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Die Deutschen Bischöfe bei dem Gespräch mit Medienschaffenden nach der Synode (c) Ingo Brüggenjürgen/Domradio Die Deutschen Bischöfe bei dem Gespräch mit Medienschaffenden nach der Synode (c) Ingo Brüggenjürgen/Domradio 

Deutsche Bischöfe: Synode hat verändert

Eine Synode, die durch ihre Ehrlichkeit und Offenheit aufgefallen ist und auch Veränderungen angestoßen hat, haben die Deutschen Bischöfe im Anschluss an die Synodenarbeiten gewürdigt. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz standen sie am Sonntagmorgen, noch vor der großen Synoden-Abschlussmesse mit Papst Franziskus, den Journalisten Rede und Antwort.

Christine Seuss - Vatikanstadt

Bei den Synodenarbeiten sei „ein großer Schritt vorwärts“ getan worden, so Bischof Bätzing mit Blick darauf, dass auch kontrovers diskutierte Punkte wie der Umgang mit der Sexualmoral der Kirche und die Rolle der Frauen offen angesprochen und im Abschlussdokument mit einer Formulierung aufgelistet wurden, die eine deutliche Mehrheit der Stimmberechtigten mittragen konnte. Auf Wunsch des Papstes war nicht nur das Synthese-Dokument der Synode veröffentlicht worden, sondern auch die Abstimmungsergebnisse der einzelnen Paragraphen, die auf der Internetseite des Vatikans einzusehen sind.

Geduld in Sachen Sexualmoral

Bei der Frage der Sexualmoral in der katholischen Kirche wird in dem Text darum gebeten, das Thema mit Geduld weiter zu studieren (Abs. 15g) und dabei die nötigen und „bestmöglichen Energien“ einzusetzen. Hier gebe es eine Spannung, die auch als solche bestehen bleibe, räumte Bischof Bätzing mit Blick auch auf die öffentliche Diskussion in Deutschland zu dem Thema ein: „Ich würde aber einmal sagen, die Formulierung, dass wir mit Geduld diese Fragen bearbeiten, wo wir spüren, dass vielleicht bisherige Formulierungen der Anthropologie nicht ausreichen in der Kirche und wissenschaftliche Unterstützung und weitere Bewegungen brauchen: Ich finde, das ist ein enormer Schritt nach vorne“, so Bischof Bätzing, der im Einklang mit Bischof Oster von Passau betonte, dass eine „überwältigende Mehrheit einer Weltkirche diese Formulierung für sich gewählt und sich zu eigen gemacht hat. Das ist ein großer Schritt für die Weltkirche“. 

Große Mehrheiten stehen hinter den Formulierungen

Insbesondere das Kapitel, in dem die Rolle der Frauen in der Kirche behandelt wurde, stach im Vergleich mit den anderen Kapiteln mit relativ vielen Gegenstimmen hervor. Zwar sei das Thema der Rolle von Frauen in der Kirche „überall relevant“, der Themenkomplex „Priestertum der Frauen“ sei allerdings in den Beratungen kaum aufgekommen, wo es vor allem um das Thema des Diakonats gegangen sei, präzisierte Bischof Oster, der auch während des Synodalen Weges in Deutschland mit kritischen Wortmeldungen aufgefallen war.

Er zeigte sich jedoch überzeugt, dass die Synodenarbeiten auch die Teilnehmer verändert hätten, ein Wunsch, den Berichterstatter Kardinal Hollerich auch bei der Vorstellung des Synthese-Berichtes an diesem Samstagabend nochmals bekräftigt hatte: „Der Blick über den eigenen Tellerrand hinaus, die Situation der Weltkirche unterschiedlich wahrzunehmen. Natürlich macht das was mit einem und verändert einen - überhaupt keine Frage“, so Bischof Oster. Dabei denke er vor allem daran, wie man miteinander und mit den Menschen, die sich „von der Kirche ausgegrenzt oder verletzt fühlen“ umgehe: „Wenn man wirklich ins geistliche Gespräch kommt, ins wirkliche Zuhören, verändert einen (das) immer mehr“.

Ehrlichkeit und Mut

Der Heilige Geist befördere insbesondere zwei Bewegungen, betonte Bischof Bätzing in seinem Statement im Rückblick auf die Arbeiten: „Das eine ist Ehrlichkeit, und das andere ist Mut.“ Auf ehrliche Weise habe die Synode die Fragen des Volkes Gottes, die auch in der deutschen Kirche gestellt würden, „auf den Tisch gelegt“, so der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz: „Die Frage der Partizipation von Menschen an Entscheidungen in der Kirche, die Frage der Frauen und ihrer echten Beteiligung in der Kirche, die Frage von geschlechtlicher Identität und Orientierung und den Fragen, die sich daran stellen."

