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Flüchtlinge aus dem Sudan bei ihrer Ankunft in Bagdad am Sonntag Flüchtlinge aus dem Sudan bei ihrer Ankunft in Bagdad am Sonntag  (AFP or licensors)

„Den Flüchtenden gehen ihre Optionen verloren“

Rund 110 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht, so viele wie nie zuvor. Die Fluchtrouten werden immer gefährlicher, wie das jüngste Bootsunglück vor Griechenland zeigt.

Zugleich reichen internationale Hilfen vor allem in armen Aufnahmeländern längst nicht mehr aus. „Den Menschen gehen die Optionen verloren“, sagt Dagmar Pruin, Präsidentin der Diakonie Katastrophenhilfe und Brot für die Welt, in einer Erklärung von diesem Montag. „Diese unhaltbare Entwicklung beschneidet die Rechte und den Anspruch der Betroffenen auf Schutz und Hilfe. Wir dürfen die Menschen nicht alleine lassen.“

„Weg der Abschottung“

Die Europäische Union habe mit ihrer Asylrechtsreform „einen Weg der Abschottung“ eingeschlagen. Das sei nicht nur unmenschlich; es verkenne auch, dass die meisten Geflüchteten schon jetzt vor allem in armen Ländern Zuflucht suchen. „Dort steigt der Druck durch unzureichende Versorgung“, so Pruin. Kürzungen bei der humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit wären vor diesem Hintergrund „das völlig falsche Signal“.

In Bangladesch, wo mehr als eine Million geflüchtete Rohingya aus Myanmar leben, mussten die Vereinten Nationen ihre Nahrungsmittelhilfen seit März wegen Geldmangels um ein Drittel kürzen. „Die Geflüchteten leben unter immer menschenunwürdigeren Bedingungen“, beschreibt Tommy Bouchiba, Nothilfe-Koordinator der Diakonie Katastrophenhilfe, die Situation in den Camps. „Dadurch ist ein Punkt erreicht, an dem die Menschen trotz fehlender Sicherheitsgarantien und aller Gefahren eine Rückkehr nicht mehr ausschließen“, so Bouchiba.

Kritische Lage in Tschad und Niger

Kritisch ist nach Darstellung der deutschen Hilfswerke auch die Lage im Tschad. Seit Beginn des Krieges im Sudan seien innerhalb weniger Wochen mehr als 115.000 Menschen in das Nachbarland geflohen. Diese Herausforderung könne der Tschad als eines der ärmsten Länder der Welt nicht alleine bewältigen. Bereits vor dem neuen Konflikt hatte der Tschad rund 600.000 Geflüchtete aufgenommen, dennoch seien bis Juni erst zwölf Prozent der benötigten Gelder für internationale humanitäre Hilfe aufgebracht worden.

Im Nachbarland Niger versucht die Europäische Union seit Jahren, Fluchtbewegungen in Richtung Europa zu unterbinden. „Die Folgen für Schutzsuchende sind katastrophal“, schildert Andreas Grünewald, Referent für Migration bei Brot für die Welt, die Lage vor Ort. „Die Notleidenden nehmen immer gefährlichere Routen, stranden in der Wüste oder geraten aus Mangel an Alternativen in kriminelle Schleuserhände.“

Die EU solle damit aufhören, Länder wie den Niger zu „Außenposten einer Festung Europa“ aufzubauen, sagt Grünewald. Er warnt davor, dass die Sahara zu einem weiteren Massengrab für Flüchtende werden könne.

(pm – sk)

 

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19. Juni 2023, 10:19