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P. Adam Zak SJ P. Adam Zak SJ 

D: Wie belastend ist Polens Forderung nach Entschädigung?

1,3 Billionen Euro will die polnische Regierung von Deutschland fordern, als Wiedergutmachung für die Schäden aus dem zweiten Weltkrieg. Deutschland weist das zurück und sagt, Polen habe 1953 auf weitere Zahlungen verzichtet. Wie belastend ist die Forderung nach Entschädigung für das deutsch-polnische Verhältnis? Ein Gespräch mit dem Jesuiten Adam Zak.

Radio Vatikan: Wo steht die Versöhnung, das deutsch-polnische Verhältnis heute überhaupt?

Pater Adam Zak SJ, Kenner des Verhältnisses zwischen Deutschland und Polen: Das ist die richtige Frage. Sie haben den Punkt genannt, der auch für den Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Erzbischof Stanisław Gądecki von Posen, wichtig war in seiner Erklärung vom 3. September, nachdem diese Forderungen vorgestellt worden sind. Gądecki hat ziemlich deutlich ermahnt, dass selbstverständlich Gerechtigkeit und Frieden und alle diese Werke, zur Wiedergutmachung auch dazu gehören. Aber er sagt, es darf nicht so geschehen, dass damit ein Weg der Versöhnung, der schon angebahnt ist, zu dem die polnischen Bischöfe in den 60er Jahren am Ende des Konzils eröffnet haben, dass dieser Weg sozusagen zerstört wird.

Und das ist nicht nur seine Sorge, sondern das ist die Sorge vieler, die sich in dieser Richtung engagiert haben und ich glaube auch, aller, die im Zuge dieser verbesserten und guten nachbarschaftlichen Beziehungen auch wirtschaftlichen Erfolg hatten, denn bekannter Weise ist Deutschland vielleicht der wichtigste Handelspartner ist für Polen. Und deswegen gibt es bei vielen eine große Sorge unter vielen.

Hier können Sie das Interview mit P. Zak nachhören

Ich sehe die Kommentatoren auch in den katholischen Wochenzeitschriften wie „Przewodnik katolicki“, die erscheint in der Erzdiözese Posen, wo der Vorsitzende der Bischofskonferenz Ordinarius ist. Da gab es zwei oder drei Kommentare und alle waren besorgt über diesen Weg. Auch vor allem der Missbrauch dieser eventuellen Debatte zu den Zwecken des Wahlkampfes, das ist auch eine Sorge. Diese Sorge ist vom Vorsitzenden der Bischofskonferenz nicht angesprochen worden in seiner Erklärung, aber seine Mahnung ist eben: Es sollen nicht die „Errungenschaften“, die schon erzielt worden sind, zerstört werden.

Radio Vatikan: Aber warum kommt dieses Thema ausgerechnet jetzt wieder auf?

P. Adam Zak: Die Kommentatoren – Laien und vor allem Journalisten –  wissen genau, dass die Rhetorik der regierenden Parteien eine antideutsche Rhetorik ist, um sozusagen in der eigenen Wählerschaft Erfolge zu erzielen. Das ist eine pure Manipulation einer delikaten Angelegenheit, die zwischen den Staaten auch auf eine Weise diskutiert werden könnte, die eben befreit ist von einer Rhetorik, die gegenüber dem Partner – noch nicht zu sagen, unter den Freunden – überhaupt nicht angemessen ist.

„Das ist eine pure Manipulation einer delikaten Angelegenheit, die zwischen den Staaten auch auf eine Weise diskutiert werden könnte, die eben befreit ist von einer Rhetorik, die gegenüber dem Partner überhaupt nicht angemessen ist.“

Radio Vatikan: Was würden Sie sagen, wie sehr dieses ganze Thema jetzt das deutsch-polnische Verhältnis belastet?

P. Adam Zak: Das ist schon belastet. Das ist keine Frage der Zukunft, sondern ich befürchte, dass die Rhetorik des Wahlkampfes, also diese antideutsche Rhetorik, sich noch verstärkt. Da wird auf Gefühle und noch nicht ganz geheilte Verletzungen, die vom Krieg und der Okkupationszeit geblieben sind, gesetzt. Diese Manipulation ist eine Sache, die wirklich nicht nötig ist und sie wird sich wirklich quer legen auf diesem Weg der Versöhnung, der guten Nachbarschaft, des guten Zusammenlebens.

Radio Vatikan: Warum hat sich die Kirche in Polen mit dieser Stellungnahme der Bischofskonferenz jetzt auch zu dem Thema geäußert?

P. Adam Zak: Ich glaube, es wäre eine große Unterlassung, wenn sich die Bischofskonferenz nicht äußern würde zu einer Frage, die ein Zerstörungspotential hat, was den Stand der guten Beziehungen mit Deutschland betrifft. Ich betrachte das als Pflicht der Bischofskonferenz. Erzbischof Gądecki geht auf Distanz zu den rein politischen Interpretationen. Er sagt, es sei die Sache des Staates, mit der deutschen Regierung zu verhandeln und es ist eine Sache, die überhaupt noch nicht angefangen hat.

„Es wäre eine große Unterlassung, wenn sich die Bischofskonferenz nicht äußern würde zu einer Frage, die ein Zerstörungspotential hat, was den Stand der guten Beziehungen mit Deutschland betrifft.“

Es ist bloß eine Deklaration, die man sieht, diese Berechnung der Kriegsschäden und die Ansprüche, die sich daraus ergeben. Das ist also noch eine nicht vorbereitete Sache in dem Sinne, dass die Regierung in Deutschland noch nicht offiziell darüber unterrichtet worden ist. Das ist zunächst ein mediales Spektakel und deswegen ein deutliches Zeichen dafür, dass es vor allem der innenpolitischen Kampagne im Wahlkampf dienen soll. Und das sieht man in den Zeitungen fast aller Couleur, dass es darum geht.

Radio Vatikan: Die Stellungnahme des Erzbischofs wurde in den Medien ja aber teilweise als Unterstützung der Reparationszahlungen verstanden. Das kann man nach Ihrer Einschätzung also so nicht sagen?

P. Adam Zak: Nein. Der Wortlaut und der Stil und die Argumentationsweise ist eine allgemeine, er sagt: Wenn das Thema erhoben wird zwischen den Staaten, dann muss es so behandelt und geregelt werden, dass der Weg der Versöhnung, der angefangen hat, der seine Früchte gebracht hat und bringt, dass die Zukunft nicht zerstört wird. Das ist im Hintergrund, glaube ich, die Sorge der Bischöfe.

Die Fragen stellte Hannah Krewer.

(vatican news - hk)

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17. September 2022, 10:38