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Im Wortlaut: Brief des Papst an die „Pfarrer für die Synode“

Wir dokumentieren hier den Wortlaut des Briefes von Papst Franzisus an die „Pfarrer für die Synode“ in einer offiziellen deutschen Übersetzung. Die rund 200 Priester hatten Anfang Mai in Sacrofano bei Rom an einem Treffen zur Vorbereitung der zweiten Sitzung der Weltsynode im Herbst teilgenommen.

BRIEF DES HEILIGEN VATERS AN DIE PFARRER

 

Liebe Brüder Pfarrer!

Das internationale Treffen der „Pfarrer für die Synode“ und der Dialog mit denen, die daran teilgenommen haben, sind für mich Anlass, aller Pfarrer auf der Welt im Gebet zu gedenken, an die ich diese Worte mit großer Zuneigung richte.

Es ist so offensichtlich, dass es fast schon banal klingt, aber das macht es nicht weniger wahr: Die Kirche könnte ohne euer Engagement und euren Dienst nicht fortbestehen. Deshalb möchte ich vor allem meine Dankbarkeit und Wertschätzung für die großzügige Arbeit zum Ausdruck bringen, die ihr jeden Tag leistet, indem ihr das Evangelium in alle möglichen Böden sät (vgl. Mk 4,1-25).

Wie ihr in diesen Tagen des Austauschs feststellen könnt, befinden sich die Gemeinden, in denen Ihr Euren Dienst verrichtet, in sehr unterschiedlichen Situationen: angefangen bei Gemeinden in der Peripherie von Megastädten – ich habe sie in Buenos Aires unmittelbar kennengelernt – bis hin zu solchen, die so groß sind wie Provinzen in weniger dicht besiedelten Regionen; von Gemeinden in den urbanen Zentren vieler europäischer Länder, in denen alte Basiliken immer kleinere und ältere Gemeinden beherbergen, bis hin zu solchen, in denen man unter einem großen Baum feiert und sich der Gesang der Vögel mit den Stimmen der vielen Kinder vermischt.

Die Pfarrer wissen das alles sehr gut, sie kennen das Leben des Volkes Gottes von innen heraus, seine Mühen und Freuden, seine Bedürfnisse und Reichtümer. Deshalb braucht eine synodale Kirche ihre Pfarrer: Ohne sie werden wir nie lernen können, gemeinsam unterwegs zu sein, wir werden nie in der Lage sein, den Weg der Synodalität einzuschlagen, der »das [ist], was Gott sich von der Kirche des dritten Jahrtausends erwartet«[1].

Wir werden nie eine synodale missionarische Kirche werden, wenn die Pfarrgemeinden die Beteiligung aller Getauften an der einen Mission der Verkündigung des Evangeliums nicht zum Kennzeichen ihres Lebens machen. Wenn die Pfarreien nicht synodal und missionarisch sind, wird es auch die Kirche nicht sein. Der Synthese-Bericht der Ersten Sitzung der Sechzehnten Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode ist diesbezüglich sehr deutlich: Ausgehend von ihren Strukturen und der Organisation ihres Alltags, sind die Pfarreien aufgerufen, sich »in erster Linie im Dienst der Sendung [zu] verstehen, die die Gläubigen in der Gesellschaft, in der Familie und im Berufsleben ausüben, ohne sich ausschließlich auf die Aktivitäten zu konzentrieren, die in ihnen stattfinden, und auf ihre organisatorischen Bedürfnisse« (8, l). Deshalb ist es notwendig, dass die Pfarrgemeinden immer mehr zu Orten werden, von denen die Getauften als missionarische Jüngerinnen und Jünger ausziehen und zu denen sie voller Freude zurückkehren, um von den Wundern zu erzählen, die der Herr durch ihr Zeugnis gewirkt hat (vgl. Lk 10,17).

Als Hirten sind wir gerufen, die Gemeinden, denen wir dienen, auf diesem Weg zu begleiten und uns zugleich mit Gebet, Unterscheidungsvermögen und apostolischem Eifer darum zu bemühen, dass unser Dienst den Anforderungen einer synodalen missionarischen Kirche gerecht wird. Diese Herausforderung betrifft den Papst, die Bischöfe und die Römische Kurie, und sie betrifft auch euch Pfarrer. Er, der uns berufen und geweiht hat, lädt uns heute ein, auf die Stimme seines Geistes zu hören und in die von ihm gewiesene Richtung zu gehen. In einem Punkt können wir sicher sein: Er wird es uns nicht an seiner Gnade fehlen lassen. Entlang des Weges werden wir auch entdecken, wie wir unseren Dienst von all dem befreien können, was ihn ermüdend macht, und wie wir seinen wahren Kern wiederentdecken können: Das Wort zu verkünden und die die Gemeinde im Brechen des Brotes zu vereinen.

Ich fordere euch daher auf, diesen Ruf des Herrn anzunehmen und als Pfarrer Bauleute einer synodalen missionarischen Kirche zu sein und euch mit Begeisterung für diesen Weg einzusetzen. Zu diesem Zweck möchte ich drei Vorschläge machen, die für den Lebensstil und für das Handeln der Hirten inspirierend sein können.

