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Europäisches Parlament stimmt einer Reform des EU-Asylsystems zu Europäisches Parlament stimmt einer Reform des EU-Asylsystems zu  (ANSA)

EU-Asylpakt: „Historischer Tag“ oder „Tiefpunkt“

Nach jahrelanger Diskussion hat das Europäische Parlament am Mittwoch einer weitreichenden Reform des Europäischen Asylsystems zugestimmt. Dies markiert einen historischen Moment, da zum ersten Mal einheitliche Asylverfahren an den Außengrenzen der EU eingeführt werden. Die Reaktionen aus Politik, Gesellschaft und Kirche gehen weit auseinander.

Das Europäische Parlament hat am Mittwoch über eine Reform des Asylsystems abgestimmt. Die zentrale Änderung der Reform besteht darin, dass Ankommende unter Bedingungen ähnlich der Haft in Lagern untergebracht und registriert werden sollen.

Personen aus Ländern mit einer Anerkennungsquote von weniger als 20 Prozent und die nicht minderjährig sind, sollen innerhalb von drei Monaten abgeschoben werden. Zudem wird es für einzelne Länder möglich sein, Geld zu bezahlen als Alternative zur Aufnahme von Flüchtlingen.

Die Bestätigung der ausgehandelten Kompromisstexte durch den Rat der 27 Mitgliedsstaaten steht noch aus. Bis die Reform in Kraft tritt, kann es bis zu zwei Jahren dauern.

Aus den ersten Reaktionen von Vertretungen der Politik, NGO’s und der Kirche lassen sich sehr unterschiedliche Sichtweisen erkennen.

Migrationspolitik auf „bessere Beine gestellt“

Auf der Plattform X haben sich viele Politiker und Politikerinnen zu Wort gemeldet.

„Die EU-Migrationspolitik wird auf neue und bessere Beine gestellt. Die EU ist handlungsfähig. Ein guter Tag für Europa,“ schreibt Manfred Weber (CSU), Vorsitzender der Europäischen Volkspartei.

EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola nennt die Beschlüsse einen „robusten Gesetzesrahmen für den Umgang mit Migration und Asyl in der EU“.

 „Ein historischer, unverzichtbarer Schritt,“ nennt sie Olaf Scholz.

Die deutsche Innenministerin, Nancy Faeser (SPD), sieht in der Einigung eine tiefe Spaltung Europas überwunden. „Wir schützen weiterhin die Menschen, die aus furchtbaren Kriegen, vor Terror, Folter und Mord zu uns fliehen. Aber diese Verantwortung für Geflüchtete wird künftig auf mehr Schultern verteilt sein.“

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock zeigt sich ebenfalls zufrieden mit dem Ergebnis der Abstimmung. Mit der Zustimmung zur Asylreform „beweist die EU in schwierigen Zeiten Handlungsfähigkeit“, schreibt die Grünen-Politikerin.

Pakt kann die unerträgliche Situation nicht lösen

Die Grünen zeigen verschiedene Meinungen zu diesem Thema. Terry Reintke, Ko-Vorsitzender der Grünen im Europaparlament, beklagt, dass der Asyl- und Migrationspakt „die unerträgliche Situation an den EU-Außengrenzen nicht lösen“, und kaum dazu beitragen, werde, Migration besser zu steuern, stattdessen aber mehr Bürokratie schaffen werde.

Tiefpunkt für Flüchtlingsschutz

Amnesty International bezeichnet die gebilligte Asylreform als „verpasste Chance“ und „beschämend“. Die Organisation Pro Asyl nennt das Paket einen „Tiefpunkt für den Flüchtlingsschutz in Europa“. „Ärzte ohne Grenzen“ warnt, dass das System bestehende Dynamiken verschärfen und Menschen dazu zwingen wird, noch gefährlichere Fluchtrouten zu wählen.

„Scheitern der europäischen Solidarität“

Europa vernachlässige die Dramen der Migranten auf der Flucht und ersetze Aufnahme durch Geldzahlungen, kommentiert die bischöfliche Stiftung Migrantes am Donnerstag. Der Pakt markiere das Scheitern der europäischen Solidarität. Auf Grenzländer wie Italien kämen nicht weniger, sondern mehr Herausforderungen zu, etwa schnellere Kontrollen. Die kommenden Europawahlen seien ein wichtiger Test, um Europa nicht Nationalismus und Populismus zu überlassen. Im laufenden Jahr sind laut italienischem Innenministerium mehr als 15.000 Menschen über die Mittelmeerroute nach Italien gekommen.

(süddeutsche zeitung / kna – fc)

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11. April 2024, 15:33