Besonders hob er in diesem Zusammenhang hervor, dass es gelungen sei zu formulieren,  „dass der Missbrauch in der katholischen Kirche strukturelle Ursachen hat":  „Das sind alles Dinge, die wichtig und für uns nicht neu sind. Aber jetzt hat eine Bischofssynode, verstärkt durch 70 Laien, diese Fragen aufgegriffen.“

Ehrlich sei die Synode auch gewesen, weil in diesen Fragen nicht durchgehend Einigkeit herrsche: „Vielmehr haben wir sehr gut formuliert, wo wir miteinander unterwegs sind, wo es Gemeinsamkeiten gibt, wo es Unterschiede gibt, wo es weitere Fragen und Klärungsaufträge gibt.“ Dies alles sei im Synodendokument festgehalten, zeigte sich der Bischof von Limburg zufrieden.

Papst und Synodenverantwortliche haben Mut bewiesen

Mut hätten wiederum Papst Franziskus und die Synodenverantwortlichen bewiesen, ein derartiges Szenario auszurichten, das durch runde Tische und die stimmberechtigte Teilnahme von Laien – darunter mehr als 50 Frauen – gekennzeichnet war. Mehr Mut hätte er sich hingegen gewünscht, wo es um Veränderungen in der Kirche gehe, „die Angst zu überwinden, die auch immer wieder zu spüren war“: „Ich wünsche mir für die kommende Phase bis zum Herbst des nächsten Jahres und dann im Herbst des nächsten Jahres auch den Mut, klare Fragen zu identifizieren und sie einer Klärung zuzuführen, die die Kirche verändert. Um der Menschen willen“, so Bischof Bätzing, der auf Nachfrage jedoch einräumte, dass wohl auch die zweite Sitzungsrunde 2024 nicht zur konkreten Entscheidungsfindung dienen werde, auch wenn es „in diese Richtung“ gehen müsse.

Nicht nur Small Talk

Für ihn sei es „eine reiche Erfahrung“ deshalb gewesen, weil er erlebt habe, dass Menschen aus der ganzen Welt nicht nur zum „Small Talk“ zusammengekommen seien, sondern „ernsthaft an Fragen“ arbeiteten, die „auch wir selber kennen“, teilte Bischof Genn von Münster seine Eindrücke mit den Medienvertretern. Dabei sei eine unterschiedliche Akzentuierung spürbar geworden, „auch mit Ängsten, die damit verbunden sind, sich auf andere Kulturen einzulassen“: „Aber das war nicht für mich die Erfahrung des Stärkeren, sondern es war die Erfahrung des Miteinander Teilens, der Begegnung.“ Diese Erfahrung werde er in Deutschland gerne weiter vermitteln, so der Münsteraner Bischof Genn.

Die Versuchung der freundlichen Lügen

Für Bischof Meier aus Augsburg stand vor allem die Erfahrung der Internationalität der katholischen Kirche bei der Synode im Vordergrund. Man habe nicht nur in der Aula, sondern auch außerhalb teils kontrovers Themen diskutiert: „Die Themen, die wir gerade in Deutschland auf dem synodalen Weg auf dem Tisch haben, liegen also nicht nur in den Schreibtischen der Kurie, sondern sie kamen auf den Tisch. Ich fand es für römische Verhältnisse gut und ehrlich, wie wir in den vergangenen vier Wochen auch über kontroverse Themen diskutiert haben“, so Meier, der einräumte, dass man in der katholischen Kirche manchmal „versucht“ sei, „von freundlichen Lügen“ zu leben, „weil uns zur Wahrheit die Liebe fehlt“. Auch dieser Punkt wurde im Synthese-Dokument unter der Nummer 15 behandelt. Er sei „gespannt“, was sich im kommenden Jahr sowohl in Rom als auch in  Deutschland, „so dass wir auch in diesen verschiedenen synodalen Prozessen näher zusammenrücken und inspiriert vom Heiligen Geist gute, verantwortete Entscheidungen für unser Land, aber auch eingebettet in die Weltkirche finden und treffen werden“, schloss Bischof Meier seine kurze Zusammenfassung.

