Suche

Unterstützer der Militär-Junta in Niger Unterstützer der Militär-Junta in Niger  (ANSA)

Niger: Der Putsch hat Tradition

Auch wenn eine detaillierte Analyse des Militärputsches in Niger noch nicht möglich ist, gibt es bereits erste Gedanken zu den Entwicklungen. So machte der Wissenschaftler Rahmane Idrissa von der Universität Leiden unter anderem darauf aufmerksam, dass die nigrische Armee eine lange Tradition von Militärputschen hat.

„Präsident Mohamed Bazoum selbst war nur einen Tag vor seinem Amtsantritt einem Putschversuch entgangen. Und erst kürzlich wurde Berichten zufolge ein weiterer Versuch vereitelt, während er sich in der Türkei aufhielt", so Idrissa laut Berichten des Pressedienstes Fides.

„strukturell eine Putscharmee“

„Bei einer solchen Häufigkeit und der offensichtlichen Überzeugung des Militärs, nicht nur ein Organ des Staates, sondern ein eigenständiger politischer Akteur zu sein, waren die Chancen oder Risiken eines erfolgreichen Putsches groß", betont er. „Niger hat also, gelinde gesagt, ein Problem mit seiner Armee. Sie ist strukturell eine Putscharmee", so der Forscher weiter. Er habe sich im vergangenen Februar mit einem hochrangigen Offizier der nigrischen Armee getroffen. Dabei habe sich herausgestellt, dass die Armee voller Leute war, die einen Staatsstreich planten. Ein Putsch war laut Idrissa also vorhersehbar.

Eine voreilige Drohung

Der Niger-Experte äußerte sich auch zu der eventuellen Militärintervention der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS). Er glaube nicht, dass es sich nur um einen Bluff handele. Allerdings sei eine solche Intervention keineswegs eine optimale Lösung. Der nigerianische Präsident Bola Tinubu, Befürworter eines Eingreifens in die Lage, habe seine Drohung voreilig ausgesprochen. Nun wisse auch Tinubu, dass das Eingreifen keine gute Idee ist, so Idrissa.

Denn „der Einfluss von Paris und Washington, die auf einer vollständigen Wiedereinsetzung von Bazoum bestehen, ist nachteilig. Eine Wiedereinsetzung ist politisch undenkbar, vor allem, wenn dadurch auch die Partei des Präsidenten, die Parti nigérien pour la démocratie et le socialisme (PNDS-Tarayya), wieder an Einfluss gewinnen würde. Die Realität hat sich in der Tat gewaltsam verändert, aber Gewalt kann sie nicht zurückbringen. Die ideale Lösung wäre die Rückkehr zu einer nigrischen Tradition: der Putsch als Teil der Neuerfindung und Erneuerung des politischen Prozesses, wie ein Computer, der neu gestartet wird.“

Der Putsch hat neue Möglichkeiten eröffnet

Für eine Analyse der Ursachen des Putsches sei es zwar zu früh, allerdings könne man feststellen, dass der Putsch für Möglichkeiten gesorgt habe, die zuvor nicht existierten.

Idrissa beschreibt den Umsturz als einen „opportunistischen Putsch“. Schließlich sei die PNDS-Tarayya „keine Kompromisspartei, sondern eine Partei der Vorherrschaft“. Sie habe ihre Interessen stark in die Zerschlagung anderer Parteien investiert.

„Die gefährliche Folge dieser Entwicklung ist, dass die Politik, wenn sie nicht auf ihrem eigenen Terrain, nämlich den Beziehungen zwischen den politischen Parteien und den Aktivitäten innerhalb der politischen Institutionen (Nationalversammlung, Regionalversammlungen und Gemeinden), stattfinden kann, dies dort tut, wo sie nicht stattfinden sollte: in der Verwaltung und in der Armee", erklärt Idrissa.

„Wir können also sagen, dass die PNDS für diesen Putsch mitverantwortlich ist“.

(fides – md)

 

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

07. August 2023, 11:43