Pandemie in Peru: „Viele Tote, weil es keinen Sauerstoff gibt“
Die hohe Zahl an Neuinfektionen in der derzeitigen zweiten Erkrankungswelle lässt in Peru den Sauerstoff knapp werden, wobei die Regierung schätzt, dass 20 Prozent - umgerechnet 100 Tonnen - der täglich benötigten Menge fehlt. „Folgen sind eine verzweifelte Suche von Angehörigen nach Sauerstoff, mitunter tagelanges Anstehen für die lebensrettende Tanknachfüllung und viele vermeidbare Todesfälle“, schilderte der vor Ort tätige Ordenspriester Juan Goicochea Calderón am Dienstag im Interview der Nachrichtenagentur Kathpress die Lage.
Es fehlen 20 Prozent des benöigten Sauerstoffs
Der Pater hat in seiner Pfarre in Limas Vorstadt Chorillos ein Corona-Hilfswerk aufgebaut, unterstützt unter anderem von seinem Orden der Comboni-Missionare und der Waldviertler Initiative „Wir wollen helfen Zwettl“. Schon zu Beginn der Pandemie kaufte er Sauerstofftanks an und verleiht diese seither an Familien. Sein Telefon läuft heiß, berichtete er. „Ich hatte noch nie so viele Anrufe, oft bis Mitternacht. Die Leute kommen von weither aus anderen Landesteilen in unsere Pfarre und bitten verzweifelt um Hilfe für ihre Kranken.“ Zwei Flaschen benötigt die Versorgung eines Patienten: Eine reicht für 48 Stunden, mit der anderen versucht man inzwischen eine Nachfüllung aufzutreiben. Derzeit dauere dies oft länger als zwei Tage.
Profit aus der Not anderer
Viele würden aus der Notlage Profit schlagen, kritisierte der Priester. „Für eine Tankfüllung Sauerstoff bezahlt man auf dem Schwarzmarkt umgerechnet 600 Euro, mehr als das Doppelte eines üblichen Monatsgehalts, doch wer hat das noch in diesen Zeiten? Ruft man die Rettung, bezahlt man für den Transport ins Spital 500 Euro - und weiß noch gar nicht, ob man dort aufgenommen wird.“ Eine Vorbedingung dafür sei nämlich das Mitbringen von zwei vollen Sauerstofftanks. Goicochea: „Die Folge ist, dass viele beim Warten vor den Krankenhäusern sterben und die Armen gar nicht mehr versuchen, dorthin zu kommen.“ Die Häuser von Erkrankten, die der Comboni-Missionar tagtäglich zur Installation der Sauerstofftanks mit Maske aufsucht, sähen meist „wie Spitalszimmer“ aus, berichtete er.
Dringend Unterstützung aus dem Ausland gesucht
Das Nadelöhr der Covid-Versorgung in Peru sind damit die Sauerstoff-Produktionsanlagen, von denen es laut dem Ordensmann landesweit 132 gibt; jede zweite Anlage wird von der Kirche oder anderen Privaten betrieben. Goicochea will angesichts der großen Not eine eigene Anlage mittlerer Größe errichten, um Sauerstoff für 35 Tanks pro Tag zu erzeugen. Für die Kosten von umgerechnet 160.000 Euro sucht er dringend nach Unterstützern aus dem Ausland, darunter auch in Deutschland und Österreich, wo er seit Studium und früheren Seelsorgetätigkeiten Kontakte pflegt. „Wenn wir Sauerstoff haben, können wir nicht nur Menschenleben retten, sondern auch die Verarmung aufhalten. Denn die Familien geben für Sauerstoff alles, was sie haben - Auto, Fernseher, Grundstücke und alle Ersparnisse. Zugang zu Bankkrediten haben die Menschen nicht“, so der Priester.
(kap – pr)
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