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Österreich: Plädoyer für differenzierte Islam-Debatte

Das Schlagwort von der „Islamisierung“ beschreibt nur ungenügend gegenwärtige gesellschaftliche Veränderungen, weshalb eine differenzierte Islam-Debatte nötig ist. Dafür plädierte der Generalsekretär der Österreichischen Bischofskonferenz, Peter Schipka, bei eine Expertendiskussion zum Thema „Islamisierung Europas. Mythos oder Realität?“.

Wer davon spreche, sollte zumindest zwischen den statistisch-demografischen, den kulturellen und den religiösen Aspekten der Thematik unterscheiden, empfahl der Theologe und Jurist bei einer Veranstaltung der Diplomatischen Akademie am Freitagnachmittag in Wien. Insgesamt sei der Begriff „Pluralisierung“ treffender und jenem der „Islamisierung“ vorzuziehen.

 

Kein Grund, von einer „Islamisierung“ zu sprechen

 

Wenn von „Islamisierung“ die Rede sei, dann betreffe das die tatsächlich wachsende Anzahl von Muslimen in der Gesellschaft. Dies belegten laut Schipka aktuelle Studien wie jene des Wiener Instituts für Demografie aus dem Vorjahr, die verschiedene Modelle und Prognosen erstellt hat. Demzufolge könnte im Jahr 2046 der Anteil von Muslimen in Österreich je nach Szenario zwischen 12 und 30 Prozent liegen. Nüchtern betrachtet sei dies aber noch kein Grund, von einer „Islamisierung“ zu sprechen, zumal die große Mehrheit dann noch immer einer anderen oder keiner Religion angehören werden. Weil bei allen berechneten Szenarios die Zahl der Konfessionslosen größer als jene der Muslime sei, könne man genauso gut von einer „fortschreitenden Säkularisierung“ sprechen, gab Schipka zu bedenken.

Ein anderer Aspekt der Debatte betreffe den kulturellen Aspekt von „Islamisierung“. Es sei zweifelsohne ein Problem für die Gesellschaft wie auch für Muslime selbst, wenn patriarchale und undemokratische Elemente innerhalb einer Community weitergeben würden. Klare Grenzen dafür ortete Schipka in Österreich im Blick auf das Verfassungs- und Strafrecht, die ausnahmslos von allen hier Lebenden einzuhalten sein. Problematische kulturelle Muster müssten im Zuge der Integration in eine demokratische Kultur hinein verändert werden und zwar „unter Respekt der gleichen Rechte von Mann und Frau und einer bedingungslosen Religionsfreiheit“.

 

Europa hat gelernt, mit Pluralismus umzugehen

 

Eine Absage erteilte der Generalsekretär der Bischofskonferenz jenen Stimmen, die in der steigenden Zahl an Muslimen eine religiöse Gefahr für das Christentum sehen. Weit größere Sorge bereite demgegenüber das „schwache Wissen unter Christen über die eigene Religion und die geringe Überzeugung, dass es christliche Werte verdienten, durch persönlichen Einsatz gezeigt und unterstützt zu werden“. Europa habe im Laufe seiner Geschichte gelernt, mit dem Pluralismus umzugehen, so Schipka unter Verweis auf das nunmehr positive Zusammenleben von Katholiken und Protestanten, das lange Zeit nicht möglich gewesen sei.

Die Gesellschaft sei insgesamt pluraler geworden, auch in religiöser Hinsicht. Besser als „Islamisierung“ passe zur gegenwärtigen Lage in Europa daher der Begriff „Pluralisierung“, so Schipka. So habe auch Papst Franziskus bei seiner Karls-Preis-Rede im Blick auf Europa von einer „dynamischen und multikulturellen Identität“ gesprochen.

(kap – mg)

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03. März 2018, 11:04