Caritas Austria-Präsident Michael Landau Caritas Austria-Präsident Michael Landau 

Österreich/Afghanistan: Aufnahmeprogramme wieder aufnehmen

Caritas-Präsident Michael Landau hat am Mittwoch an die österreichische Bundesregierung appelliert, rasch ein humanitäres Aufnahmeprogramm für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aus Afghanistan zu starten.

Das sei im Prinzip nichts Neues. Landau erinnerte daran, dass sich solche Aufnahmeprogramme schon unter der früheren Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (VP) bewährt hätten und selbst im blau-türkisen Regierungsprogramm noch vorgesehen waren. Notwendig sei freilich auch die rasche Hilfe vor Ort, so Landau weiter. Er äußerte sich auf seinem Facebook-Account anlässlich des am Mittwochnachmittag online tagenden Sonderrats der EU-Innenminister zu Afghanistan.

Wörtlich hielt der Caritas-Präsident fest: „Beides ist nötig: Die rasche, wirksame Hilfe vor Ort, insbesondere in den Nachbarländern, die heute schon gefordert sind. Hier ist die Caritas auch engagiert. Aber ebenso die Aufnahme besonders verletzlicher und schutzbedürftiger Menschen in Österreich und in Europa, wie das auch in der Vergangenheit immer wieder der Fall war.“ Es wäre falsch, das eine gegen das andere auszuspielen, so Landau: „Österreich hat da in der Vergangenheit Beachtliches geleistet, das sollten wir uns von niemandem kleinreden lassen.“

Er teile die Einschätzung des Wiener geschäftsführenden Caritasdirektors Klaus Schwertner, wonach es um nichts weniger gehe „als um die Frage, auf welcher Seite der Geschichte Europa stehen möchte: An der Seite jener, die es kaltlässt, wenn Menschen verzweifelt versuchen, Flugzeuge zu besteigen und im letzten Moment vor dem Schreckensregime der Taliban zu flüchten. Oder auf der Seite all jener, die jetzt helfen. Mit rascher Hilfe vor Ort. Und mit einer Evakuierung all jener, die jetzt an Leib und Leben bedroht sind." Österreich und Europa würden hier besondere Verantwortung tragen, "besonders schutzbedürftige Menschen aufzunehmen und Schutz zu bieten. Mit legalen Wegen, mit Luftbrücken und mit humanitären Aufnahmeprogrammen.“

Aufnahme von 4.450 Personen

Auch die Initiative „Diskurs. Das Wissenschaftsnetzwerk“ rund um den Menschenrechtsexperten Manfred Nowak von der Universität Wien fordert von der Regierung angesichts der Lage in Afghanistan die Einrichtung eines Resettlements-Programms für Flüchtende. Österreich solle mindestens 4.450 Menschen aus Afghanistan rasch und unbürokratisch mittels sicherem Flugtransfer aufnehmen, so die Forderung, über die die APA am Mittwoch berichtete.

Regierung will weiter abschieben

Außenminister Alexander Schallenberg hält unterdessen grundsätzlich an den Abschiebungen fest. „Faktum ist, dass wir weiterhin Staatsbürger aus Afghanistan abschieben“, sagte er laut APA und verwies auf Rückführungen nach der Dublin-Verordnung in sichere Drittstaaten. Der Außenminister zeigte sich am Dienstag verwundert, dass „in einer außenpolitischen und sicherheitspolitischen Krise erster Güte“ in Österreich es nur ein Thema zu geben scheine. Man müsse in der Debatte differenzieren. Denn es werde ausgeblendet, dass viele afghanische Asylwerber gar nicht aus Afghanistan gekommen seien, sondern dazwischen vielleicht sogar Jahre in anderen Ländern gelebt hätten. Auf die Frage nach einer Aussetzung von Abschiebungen nach Afghanistan selber meinte Schallenberg: „Man möge bitte verstehen, dass wir nicht ganz grundsätzlich in Erwägung ziehen, für alle Fälle Abschiebungen auszuschließen“, sagte er. Denn wenn man erkläre, dass ein Staatsbürger aus einem bestimmten Land jedenfalls in einem Land bleiben könne, egal wie die Asylentscheidung ausfalle, „dann kann ich gleich die Genfer Flüchtlingskonvention de facto aushebeln“. Zugleich sprach sich Schallenberg dafür aus, Afghanen, die in den vergangenen Jahren eng mit europäischen Staaten zusammengearbeitet haben und nun gefährdet sind, zu helfen. „Wir werden diese Menschen nicht im Stich lassen, sie waren solidarisch mit uns die letzten Jahre und jetzt dürfen wir ihnen nicht einfach den Rücken zukehren“, sagte er. Jedoch sei eine Verbringung nach Europa nicht die einzige Lösung, so Schallenberg und nannte die Beschäftigung in EU-Delegationen in Nachbarstaaten von Afghanistan als Möglichkeit.

(kap – mg)

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18. August 2021, 12:24