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Der Papst und "seine" Historiker bei der Audienz im Vatikan Der Papst und "seine" Historiker bei der Audienz im Vatikan  (Vatican Media)

Papst: Diplomatie der Kultur in der aktuellen Kriegszeit nötig

Franziskus hat an diesem Samstagvormittag die Mitglieder des Päpstlichen Komitees für Historische Wissenschaften in Audienz empfangen. 70 Jahre nach dessen Gründung durch Pius XII. im Jahr 1954 ging Franziskus in seiner Ansprache auf seinen aktuellen Auftrag ein, „die wissenschaftlichen und menschlichen Beziehungen zu erweitern“.

Salvatore Cernuzio und Mario Galgano - Vatikanstadt

Inmitten eines „gefährlichen globalen Konflikts, dem wir nicht tatenlos zusehen können“, sei eine „Diplomatie der Kultur“ dringend erforderlich, so der Papst an seine Gäste gewandt. Eine solche „Diplomatie der Kultur“ speise sich aus der Begegnung und der Zusammenarbeit zwischen Forschern aller Kulturen und Religionen sowie aus dem Dialog zwischen der Kirche und der Welt, fügte Franziskus an. Es gehe darum, stets die Wahrheit zu achten und frei von Ideologien zu wirken. Das katholische Kirchenoberhaupt teilte mit den Mitgliedern des Päpstlichen Komitees für Geschichtswissenschaften, das an diesem Samstag, siebzig Jahre nach seiner Gründung, im Vatikan empfangen wurde, den möglichen Weg zu Lichtblicken in diesem dunklen Zeitalter der Geschichte:

„Ich lade Sie ein, die Arbeit der historischen Forschung fortzusetzen, indem Sie Horizonte des Dialogs eröffnen, in die Sie das Licht der Hoffnung des Evangeliums bringen können, jener Hoffnung, die nicht enttäuscht.“

Zum Nachhören - was der Papst bei der Audienz sagte

Verschiedene historiographische Sensibilitäten und Studientraditionen

Der Papst dankte den Mitgliedern des Gremiums, das 1954 von Pius XII. zur Entwicklung und korrekten Anwendung der Geschichtswissenschaften und zur stärkeren Beachtung des kirchlichen Archivguts gegründet wurde. Sie kämen aus verschiedenen Ländern und drei Kontinenten und hätten jeweils ihre eigene „geschätzte“ Fachkompetenz. Nach den Worten von Papst Franziskus sei die Konferenz und die redaktionelle Arbeit des Päpstlichen Komitees von einer „fruchtbaren und vorschlagenden multikulturellen Dynamik“ geprägt, die sich durch „ein Engagement für die Suche nach historischer Wahrheit auf globaler Ebene im Geiste des Dialogs mit verschiedenen historiographischen Sensibilitäten und vielfältigen Studientraditionen“ auszeichne. Anschließend betonte er:

„Es ist gut, dass Sie mit anderen zusammenarbeiten, Ihre wissenschaftlichen und menschlichen Beziehungen ausbauen und Formen der geistigen und institutionellen Abschottung vermeiden.“

Die Audienz im Vatikan
Die Audienz im Vatikan

Wahrheit und nicht Ideologien

Diese bereichernde Herangehensweise, „die aus ständigem und aufmerksamen Zuhören besteht, frei von allen Ideologien – denn Ideologien töten – aber immer im Respekt vor der Wahrheit“, ermutige uns, sie stets beizubehalten. „In der Begegnung und Zusammenarbeit mit Forschern aller Kulturen und Religionen könnt ihr einen spezifischen Beitrag zum Dialog zwischen der Kirche und der heutigen Welt leisten“, so der Appell des Papstes an „seine“ Historiker.

Die Worte Pauls VI. an die Historiker

Zwischen der Kirche und der Geschichte bestehe in der Tat „eine lebendige Beziehung“, fügte der Papst hinzu, die durch die „gemeinsame Suche nach der Wahrheit“ und den „gemeinsamen Dienst an der Wahrheit“ gekennzeichnet sei. „Suche und Dienen“, habe Paul VI. bereits 1967 bekräftigt, erinnerte sein Nachfolger Franziskus. Dies habe sein Vorgänger getan, als er in einer Ansprache an die Historiker auf einen Treffpunkt „zwischen der religiösen Wahrheit, deren Hüterin die Kirche ist“ und „der historischen Wahrheit, deren gute und hingebungsvolle Diener ihr seid“ hingewiesen habe. „Die Kirche geht in der Geschichte, an der Seite der Frauen und Männer aller Zeiten“, erläuterte der Papst.

Die Audienz im Vatikan
Die Audienz im Vatikan

Die Höflichkeit der Begegnung und die Unhöflichkeit der Konfrontation

Die Kirche, sagte Papst Franziskus, „gehört keiner bestimmten Kultur an, sondern möchte mit dem sanften und mutigen Zeugnis des Evangeliums das Herz jeder Kultur beleben, um gemeinsam die Zivilisation der Begegnung aufzubauen“. Letztere stehe im Gegensatz zur „Unhöflichkeit der Konfrontation“, die von den „Versuchungen der individualistischen Selbstreferenzialität“ und der „ideologischen Bestätigung des eigenen Standpunkts“ genährt werde. Es sei notwendig, solchen Versuchungen zu widerstehen, empfahl der Papst, und es sei „schön“, dass das Päpstliche Komitee für Geschichtswissenschaften dies siebzig Jahre nach seiner Gründung tue, „indem es mit Leidenschaft durch Studien die regenerierende Erfahrung des Dienstes an der Einheit lebt“.

Nein zur kirchlichen Selbstreferenzialität

Franziskus bezog sich erneut auf die Worte des heiligen Paul VI., die dieser „bei jenem gesegneten Ereignis“, dem Zweiten Vatikanischen Konzil, ausgesprochen hatte, nämlich die Warnung vor „jeder Schmeichelei einer selbstgefälligen kirchlichen Selbstreferenzialität“.  „Euer Dienst muss geschützt werden“, fügte Franziskus an:

„Die Kirche steht in der Mitte zwischen Christus und der menschlichen Gemeinschaft, nicht in sich selbst gefaltet, nicht wie ein undurchsichtiger Schleier, der die Sicht verhindert, nicht Selbstzweck, sondern im Gegenteil ständig bestrebt, ganz Christus zu sein, in Christus, für Christus, ganz Mensch zu sein, unter den Menschen, für die Menschen, eine wahrhaft demütige und ausgezeichnete Vermittlerin zwischen dem göttlichen Erlöser und der Menschheit.“

Diener der Menschheit

Der Wunsch des Pontifex für das 70-jährige Bestehen des Komitees sei es daher, die Arbeit des Komitees an diesen Worten auszurichten: „Mögen eure historischen Studien euch zu Meistern in Menschlichkeit und zu Dienern der Menschheit machen.“

(vatican news)

Die Audienz im Vatikan
Die Audienz im Vatikan

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20. April 2024, 10:48