USA: Trump knickt ein - und sorgt für neue Probleme
„Es geht darum, Familien zusammenzuhalten“, sagte Donald Trump noch am Mittwoch Ortszeit im Oval Office, während er das entsprechende Dekret unterzeichnete, das die umstrittene Praxis modifizierte. Mit dabei war Heimatschutz-Ministerin Kirstjen Nielsen, in deren Zuständigkeit es lag, die von Justizminister Jeff Sessions am 7. Mai verkündete „Null-Toleranz"-Politik umzusetzen.
2.300 Kinder von ihren Eltern getrennt
Zuvor hatten sich an der Südgrenze der USA menschliche Dramen abgespielt. Mindestens 2.300 Kinder waren von ihren Eltern getrennt worden, die zuvor versuchten, aus Zentralamerika kommend mit ihrem Nachwuchs illegal die Südgrenze der USA zu überqueren. In Filmaufnahmen war zu sehen, wie Kleinkinder aus Käfigen nach „Mama" und „Papa" schrien, von denen sie durch Grenzer „im Namen von Recht und Ordnung“ getrennt worden waren.
Am Dienstag noch hatte Ministerin Kirstjen Nielsen behauptet, der Regierung bleibe nichts anderes übrig, als Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Dabei gibt es kein Gesetz, das vorschreibt, bei einem illegalen Grenzübertritt Familien auseinanderzureißen. Beobachter werfen Trump, Nielsen und Sessions deswegen vor, ein absurdes Polit-Theater aufgeführt zu haben. „Er hätte gar nichts unterschreiben müssen", erklärt ein Kommentator des Fernsehsenders CNN. „Mit einem Telefonat wäre das erledigt gewesen."
Druck auf Trump wurde größer
In den Tagen zuvor war der Druck auf den Präsidenten und sein Kabinett immer größer geworden. Selbst sonst verlässliche Unterstützer wie Senator Ted Cruz, der Kommentator Bill O'Reilly und der einflussreiche evangelikale Prediger Franklin Graham drängten Trump zum Einlenken. Demonstranten ekelten Heimatschutz-Ministerin Nielsen aus einem mexikanischen Restaurant, während Gäste des Trump-Hotels über Lautsprecher die herzzerreißenden Schreie getrennter Kleinkinder hörten. Von Bürger- und Menschenrechtsgruppen über die katholischen Bischöfe bis hin zu einer geeinten Opposition im Kongress stieß die Politik an der Grenze auf eine Mauer der Ablehnung. Bei einem Treffen mit Republikanern im Kongress streute der Präsident die Geschichte, auch First Lady Melania und Tochter Ivanka hätten ihn zu einem Kurswechsel gedrängt.
Sogar Papst Franziskus hielt es für geboten, sich zu Trumps Vorgehen zu äußern. In einem Exklusiv-Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters unterstützte er die Haltung der US-Bischöfe, die die Familientrennungen als „unmoralisch" und als unvereinbar mit christlichen Werten bezeichnet hatten. „Ich stehe auf der Seite der Bischofskonferenz", sagte Franziskus. „Populismus ist keine Lösung." Das dämmerte am Mittwoch offenbar auch dem Präsidenten. Wohl nicht aus Überzeugung, sondern eher aus der Erkenntnis heraus, bei den Zwischenwahlen im Herbst die Mehrheit der Republikaner im Kongress aufs Spiel zu setzen.
Familien fortan ungetrennt, aber hinter Gittern?
Zweidrittel der Amerikaner lehnen die Auswüchse der „Null-Toleranz"-Politik an der Grenze ab. Die demokratische Senatorin Kamala Harris wies wie viele andere Kritiker allerdings darauf hin, dass Trumps Dekret die Krise nicht beenden werde. „Es bringt keine Lösung für tausende von Kindern, die ihren Eltern entrissen wurden, und weiter getrennt bleiben." Bisher gibt es nämlich keine Pläne, die bereits auseinandergerissen Familien wieder zu vereinen. Tatsächlich schafft das Dekret ein neues Problem. Er sieht vor, Familien, die ohne Papiere über die Grenze kommen, künftig nicht mehr zu trennen, sondern gemeinsam einzusperren. Das ist nach einem vor Jahren erzielten Rechtsvergleich nicht länger als 20 Tage erlaubt. Spätestens dann müssen die Kinder freigelassen werden. Das Kernproblem bleibt nach Auskunft von Experten solange bestehen, wie Trump den illegalen Grenzübertritt von Flüchtlingen und Einwanderern als Verbrechen statt wie bisher als Ordnungswidrigkeit behandeln will. Im Oval Office bekräftigte der Präsident, es bleibe bei der strafrechtlichen Verfolgung. „Wir werden eine sehr starke Grenze haben."
(kna – pr)
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