Schwester Véronique Margron, Präsidentin von Corref Schwester Véronique Margron, Präsidentin von Corref 

Frankreich: Aufarbeitung des Missbrauchs in der Kirche geht voran

Die Konferenz der Ordensleute Frankreichs hat sich auf ihrer letzten Generalversammlung eine Reihe von Maßnahmen gegeben, um Missbrauch zu verhindern: Es handelt sich um Verhaltensregeln und Empfehlungen, die ihre Präsidentin, Schwester Véronique Margron, in einem Interview mit Radio Vatikan näher erläutert.

Mario Galgano und Jean-Charles Putzolu - Vatikanstadt

Im vergangenen Monat wurden von der Konferenz der französischen Ordensleute (Corref) Verhaltensregeln und Empfehlungen zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs verabschiedet. Diese Regeln enthalten Elemente, die insbesondere Fragen der Ausbildung der Verantwortlichen der Gemeinschaften, der Behandlung von Beschwerden und der Berufungen betreffen.

Sie sollen zusätzliche Garantien im Vergleich zu den Empfehlungen des Heiligen Stuhls oder zu den in den Diözesen angewandten Verfahren bieten. Sie zielen auch darauf ab, im Laufe der Zeit das Vertrauen all derer wiederherzustellen, die direkt oder indirekt von diesem Missbrauch betroffen sind.

In einem Interview mit Radio Vatikan spricht die Präsidentin der Corref, Schwester Véronique Margron, über die Verhaltensregeln und Empfehlungen, die von der Generalversammlung der Corref angenommen wurden, und über die Arbeit, die notwendig ist, um das Vertrauen in der jungen Generation wieder herzustellen:

„Bei der Vorbereitung dieser Generalversammlung, der fünf spezifische Gruppen vorausgegangen waren, wurde an Fragen der Amtsführung, der Ausbildung, der Nachverfolgung von Tätern sexueller Gewalt und auch an biblischen Fragen gearbeitet, d.h. an der Bibelauslegung, die letztlich sehr oft den Tätern diente. Das haben wir einem konkreten Fall gesehen, aber auch in vielen anderen Fällen sehr gut festgestellt. Wir haben auch die Schwächen der großen Traditionen untersucht, die den Missbrauch ermöglichten, sowie eine Systematik in Kongregationen mit großer Tradition. All diese Arbeiten gingen der Generalversammlung voraus und wurden anschließend vom Verwaltungsrat geprüft, der daraufhin der gesamten Versammlung eine Reihe von Empfehlungen und Regeln für bewährte Praktiken vorschlug, die von dieser weitgehend gebilligt wurden.“

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Impuls von einer unabhängigen Kommission

Die Idee sei es gewesen, die Vorschläge eines Berichts der unabhängigen Kommission unter dem Vorsitz von Jean-Marc Sauvé ernst zu nehmen, d. h. den systemischen Charakter von Missbrauch und von Aggressionen zu beachten, so Schwester Margron. Daher sollten sich Ordensgemeinschaften um Prävention und Ausbildung bemühen, wobei sich jeder bewusst sein sollte, dass dies nicht ausreiche, fügt sie an:

„Es gibt Herausforderungen in Bezug auf die Amtsführung und die Spiritualität, die berücksichtigt werden müssen, wenn wir versuchen wollen, wirksam gegen alle Formen des Missbrauchs spiritueller Macht und sexueller Übergriffe vorzugehen. Unser Ansatz bestand darin, eine viel breitere Sicht zu haben, die das gesamte Ordensleben umfasst, um die Schwachstellen zu identifizieren. Zum Beispiel bei der Leitung, der Einsamkeit der Oberen, der Tatsache, dass die Räte nicht immer ihre Rolle spielen, der Tatsache, dass man oft zu sehr unter sich ist - was dazu führt, dass man nicht mehr unterscheidet, was falsch läuft, weil man sich daran gewöhnt hat. Wir haben uns mit all diesen Realitäten auseinandergesetzt, die oftmals unsere gewöhnlichen Realitäten sind und die das System des Missbrauchs ermöglicht haben. Das heißt, dass Missbrauch über einen langen Zeitraum hinweg von ein und demselben Täter fortgesetzt wird. Wir sehen Täter, die 40 Jahre lang aktiv waren, die also Hunderte von Opfern gefordert haben. Wir wissen genau, dass dies auf Basis eines Systems geschehen ist, sonst wäre es nicht möglich gewesen.“

Unterschiede

Die in Frankreich jetzt eingeführten Regeln unterscheiden sich in einigen Punkten von jenen, die vom Heiligen Stuhl herausgegeben wurden, so Schwester Margron:

„Das macht unsere jetzigen Beschlüsse zweifellos besonders. Sie gehen mehr ins Detail und sind näher am Thema. Es scheint mir sehr kohärent mit den Regeln des Heiligen Stuhls zu sein, mit allen Regeln, die vom Dikasterium für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens herausgegeben werden. Aber es ermöglicht es, mehr ins Detail zu gehen, insbesondere in Bezug auf die Leitung, die Traditionen, das spezifische französische Umfeld, die Kirche in Frankreich und das Ordensleben in Frankreich.“

Die Unterschiede zu den vatikanischen Vorgaben seien vor allem im Bereich der formellen Abwicklungen und die Aufstellung von Kontrollgremien. Ansonsten gehe es sowohl bei den französischen als auch bei den vatikanischen Vorgaben um die Verfolgung und Aufarbeitung der Fälle, damit Gerechtigkeit geschaffen und Schutzmaßnamen garantiert würden.

(vatican news)

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05. Mai 2023, 13:04