Geistliche Reise, die die eigene Situation relativiert

Als eine „geistliche Reise“ mit dem Papst wertete der Passauer Bischof Oster die Synodenerfahrung. Teils geäußerten Spekulationen, die Snyode sei mit einer „verborgenen Agenda“ unterwegs gewesen, erteilte er eine Absage. Vielmehr habe der Kontakt mit völlig unterschiedlichen Realitäten dazu beigetragen, auch die eigene Situation relativieren zu lassen: „Und man entgeht dann hoffentlich der Versuchung, die eigene kirchliche Situation für den Nabel der Welt zu halten“, so Bischof Oster.

Die Option für den Frieden

Für den Essener Bischof Overbeck sei mit Ausbruch des Krieges im Heiligen Land während der Synodenarbeiten die Prämisse entstanden, dass „alles, was wir getan haben, auch vor solchen schrecklichen Ereignissen Bestand haben muss“.

Eine solche Option für den Frieden gehört genauso zu einer solchen synodalen Kirche wie auch die Beschäftigung mit der Frage, wie junge Menschen und Digitalität ins Leben der Kirche der Zukunft einbezogen werden könnten. „Und unter einer solchen Rücksicht geht es schlicht und ergreifend um Zeichen der Zeit“, so Overbeck, der in diesem Zusammenhang auch die Diskussionen um die Rolle der Frau in der Kirche verortet: „Ich glaube, dass das gesamte Zueinander aller, die die Kirche bilden, auf Dauer wirklich sehr bewegen und beeindrucken wird“, so der Essener Bischof.

Wie geht es weiter?

Unklar sei es noch, wie die weitere Arbeit in den Diözesen und auch bei der erneuten Versammlung in Rom im kommenden Jahr im Einzelnen aussehen werden, so die Bischöfe, die dem Synodensekretariat gemeinsam mit den anderen Teilnehmern in einer eigenen Sitzungsrunde die Vorschläge und Ideen dazu übermittelt hatten. Große Einigkeit habe bei dem Wunsch bestanden, die Methodik der eben zu Ende gegangen Veranstaltung weiter beizubehalten.

Weitere deutsche Mitglieder

Neben den stimmberechtigten fünf Mitgliedern der Deutschen Bischofskonferenz hatten auch andere Deutsche in beratender Funktion an der Versammlung teilgenommen, die seit dem 4. Oktober im Vatikan tagte. Darunter war neben dem Bochumer Theologen und ZdK-Vizepräsidenten Thomas Söding auch Renovabis-Chef Thomas Schwartz. Er sagte im Anschluss gegenüber Radio Vatikan:

„Ich glaube, diese Synode hat Räume geschaffen dafür, dass wir uns als Christen wieder darüber im Klaren werden, was unsere eigentliche Aufgabe ist, nämlich nicht eine Organisationsform für soziale Wohltaten in dieser Welt zu sein, sondern eine Gemeinschaft, die die frohe Botschaft verkündet und die frohe Botschaft. Das ist das, was Papst Johannes Paul zwei Mal gesagt hat: das tiefe Staunen über den Wert und die Würde des Menschen. Das nennt sich eben auch Evangelium. Wir staunen über das, was den Menschen alles gegeben worden ist, was der Heilige Geist in uns wirkt und können dieses Staunen umsetzen in eine Gemeinschaft, die die Welt verändern soll. Das ist auch ein wenig von dem, was mir bei der Erarbeitung des Synthesepapiers ganz besonders wichtig geworden ist.“

Zwar mögen einige Beobachter in Deutschland das mittlerweile bekannte Lied anstimmen, es seien keine konkreten Entscheidungen getroffen worden, doch dies könne er „nicht mehr hören“, so Schwartz, denn „allein der Umgangsstil, mit dem in einer sich erstmals wirklich global erfahrenden Kirche miteinander sehr kontroverse Themen besprochen wurden", sei „ein Riesenfortschritt gegenüber früheren Bischofsversammlungen". Auch die Teilnahme von Laien (und darunter Frauen!) habe ebenfalls eine völlig neue Dimension von Gemeinschaftserfahrung möglich gemacht. Dies sei „kirchenpolitisch" relevant, seien doch kontroverse Themen wie die Sexualmoral, das Diakonat der Frau und andere Reibesteine nicht nur nicht von der Agenda des kommenden Bischofstreffens gestrichen, sondern explizit und mit einer großen Mehrheit für deren Weiterbearbeitung und Wiedervorlage gestimmt worden. Das Wichtigste, das er von dieser Versammlung mitnehme: Globale Kirche sei divers, und dennoch sei der Wille zu spüren gewesen, zusammenzubleiben.

(vatican news)

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29. Oktober 2023, 11:43