Bischof Franz-Josef Overbeck von Essen Bischof Franz-Josef Overbeck von Essen 

D: „Wir sind in den Abgrund geraten“

„Wir stehen mit der Katholischen Kirche nicht nur am Abgrund, sondern sind bereits weit in den Abgrund geraten.“ Das schreibt der Bischof von Essen, Franz-Josef Overbeck, in einem Beitrag für das Magazin „Bene“ seines Bistums.

Vor allem der Skandal des sexuellen Missbrauchs durch Kleriker habe „schreckliches Leid offenbart, das Kindern und Jugendlichen zugefügt wurde“, so Overbeck. „Unfassbar, wie viele Lebensgeschichten dadurch schwer beeinträchtigt oder sogar zerstört wurden.“

Zu lange habe sich bei den Verantwortlichen in der katholischen Kirche in Deutschland alles „um den Schutz der Kirche und ihrer übergriffigen Priester“ gedreht. „Ich habe mir bis 2010 nicht vorstellen können, was geschehen ist. Das beschämt mich. Ich frage mich, warum ich nicht früher wahrgenommen habe, was unter der Oberfläche des kirchlichen Lebens an Unheil geschah.“

„Massives moralisches Versagen“

Vor allem Begegnungen mit den Betroffenen sexueller Gewalt hätten ihm inzwischen die Augen geöffnet. „Die Verbrechen haben zu tun mit grundsätzlichen Missständen in der Katholischen Kirche. Es wundert mich deshalb nicht, dass Zorn und Wut bei vielen Menschen so groß sind“. Über Jahrzehnte hätten Vertreter der Kirche „hohe Ansprüche formuliert und den Zeigefinger über andere erhoben“. Jetzt werde „massives moralisches Versagen“ aufgedeckt.

Der Essener Bischof befürchtet, „dass die Zahl der Austritte ein Ausmaß annimmt, das unsere Kirche in ihrer Existenz gefährdet“. Dem lasse sich nur noch eine „radikale Erneuerung“ entgegensetzen. „Das Amt in der Katholischen Kirche braucht Demut, Menschlichkeit und auch Kontrolle in der Machtausübung. Die Kirche darf keine lebensferne Institution sein, die Menschen kleinmacht. So hat zum Beispiel die rigide Sexualmoral Verletzungen und Gewissensnöte ausgelöst – und Menschen ausgegrenzt.“

(bene-magazin – sk)
 

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18. März 2022, 12:54