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Kanadischer Jesuit Mongeau: „Unser Land braucht einen Wandel“

Damit sich die Ungerechtigkeiten der Vergangenheit gegenüber den Indigenen nicht fortsetzen, braucht Kanada einen grundlegenden Wandel – kulturell, politisch, wirtschaftlich und zwischenmenschlich. Darauf verweist der kanadische Jesuit Gilles Mongeau mit Blick auf den Kolonialismus und Benachteiligungen heute.

Alessandro De Carolis, Griselda Mutual, Anne Preckel – Vatikanstadt

„Eine der schwierigsten Wahrheiten, denen man sich stellen muss, ist die einfache Tatsache, dass die Nachkommen der Siedler und der (europäischen, Anm.) Einwanderer weiterhin von den wirtschaftlichen und politischen Ungerechtigkeiten profitieren, die gegen die indigenen Völker begangen wurden“, gibt der Jesuit im Interview mit Radio Vatikan zu bedenken. Der aus Montreal stammende Ordensmann ist der Vizeprovinzial der Gesellschaft Jesu in Kanada.

Schwere Bedingungen

Die Tragweite der Kolonialisierung zeigt sich bis heute unter anderem in einer wirtschaftlichen Benachteiligung der Indigenen. Mit dem „Indian Act“ von 1876 führte Kanada das Reservatsystem ein. Den indigenen Völkern wurde pauschal die Sesshaftigkeit aufgezwungen, was unter anderem Verarmung zur Folge hatte. Hintergrund waren wirtschaftliche Interessen der europäischen Siedler, die Bodenschätze, Holz und Flüsse ungestört nutzen wollten.

In den mit Indigenen geschlossenen Verträgen über Territorien und deren Nutzung war eigentlich eine Beteiligung dieser Völker angedacht. Allerdings wurden die Abkommen so interpretiert, dass Indigene am erarbeiteten Wohlstand keinen gerechten Anteil hatten. Und während der Staat das Land bis heute gegen Lizenzeinnahmen Minen- und Bergbauformen zur Verfügung stellt, blieben Indigenenrechte beschränkt: Als Nutzer - nicht Besitzer - ihres ursprünglich eigenen Landes blieben sie arm und abhängig von staatlicher Hilfe. Darüber hinaus haben Indigene bis heute mit den Traumata der gegen sie gerichteten Assimilationspolitik zu kämpfen, die in den kirchlich betriebenen Residential Schools ihren grausamsten Ausdruck fand.

Hoffnung auf Heilung und Gerechtigkeit

Im Prozess der Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der Landesgeschichte sieht Pater Mongeau den Papstbesuch als heilsamen Schritt. Die damit verbundene Hoffnung auf Wahrheit, Heilung und Gerechtigkeit erleichtere eine Auseinandersetzung mit der schmerzhaften Vergangenheit, macht er gegenüber Radio Vatikan deutlich. Auch der Jesuitenorden habe im Kontext kirchlicher Schuld in Kanada einiges aufzuarbeiten, räumt er unumwunden ein und verweist auf Verbrechen, die sich in einem Internat der Jesuiten in Ontario zu Beginn des 20. Jahrhunderts ereignet haben. Der Orden habe hier seit 2015 einen Aufarbeitungsprozess begonnen und einen Weg der Versöhnung eingeschlagen, was zu einem Wandel im Verhältnis zu den Indigenen beigetragen habe.  

„Unsere Beziehungen zu einigen indigenen Gruppen haben sich vertieft und ausgeweitet“, so der Jesuit. „Sich zu entschuldigen und zu versuchen, sich zu versöhnen, ist schmerzhaft, aber das ist es wert“. Pater Mongeau plädiert für einen Mentalitätswechsel und einen Wandel auf mehreren Ebenen in Kanadas Prozess der Aufarbeitung: „Was das Land braucht, ist ein Wandel, der sich kulturell, politisch, wirtschaftlich und zwischenmenschlich auswirkt und der dazu führt, meine indigenen Schwestern und Brüder als meine Nachbarn anzuerkennen“, formuliert der kanadische Jesuit.

(vatican news - pr)

 

 

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28. Juli 2022, 13:55