Synodaler Weg: Bischofswahl, Frauen, Priester, Missbrauch
Darunter war ein 20-seitiges theologisches Grundsatzpapier sowie eine Erklärung zum anderen Umgang mit Macht in der Kirche. Am Freitag gab es dann eine verbindliche Entscheidung zum Thema Mitsprache bei der Bischofswahl sowie mehrere Vorschläge, über die in Erster Lesung abgestimmt wurde. Die Themen Weiheämter für Frauen und Zölibat berühren gleichwohl Regelungen, die nur auf Ebene der Weltkirche veränderbar sind.
Verbindliche Einigung zur Wahl von Bischöfen
Mehr Mitbestimmungsrechte soll es künftig bei der Wahl katholischer Bischöfe in Deutschland geben. Darauf einigten sich die Synodalen verbindlich am Freitagabend in Frankfurt. In Zweiter Lesung votierten 177 Teilnehmer (88 Prozent) mit Ja, 24 mit Nein, 6 enthielten sich. Von den anwesenden Bischöfen stimmten 42 dafür (79 Prozent) und 11 dagegen. Damit erhielt der Text die gemäß Satzung notwendige doppelte Zweidrittelmehrheit.
Laut dem Papier mit dem Titel „Einbeziehung der Gläubigen in die Bestellung des Diözesanbischofs“ soll „das Volk Gottes insgesamt als handelndes Subjekt in Erscheinung treten“. Erarbeitet werden soll eine „Musterordnung für die freiwillige Selbstbindung der jeweiligen Domkapitel bei der Bestellung von Bischöfen“. Vorgesehen ist ein zusätzliches beratendes Gremium, das mit dem Domkapitel gemeinsam eine Liste geeigneter Kandidaten erstellt, die nach Rom gesandt wird.
Sexualmoral verändern
Mit großer Mehrheit sprach sich der Synodale Weg am Samstagmorgen für eine Modernisierung der kirchlichen Sexualmoral aus. Konkret geht es um Änderungen der Aussagen zur Empfängnisverhütung sowie zur Homosexualität im Katechismus, also der verbindlichen Text-Sammlung der katholischen Lehre. Die Vollversammlung in Frankfurt stimmte am Samstag in Erster Lesung mehrheitlich für zwei entsprechende Papiere, die zur weiteren Bearbeitung in das zuständige Forum des Synodalen Wegs überwiesen wurden.
Einer der beiden sogenannten Handlungstexte empfiehlt dem Papst, eine „lehramtliche Präzisierung und Neubewertung der Homosexualität" vorzunehmen. Ausgelebte gleichgeschlechtliche Sexualität sei keine Sünde und „ist nicht als in sich schlecht zu beurteilen", so das Papier. „Da die homosexuelle Orientierung zur Identität des Menschen gehört, wie er von Gott geschaffen wurde, ist sie ethisch grundsätzlich nicht anders zu beurteilen als jede andere sexuelle Orientierung." In der vorangegangenen Debatte herrschte Einigkeit, dass es keine Diskriminierung von Homosexuellen in der Kirche geben dürfe.
Der zweite Handlungstext empfiehlt dem Papst eine Weiterentwicklung des Verständnisses von „ehelicher Liebe" im Katechismus, unter anderem mit Blick auf Empfängnisverhütung, die nach offizieller katholischer Lehre nur sehr eingeschränkt erlaubt ist. „Dass die Zeugung eines Kindes niemals als Unglück bewertet werden muss und darf, bleibt der hohe Wert, den die Kirche aus ihrem Menschenbild heraus vertritt, auch wenn sie keine Festlegung auf bestimmte Methoden der Empfängnisverhütung verlangt", heißt es in dem Reformtext.
In einer lebhaften, aber sachlichen Debatte wurde mehrfach die Meinung geäußert, dass die geltende katholische Sexualmoral kaum mehr etwas mit der Lebensrealität vieler Katholiken zu tun habe. Kritisiert wurde, dass sie zu sehr eingreife in das Zusammenleben von Paaren und zu stark auf Sex fixiert sei. Kritiker warnten davor, die bestehende Lehre völlig zu entwerten. Mehrere Bischöfe warnten vor einem Bruch mit der kirchlichen Lehre.
Vorschläge zu Frauen in Weiheämtern
In Erster Lesung verabschiedete die Vollversammlung am Freitag mit deutlicher Mehrheit zwei Handlungstexte, die das Thema Frauen und Ämter betreffen. Diese plädieren für einen Frauendiakonat sowie für die Gründung einer Kommission unter Federführung des künftigen nationalen Synodalrats, die sich mit dem Thema des „sakramentalen Amtes von Menschen jeden Geschlechts“ befassen soll. Außerdem sollen die deutschen Bischöfe das Anliegen auch bei der von Papst Franziskus angestoßenen Weltsynode einbringen.
Das Papier „Diakonat der Frau“ sieht vor, dass die deutschen Bischöfe beim Papst eine Erlaubnis für die Öffnung des diakonischen Amts für Frauen beantragen. Ein sogenannter Indult, ein Gnadenerweis, soll mit Blick auf jenen Passus des Kirchenrechts erwirkt werden, der festschreibt: „Die heilige Weihe empfängt gültig nur ein getaufter Mann.“ In der Debatte äußerten mehrere Teilnehmer die Ansicht, dass ihnen der Antrag nicht weit genug gehe. Der Münchner Kardinal Reinhard Marx sagte indes, er könne sich nicht vorstellen, dass der Vatikan solch einem Indult zustimmen werde. Das Anliegen eines Frauendiakonats unterstütze er aber.
