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Papst Franziskus beim Angelus Papst Franziskus beim Angelus  (Vatican Media)

Angelus: Göttliches Gesetz buchstabengetreu befolgen reicht nicht aus

Die äußere, rein rituelle Einhaltung göttlicher Regeln ist nutzlos, wenn man sie nicht aus eigenem Antrieb mit Leben füllt und in den Beziehungen zu seinem Nächsten darüber hinaus geht. Das betonte Papst Franziskus an diesem Sonntag bei seinem Mittagsgebet auf dem Petersplatz.

Christine Seuss - Vatikanstadt 

Bei sonnigem, aber kaltem Wetter hatten sich auf dem Petersplatz zahlreiche Pilger für den Angelus eingefunden, darunter auch die jungen Leute aus vielen Teilen der Welt, die sich im Rahmen der aktuellen Gebets- und Aktionswoche gegen Menschenhandel in Rom aufhalten. Bei seiner Katechese ging Papst Franziskus vom Tagesevangelium aus, in dem Jesus mitteilt, dass er nicht gekommen sei, um „das Gesetz oder die Propheten aufzulösen“, sondern vielmehr, um „zu erfüllen“: dies bedeute, dass die durch Gott versprochene Erfüllung nicht durch das penible Einhalten von Regeln erfolge, führte Franziskus einen immer wieder geäußerten Gedanken aus.

Über das geschriebene Gesetz hinausgehen

Denn wenn in der Schrift stehe, dass man „nicht töten“ soll, so reiche das für Jesus nicht aus: er erläutert im Matthäusevangelium (Mt 5, 17–37), dass man ebenso wenig seine Brüder und Schwestern mit Worten verletzen dürfe. Jesus bringt weitere Beispiele dafür, wie das von ihm geforderte Verhalten über die reine Befolgung von in der Schrift festgehaltenen Regeln hinausgeht, um letztlich zur „Erfüllung“, dem „Schlüsselwort“ der heutigen Katechese, zu gelangen. Konkret erläutere Jesus dies am Opferritus, erinnerte Papst Franziskus. Denn es war verboten, diesen zu unterbrechen, außer es lagen schwerwiegende Gründe vor. Jesus jedoch sagt, dass er zu unterbrechen sei, wenn man mit jemandem im Streit liege, um sich zuerst mit diesem zu versöhnen, andernfalls sei die Erfüllung nicht möglich:

„Jesus gibt uns zu verstehen, dass religiöse Regeln nützlich und gut sind, aber sie sind nur der Anfang: Um sie zu verwirklichen, muss man über den Buchstaben hinausgehen und ihnen Sinn geben. Die Gebote, die Gott uns gegeben hat, dürfen nicht in den erstickten Gewölben der formalen Befolgung eingeschlossen werden, sonst bleiben wir in einer äußeren und losgelösten Religiosität, Diener eines ,Meistergottes‘ und nicht Kinder Gottes des Vaters.“

„Er liebt uns wie ein Liebender: nicht bis zum Minimum, sondern bis zum Maximum!“

Dieses Problem bestehe auch heute, wenn Menschen meinten, es reiche aus, nicht eklatant gegen Gottes Gesetze verstoßen zu haben. Doch dies sei nur die „formale Einhaltung“, während Jesus uns „zum Maximum“ einlade: „Erinnern wir uns: Gott denkt nicht mit Berechnungen und Tabellen; er liebt uns wie ein Liebender: nicht bis zum Minimum, sondern bis zum Maximum!“

Die „wahre Liebe“ beschränke sich nicht auf das Erreichen eines bestimmten Punktes, gehe immer darüber hinaus, unterstrich Franziskus weiter.

„Der Herr hat uns dies gezeigt, indem er sein Leben am Kreuz hingab und seinen Mördern vergab (vgl. Lk 23,34). Und er hat uns das Gebot anvertraut, das ihm am wichtigsten ist: dass wir einander lieben, wie er uns geliebt hat (vgl. Joh 15,12). Das ist die Liebe, die dem Gesetz, dem Glauben und dem Leben Erfüllung gibt!“

„Begnüge ich mich damit, keinen Schaden anzurichten?“

Es gelte also, sich selbst darüber zu befragen, wie man den Glauben lebe, berechnend und Formalismen folgend, oder als „Liebesbeziehung zu Gott“, gab der Papst zu bedenken: „Begnüge ich mich damit, keinen Schaden anzurichten, die ,Fassade‘ aufrechtzuerhalten, oder versuche ich, in der Liebe zu Gott und zum anderen zu wachsen? Und hin und wieder überprüfe ich mich selbst auf das große Gebot Jesu und frage mich, ob ich meinen Nächsten liebe, wie er mich liebt?“

Denn vielleicht, so die abschließende Überlegung Franziskus‘, seien wir selbst „unflexibel“ in der Beurteilung anderer und vergäßen dabei, „barmherzig zu sein“, wie Gott es auch mit uns sei.

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12. Februar 2023, 08:28