überall, wo Sie und ich dieser Liebe ein Gesicht geben, wir die Welt verändern werden.

„In solchen kostbaren Momenten werden alle Worte wie zu einem Testament.“

Im Johannesevangelium ist diese Bibelstelle platziert zwischen dem Geschehen beim Abendmahl und den letzten Stunden Jesu in Jerusalem, bevor er leiden und sterben muss, bevor seine Liebe den Gipfel auf Golgota erreicht. In solchen Abschiedsstunden, da redet man nicht irgendetwas, damit die Zeit vergeht. In solchen kostbaren Momenten werden alle Worte wie zu einem Testament. Und immer wieder legt Jesus seine zentrale Botschaft allen an und ins Herz: Liebt einander, wie ich euch geliebt habe!

Nicht mehr Knechte seid ihr...

Nicht mehr Knechte seid ihr, die nichts wissen vom Wesen ihres Herrn, … das wart ihr vielleicht ‚vorher‘ … nein, ab jetzt ist ‚nachher‘: Ihr seid meine Freunde, ihr gehört zu mir, die Liebe bindet uns zusammen, euch, mich, meinen Vater. Die Liebe lässt uns fruchtbar sein! Daran werden die Menschen erkennen, ob das, was ihr sagt und tut, Kraft hat, ob ihr im Namen Gottes unterwegs seid, ob die Liebe euch prägt und formt zu schönen Menschen.
Manchmal fällt es mir schwer, über die „Liebe“ zu predigen, diese „Bezeichnung für Gott“ einfach so in den Mund zu nehmen. Das hängt nicht nur damit zusammen, weil ich dieses kostbare Wort so oft inflationär verwendet, gebraucht und verbraucht empfinde. Sondern auch, weil es mir ähnlich, wie den gläubigen Juden geht, die Scheu haben, den Namen Gottes zu nennen und sich dem Kern seines Wesens zu stark zu nähern.

Es war einmal ein weiser Mann

Ich möchte heute deswegen mit dem Stilmittel eines Märchens versuchen, dem nachzuspüren, was Jesus seinen Freunden ‚nach‘ wie ‚vor‘ ans Herz legt, wenn er sagt: „Dies trage ich euch auf, dass ihr einander liebt!“
Es war einmal ein weiser Mann. Der holte eines Tages einen kleinen Jungen zu sich und wollte ihm ein Spiel beibringen - denn er liebte den Jungen. Er sammelte Kugeln aus herrlich buntem Glas.
Der Mann sagte zum Jungen: "Sieh her; ich werde dir jetzt eine Kugel nach der anderen zuwerfen. Jede hat eine andere Farbe und einen anderen Namen. Diese hier heißt 'Freude', die dort 'Arbeit' die da drüben 'Friede', diese 'Leid', diese hier 'Geduld' und diese hier 'Liebe'. Und du sollst mir jede sofort zurückwerfen! Das ist der Sinn des Spiels: Das Geben und Nehmen im Wechsel. Nur im Flug glänzen die Kugeln so hell, wie sie es sollen." -

„Und das Spiel begann. Zwischen Geben und Nehmen schimmerten die Farben der Kugeln.“

Aber dann wollte der Junge die schönste Kugel festhalten. Er drückte sie fest an sich - ... sie zerbrach. Vor Schreck vergaß er, die Nächste zu fangen. Und sie lag in tausend Scherben am Boden. Und je mehr er versuchte, die Kugeln zu halten, desto größer wurde der Haufen Scherben um ihn herum. Dabei zerschnitten sie ihn, und er blutete.Das tat dem Mann leid. Er beugte sich und trug die Scherben des Jungen weg.

Und siehe, das Spiel war sehr gut

Dabei fügte er sich viele Wunden zu. Aber jede dieser Wunden heilte eine Wunde des Jungen. Schließlich war der Mann so zerschnitten, dass sie scheinbar unmöglich weiterspielen konnten. -
Doch der Mann stand auf und spielte weiter. Diesmal hatte der Junge begriffen. Als die 'Freude' kam, als die 'Liebe' kam, als eine Kugel nach der anderen kam, warf er sie wieder dem Mann zu - und sie glitzerten herrlich im Flug. Jede Bewegung des Jungen war jetzt auf den Mann gerichtet. Und siehe, das Spiel war sehr gut. -

Fest-halten-wollen verletzt

Dieses “Märchen vom Leben” übersetzt das heutige Evangelium. Es beschreibt, wie 'leben' und ‚lieben‘ geht. Das Prinzip ist einfach: Leben hat zu tun mit 'empfangen' und 'zurückgeben'. Nur im Wechsel von Geben und Nehmen 'glitzert' das Leben. -Scherben gibt es immer dort, wo der Sinn des Spiels vergessen wird. Das "Fest-halten-wollen", das "nicht-verzichten-wollen" schlägt Wunden und tut weh. -

Auf IHN ausgerichtet

Für mich heißt das im übertragenen Sinn: Gott hat das 'Spiel des Lebens' eröffnet. Alle lädt er ein mitzuspielen. Die Regeln sind leicht. Ich muss nur wissen: Solange meine Bewegungen auf IHN hin ausgerichtet sind, wird sich mein Leben gut entwickeln. Es ist ein Empfangen und Geben im Wechsel. Und es geschieht im Vertrauen auf den, vom dem alles kommt, was das Leben ausmacht. Auch Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern kommen aus seiner Hand. Sie sind mir zugespielt. Aber sie gehören mir nicht. Dort, wo ich jemand festhalten will, wo ich ihn nicht loslassen kann, gibt es Scherben und Tränen.

Ich beobachte ganz konkret, dass es Scherben gibt, wenn in einer Partnerschaft der eine den anderen festhalten will und die Umarmung mehr und mehr zur Umklammerung wird, wenn Eltern ihre Kinder im Laufe der Jahre nicht freigeben können,
wenn jemand sich so stark an Besitz und Dinge bindet, dass er nicht mehr besitzt, sondern besessen ist.

Er ist die LIEBE


Wo jemand hingegen akzeptieren kann, dass sein Leben von Gott kommt, wird er es als Geschenk annehmen können. Es wird dort umso mehr gelingen, wo er lernt zu empfangen und zu geben, anzunehmen und zu verzichten. Gott sei Dank gibt mir Gott die Möglichkeit, das mehr und mehr zu lernen, weil er immer wieder meine Scherben beseitigt.
Warum? - "... weiß Gott" - vielleicht weil er mich kennt… Sicher aber, weil ER die LIEBE IST!

(radio vatikan - redaktion claudia kaminski)

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04. Mai 2024, 09:40