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Jesusstatue über Rio de Janeiro Jesusstatue über Rio de Janeiro 

Wahlen in Brasilien: Misereor hofft auf neue Etappe

Vor den Wahlen in Brasilien hat Misereor steigende Umweltschäden und Hunger in dem Land beklagt und seine Hoffnung auf eine „neue Etappe“ für das Land ausgedrückt. Brasiliens Bürger sind am Sonntag an die Urnen gerufen.

Der scheidende Präsident Jair Bolsonaro steht zur Wiederwahl, doch Misereor stellt dem Rechtspopulisten ein denkbar schlechtes Zeugnis aus. Unter seiner Regierung sei Brasilien in „nur vier Jahren“ auf „die Weltkarte des Hungers zurückgekehrt“, so Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel in einer Pressemitteilung an diesem Freitag.

In diesem Zusammenhang hofft Hauptgeschäftsführer Spiegel auf den Beginn einer neuen Etappe nach den Wahlen, „die ein Ende der Korruption, der Lügen und der Zerstörung auf den Weg bringt“. Misereor sei ein „Teil dieses Prozesses“, so das Angebot des Hilfswerks, das darauf pocht, dass nach dem „extrem polarisierten und aufgeheizten Wahlkampf“ die „demokratischen Räume für soziale Teilhabe“ wiederhergestellt und die Vision „eines gerechteren und nachhaltigen Staates“ verwirklicht werde.

Dekrete, die Bürgern Rechte entziehen, sollen rückgängig gemacht werden

Das Hilfswerk fordert nicht nur Regeln für Unternehmen und staatliche Behörden, „egal auf welchem Gebiet“, sondern auch, dass „Dekrete, die den Bürgern und Bürgerinnen Brasiliens Rechte entzogen haben“, rückgängig gemacht werden.  Insbesondere müssten der Beirat für Ernährungssouveränität und das Sekretariat für Solidarwirtschaft „unter Beteiligung der Zivilgesellschaft wieder eingeführt und die Organisation FUNAI (Fundação Nacional do Índio) zur Stärkung der Rechte von Indigenen wieder mit umfassenden Befugnissen ausgestattet werden“, fordert Misereor.

Diese Einrichtungen wurden unter der Regierung Bolsonaros faktisch handlungsunfähig gemacht. Zu einer Wende in diesen Belangen könne auch Europa beitragen, „indem das Freihandelsabkommen der EU mit Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay (Mercosur) in sozialen und ökologischen Belangen nachgeschärft wird“, zeigt sich Misereor überzeugt. In Umfragen liegt derzeit Bolsonaros Widersacher, Ex-Präsident Luiz Inacio „Lula“ da Silva, der sich ebenfalls zur Wahl für das Präsidentenamt gestellt hat, knapp vor seinem Konkurrenten.

Die brasilianischen Präsidentschaftskandidaten bei einer TV-Debatte am 29.9.2022
Die brasilianischen Präsidentschaftskandidaten bei einer TV-Debatte am 29.9.2022

Viele Probleme hinterlassen

Das Zeugnis, das Misereor Bolsonaro in einzelnen Punkten ausstellt, lässt jedenfalls viel Spielraum für Verbesserungen. So schütze Bolsonaro große Sojaproduzenten und Rinderzüchter, die nach Europa und China exportieren, während 33 Millionen Menschen in Brasilien unter Hunger litten, so Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel in der Mitteilung. Der verstärkte Anbau von Soja und Mais, der in Brasilien geschehe, verstärke außerdem das klimatische Ungleichgewicht. Besonders betroffen seien Indigene, deren „demokratische Regierungsorgane“ Bolsonaro beschnitten habe, ebenso wie Familien in den städtischen Randgebieten. 

Die Folge sei „ein erschreckender Anstieg von Armut und Hunger“, konstatiert das Hilfswerk, das zahlreiche Projekte in Brasilien unterstützt und immer wieder auf die Belange von Indigenen hinweist. „Die Zahl der Obdachlosen und der auf der Straße lebenden Familien ist stark angestiegen. In São Paulo hat sie sich laut der Volkszählung 2021 während der vergangenen zwei Jahre um 54 Prozent erhöht.“ 32.000 Personen lebten demnach auf den Straßen der Stadt, während die tatsächliche Anzahl weit höher liegen dürfte, so das Hilfswerk Misereor, das auch konkrete Umweltschäden auflistet, die in Bolsonaros Amtszeit fallen.

So habe es „unkontrollierte Abholzung“ im Amazonasgebiet und „kriminelle Waldbrände wie lange nicht“ gegeben, die mit einer „völligen Vernachlässigung von Umweltgesetzen“ einhergingen. „Von August 2020 bis 2021 wurden mehr als 13.000 Quadratkilometer Wald vernichtet, eine Fläche fünfmal so groß wie das Saarland, und ein Rekord in der eigenen Amtszeit. Zugleich wurden in den vergangenen drei Jahren mehr neue Pestizide zugelassen als in den 20 Jahren zuvor, nämlich 1560, von denen 44 Prozent in der Europäischen Union verboten sind.“

(pm - cs)

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30. September 2022, 15:27