1. Ich lade euch ein, euer spezifisches Charisma immer mehr im Dienst der vielfältigen Gaben zu leben, die der Heilige Geist im Volk Gottes verbreitet. Es ist nämlich dringend notwendig, »die vielfältigen Charismen der Laien, schlichte wie bedeutendere, mit Glaubenssinn« aufzuspüren, zu bestärken und hervorzuheben (Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret Presbyterorum Ordinis, 9), die für die Evangelisierung der Lebenswirklichkeit der Menschen unverzichtbar sind. Ich bin überzeugt, dass ihr auf diese Weise viele verborgene Schätze zum Vorschein bringen und euch bei der großen Aufgabe der Evangelisierung weniger allein gelassen fühlen werdet, da ihr die Freude einer echten Väterlichkeit erlebt, die nicht den ersten Platz beansprucht, sondern in den anderen, Männern und Frauen, viel wertvolles Potenzial zutage fördert.

2. Ich empfehle euch von ganzem Herzen, die Kunst der gemeinschaftlichen Unterscheidung zu erlernen und zu praktizieren und dafür die Methode des „Gesprächs im Heiligen Geist“ zu nutzen, die uns im Verlauf der Synode und bei der Durchführung der Vollversammlung selbst so hilfreich war. Ich bin sicher, dass ihr damit nicht nur in den Gemeinschaftsstrukturen, wie dem Pastoralrat der Pfarrei, sondern auch in zahlreichen anderen Bereichen viele Früchte ernten könnt. Wie der Synthese-Bericht in Erinnerung ruft, ist die Unterscheidung ein Schlüsselelement des pastoralen Wirkens einer synodalen Kirche: »Es ist wichtig, dass die Praxis der Unterscheidung auch im pastoralen Bereich in einer den jeweiligen Kontexten angemessenen Weise umgesetzt wird, um die Konkretheit des kirchlichen Lebens zu erhellen. Sie wird es ermöglichen, die in der Gemeinschaft vorhandenen Charismen besser zu erkennen, Aufgaben und Ämter weise zu übertragen und pastorale Wege im Licht des Geistes zu planen, die über die bloße Planung von Aktivitäten hinausgehen« (2, l).

3. Und schließlich möchte ich euch empfehlen, den Austausch und die Brüderlichkeit unter euch und mit euren Bischöfen zur Grundlage von allem zu machen. Dieses Anliegen wurde mit Nachdruck vertreten auf der Internationalen Konferenz für die Weiterbildung von Priestern zum Thema »Entfache die Gnade Gottes wieder, die dir […] zuteilgeworden ist« (2 Tim 1,6), die im vergangenen Februar hier in Rom stattgefunden hat, mit über achthundert Bischöfen, Priestern, gottgeweihten Männern und Frauen, die in diesem Bereich tätig sind und achtzig Länder repräsentiert haben. Wir können keine wahren Väter sein, wenn wir nicht vor allem Söhne und Brüder sind. Und wir sind nicht in der Lage, Gemeinschaft und Beteiligung in den uns anvertrauten Gemeinden zu fördern, wenn wir sie nicht zuallererst unter uns selbst leben. Ich weiß wohl, dass ein solches Engagement angesichts der vielen pastoralen Aufgaben als Zugabe oder gar als Zeitverschwendung erscheinen könnte, aber in Wirklichkeit ist das Gegenteil der Fall: Nur so sind wir glaubwürdig und macht unser Tun nicht das zunichte, was andere bereits aufgebaut haben.

Nicht nur die synodale missionarische Kirche braucht Pfarrer, sondern auch der besondere Weg der Synode 2021-2024, „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“, im Hinblick auf die Zweite Sitzung der XVI. Ordentlichen Bischofssynode, die im kommenden Oktober stattfinden wird. Um sie vorzubereiten, müssen wir auf eure Stimme hören.

Aus diesem Grund lade ich diejenigen, die am Internationalen Treffen der „Pfarrer für die Synode“ teilgenommen haben, ein, nach ihrer Rückkehr auch euch gegenüber, ihren Mitbrüdern, Missionare der Synodalität zu sein und die Reflexion über die Erneuerung des Pfarrerdienstes in einem synodalen und missionarischen Sinne anzuregen und gleichzeitig dem Generalsekretariat der Synode zu ermöglichen, euren unersetzlichen Beitrag für das Verfassen des Instrumentum laboris mitaufzunehmen. Den Pfarrern zuzuhören war das Ziel dieses Internationalen Treffens, aber das darf nicht heute enden: Wir haben es nötig, auch weiterhin auf euch zu hören.

Liebe Brüder, ich bin an eurer Seite auf diesem Weg, den auch ich zu gehen versuche. Ich segne euch alle von Herzen und brauche auch meinerseits eure Nähe und die Unterstützung eures Gebets. Vertrauen wir uns der seligen Jungfrau Maria Hodegetria an: Sie ist diejenige, die den Weg weist, diejenige, die zum Weg, zur Wahrheit und zum Leben führt.

 

Rom, Sankt Johannes im Lateran, 2. Mai 2024

FRANZISKUS

 

[1] Ansprache von Papst Franziskus zur 50-Jahr-Feier der Errichtung der Bischofssynode, 17. Oktober 2015.

(vatican news - mg)

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02. Mai 2024, 10:48