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In Stepanakert, am 21. September In Stepanakert, am 21. September  (AFP or licensors)

Armenien: Beten für Berg-Karabach

Die armenisch-apostolische Kirche hat beschlossen, die Feierlichkeiten der Myronweihe, die für den 1. Oktober geplant waren, angesichts der dramatischen Lage in Berg-Karabach zu verschieben.

Stattdessen wird am 1. Oktober ein Gebetstag für Berg-Karabach stattfinden, wie die Kirche mitteilt. Dieser Gebetstag findet in ganz Armenien, aber auch in allen anderen armenischen Kirchengemeinden weltweit statt.

Die Myronweihe findet nur alle sieben Jahre in Etschmiadzin, dem Sitz der armenischen Kirche bei Jerewan, statt. Das geweihte Öl - und nur dieses - wird dann an alle armenischen Kirchen weltweit verteilt und bei der Sakramentenspendung verwendet.

Angst vor ethnischen Säuberungen

Der armenische Premierminister Nikol Paschinian hat unterdessen am Montag erklärt, er rechne damit, dass alle 120.000 Bewohner von Berg-Karabach die Region verlassen würden. Die Gefahr ethnischer Säuberungen sei einfach zu groß. Bis Montagabend sind demnach schon fast 7.000 Flüchtlinge durch den nun wieder offenen Latschin-Korridor in Armenien angekommen.

Auf der Ausreise: Stepanakert am Montag
Auf der Ausreise: Stepanakert am Montag

Die Salzburger Armenien-Expertin Jasmin Dum-Tragut hält derzeit in der Stadt Goris, wo die Flüchtlinge aus Karabach ankommen, eine Lehrveranstaltung an der Universität ab. Sie beschrieb gegenüber der Nachrichtenagentur Kathpress ihre Eindrücke von der Ankunft der ersten Flüchtlinge: „Sie kommen, in kleinen Bussen, steigen ruhig und geordnet aus. Junge Frauen mit Kleinkindern, ganze Familien, alte Männer und Frauen, manche sehr gebrechlich und viele Kinder. Ein wenig Hab und Gut im Plastiksackerl. Sie sehen müde aus und sind ruhig.“

„Stummes Leid“

Es sei ein „stummes Leid“, das da spürbar werde, und zugleich ein Leid, das beschämend sei für Europa und die Welt, die den Menschen nicht geholfen hätten, so Dum-Tragut.

Die Behörden von Berg-Karabach hatten mitgeteilt, all jenen, die ausreisen wollten, Treibstoff zur Verfügung zu stellen. In deren Hauptstadt Stepanakert waren zahlreiche Menschen zu sehen, die ihre Habseligkeiten in Busse und auf Laster luden. Männer und Frauen standen Schlange, um in Busse nach Armenien zu steigen.

Explosion in Stepanakert

Am Montag ist es in einem Treibstoffdepot bei Stepanakert zu einer Explosionskatastrophe mit Hunderten Opfern gekommen. Das Büro des Menschenrechtsbeauftragten der international nicht anerkannten Republik Berg-Karabach sprach Montagabend von mindestens 200 Verletzten und einer unbekannten Zahl von Toten. Zum Zeitpunkt des Unglücks waren viele Menschen für Benzin angestanden, weil sie mit ihren Autos nach Armenien fliehen wollten. Unklar war zunächst, was die Katastrophe in der mehrheitlich von Armeniern bewohnten Region auslöste.

Das Menschenrechtsbüro der Region appellierte an die internationale Gemeinschaft: Es sei dringend notwendig, insbesondere schwer verletzte Menschen zur Behandlung auszufliegen. „Die medizinischen Kapazitäten Berg-Karabachs sind nicht ausreichend, um die Leben der Menschen zu retten“, hieß es in der Mitteilung auf Twitter (X).

(kap – sk)
 

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26. September 2023, 10:00