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Anschlagsopfer in Owo Anschlagsopfer in Owo 

Terror in Nigeria - unser Interview mit Kardinal Onaiyekan

Nach dem jüngsten Anschlag auf eine Pfingstmesse in Owo hat Kardinal John Onaiyekan eine systematische Straflosigkeit und ein Versagen der Behörden in Nigeria beklagt. Im Interview mit Radio Vatikan warb er zugleich für den interreligiösen Dialog, um Spannungen und Gewalt vorzubeugen.

Olivier Bonnell und Anne Preckel - Vatikanstadt

Es ist noch unklar, wer genau hinter dem blutigen Angriff steckt, der am Sonntag auf eine Kirche in der Stadt Owo im südwestlichen Bundesstaat Ondo verübt wurde. Bewaffnete eröffneten das Feuer auf Gläubige in der Kirche des Heiligen Franz Xaver und töteten mindestens 50 Menschen, darunter Frauen und Kinder. Augenzeugen hätten berichtet, dass es sich bei den Angreifern um muslimische Hirten gehandelt habe, berichtet der nigerianische Kardinal John Onaiyekan, der zugleich vor einer Deutung des Übergriffs als Religionskonflikt warnte.

„Wenn an einem Sonntag eine Kirche angegriffen wird, können Sie die Gläubigen dort nicht davon abhalten, zu denken, dass sie ins Visier genommen werden, weil sie Christen sind. Das hilft den Bemühungen von Christen und Muslimen, gute Beziehungen in Nigeria aufrechtzuerhalten, in keiner Weise. Sowohl Christen als auch Muslime müssen zusammenhalten und sich diesen Kriminellen entgegenstellen“, appellierte der Kardinal, der von vorschnellen Verurteilungen abriet.

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Keine voreiligen Schlüsse ziehen

Auch die Regierung und zivilen Behörden hätten die Bürger aufgefordert, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen, sondern die Ermittlungen abzuwarten, so der emeritierte Erzbischof der Hauptstadtdiözese Abuja weiter. Onaiyekan prangert seit Jahren die blinde Gewalt und die Anschläge an, die im Land gegen christliche und nicht-christliche Gemeinden verübt werden.

Abgesehen vom Terror der islamistischen Sekte Boko Haram kommt es in Nigeria immer wieder zu Konflikten zwischen zumeist christlichen, sesshaften Bauern und muslimischen Hirtennomaden, die über Weideland und Ressourcen aneinandergeraten. Ob der Anschlag vom Sonntag diesen Hintergrund hat, bleibt zu klären.

Kirche verurteilt Straflosigkeit

Im Gespräch mit Radio Vatikan kritisiert Kardinal Onaiyekan, die Regierung verspreche regelmäßig, die Mörder zu verfolgen, tue aber de facto nichts:

„Es ist nicht das erste Mal, dass bewaffnete Männer unschuldige Menschen angreifen, aber was am Pfingsttag passiert ist, ist besonders schockierend. (…) Die Regierung verurteilt die Vorfälle und dann passiert nichts. Und wir warten. Es ist schrecklich. So etwas sollte in keinem Land passieren.“

Mit Blick auf die verbreitete Straflosigkeit in Nigeria forderten am Montag auch Vertreter des Katholischen Laienrates (CLC) in Nigeria die Festnahme der Angreifer und eine Ahndung des Verbrechens „nach den Gesetzen des Landes“.

Reaktionen auf den Anschlag

Nigerias Präsident Muhammadu Buhari sprach nach der Attacke von einem „abscheulichen Mord an Gläubigen“. Der Gouverneur des Bundesstaates Ondo, Oluwarotimi Akeredolu, rief in seiner Erklärung die Sicherheitskräfte dazu auf, die Angreifer nach diesem „schändlichen und satanischen Angriff“ zu finden. Laut der Sprecherin der Polizei des Bundesstaates, Ibukun Odunlami, wurde der Angriff mit Schusswaffen und Sprengstoff verübt. Die Sicherheitslage in Nigeria gilt seit längerem als angespannt. Zuletzt erlebte das bevölkerungsreichste Land Afrikas eine neue Welle der Gewalt. Es ist allerdings das erste Mal, dass ein großer Anschlag auf eine Kirche im überwiegend christlichen Süden verübt wurde.

Papst Franziskus zeigte sich in einem Beileidstelegramm vom Dienstag „tief betroffen“ über die „unsägliche Gewalt“ am Sonntag. Er bete für die Bekehrung der Attentäter des Pfingst-Anschlages auf Katholiken im Süden Nigerias, heißt es darin wörtlich. 


(vatican news/diverse – pr)

 

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07. Juni 2022, 13:35