Zuvor hatte das Reformprojekt in einer von Teilnehmern als historisch bezeichneten Abstimmung mit großer Mehrheit (85 Prozent) für einen entsprechende Grundtext votiert. Das Papier befasst sich mit der Geschlechtergerechtigkeit in der katholischen Kirche und betont: „Nicht die Teilhabe von Frauen an allen kirchlichen Diensten und Ämtern ist begründungspflichtig, sondern der Ausschluss von Frauen vom sakramentalen Amt.“ Für den Ausschluss von Frauen aus der Verkündigung gebe es „keine klare Traditionslinie“. Neben „vermeintlich eindeutigen Aussagen im Mainstream der Tradition zu Ungunsten von Frauen“ habe es immer auch gegenläufige Entwicklungen gegeben. Ferner wird eine „grundlegende Befragung und Veränderung der herrschenden Strukturen und Machtverhältnisse“ gefordert.
Gleichwohl kann das Papier auch nach einer möglichen Verabschiedung in Zweiter Lesung keine praktische Veränderungskraft entfalten, da die entsprechenden Regelungen nur auf Ebene der Weltkirche veränderbar sind.
Forderung nach Lockerung des Pflichtzölibats
Die Forderung nach einer Lockerung der Vorschrift zur Ehelosigkeit der Priester fand in Frankfurt ebenfalls sehr viel Zustimmung. Bei dem Treffen in Frankfurt sprach sich am Freitag eine Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer dafür aus, die Zölibatsvorschrift für Priester zu lockern. Ein Papier, das die Spitzen der Kirche in Deutschland auffordert, entsprechende Vorschläge beim Papst einzubringen, wurde in Erster Lesung mit knapp 86 Prozent der Stimmen verabschiedet. Eine Zweite Lesung des Textes mit verbindlicher Abstimmung wird auf der vierten Synodalversammlung im Herbst erwartet. Bereits im Vorfeld hatte unter anderen der Münchner Kardinal Reinhard Marx für Öffnungsschritte geworben.
Der mit den Worten „Zölibat der Priester - Stärkung und Öffnung“ überschriebene Text betont den Wert der Ehelosigkeit als Lebensform der Priester. Er fordert aber zugleich die Zulassung verheirateter Priester in der römisch-katholischen Kirche durch den Papst oder durch ein Konzil. Außerdem wird gefordert, der Papst solle es katholischen Priestern gestatten, zu heiraten und im Amt zu bleiben.
Bessere Ausbildung von Priestern
Die Vollversammlung des Synodalen Wegs hat sich für mehr Professionalität und eine umfassende Persönlichkeitsbildung bei künftigen Priestern in der katholischen Kirche ausgesprochen. Mit einer Mehrheit von 90,9 Prozent votierten die Synodalen am Freitag in Frankfurt in Erster Lesung für einen Text, der unter anderem Verbesserungen in der Priesterausbildung sowie in der Fortbildung bereits geweihter Priester vorsieht. Auch das gemeinschaftliche Leben von Priestern soll gemäß dem Beschluss gefördert werden, ebenso die Möglichkeit, als „Priester im Zivilberuf“ zu arbeiten.
Ferner sollen Methoden der modernen Personal- und Organisationsentwicklung sowie des Qualitätsmanagements beim Einsatz von Priestern zur Anwendung kommen. Mehrere Missbrauchsstudien hatten in den vergangenen Jahren gezeigt, dass unter anderem ein Leben in Einsamkeit sowie eine intransparente und willkürliche Versetzungspraxis bei Klerikern sexuellen Missbrauch begünstigt haben.
Aufarbeitung von Missbrauch
Das katholischen Reformvorhaben Synodaler Weg fordert klare Regeln im Umgang mit Missbrauchstätern. Zur Vorbeugung von sexuellem Missbrauch sollen nach einem am Freitag in Frankfurt beratenen Papier zudem bereits die angehenden Priester einen Verhaltenskodex unterschreiben. Eine Disziplinarordnung für Priester soll demnach auch grenzwertiges, aber nicht strafrechtlich bedeutsames Verhalten erfassen.
Wenn eine Täterschaft nachgewiesen sei, müssen nach dem Papier per Dekret formulierte Auflagen zu einer Therapie ausgesprochen werden. Deren Ziel müsse vor allem der Opferschutz sein. Die Gefahr von Wiederholungstaten dürfe nicht unterschätzt werden. Deshalb dürften sie dienstlich nicht wieder in Kontakt mit Kindern, Jugendlichen und Schutzbedürftigen kommen. Jedem Täter müsse eine Art „Fall-Manager” zugewiesen werden. Der Text stieß in erster Lesung auf eine Zustimmung von mehr als 96 Prozent.
Viel Raum nahm in der Diskussion bei der dritten Synodalversammlung die Idee eines öffentlichen Schuldeingeständnisses der katholischen Kirche zum Thema Missbrauch ein. Dabei äußerten sich alle Mitwirkenden grundsätzlich positiv.
- aktualisiert am 5.2. um 14:16 Uhr: Abstimmung zum Thema Sexualmoral -
(kna - pr)
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