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Russischer Bombenangriff auf Raffinerie bei Odessa, Ukraine Russischer Bombenangriff auf Raffinerie bei Odessa, Ukraine 

Polen: Erzbischof empfiehlt dem Vatikan andere Russland-Politik

Der Vorsitzende der katholischen Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanislaw Gądecki, hält die Russlandpolitik des Heiligen Stuhles für überholungsbedürftig. Der Vatikan solle „reifer mit Russland umgehen, denn die alte und momentane Herangehensweise erscheint sehr naiv und utopisch", sagte Gadecki Polens katholischer Nachrichtenagentur KAI am Montag.

Hintergrund ist der vom russischen Präsidenten Putin entfesselte Krieg gegen die Ukraine. Selbstverständlich seien Kontaktaufnahme zu Moskau und Dialog edle Ziele, sagte Gądecki. Damit gehe aber aus seiner Sicht derzeit keine „ausreichend ernsthafte Reflexion auf der Seite des Vatikans" einher.

Gądecki verwies darauf, dass Russlands Präsident Wladimir Putin Papst Franziskus bewusst erniedrigt habe, indem er zu mehreren Audienzen einige Stunden zu spät gekommen sei. „Der Heilige Stuhl sollte sich darüber im Klaren sein, dass er in seinen Beziehungen zu Russland - gelinde gesagt - vorsichtiger sein sollte, weil die Erfahrungen der mittel- und osteuropäischen Länder zeigen, dass Lügen die zweite Wesensart der russischen Diplomatie sind", so der Erzbischof wörtlich. Zugleich unterschätze der Heilige Stuhl offenbar die Staaten Mittel- und Osteuropas. In der aktuellen Kriegssituation sei es am wichtigsten, dass der Heilige Stuhl auf allen Ebenen die Ukraine unterstütze.

Gemeinsam mit zwei weiteren polnischen Erzbischöfen besuchte Gądecki vergangene Woche die Ukraine. In Kiew sprachen sie auch mit dem vatikanischen Außenbeauftragten Erzbischof Paul Gallagher, der ebenfalls in die Ukraine gereist war.

Papst-Aussagen zur Nato stießen in Polen auf Kritik

In Polen stieß auf Kritik, dass sich der Papst zuerst mit Putin in Moskau treffen wollte, statt in die Ukraine zu reisen. Der Kreml-Chef hat bisher auf die Anfrage aus dem Vatikan nicht reagiert. Zudem werteten es in einer Umfrage fast 79 Prozent der Polen als schlecht, dass Franziskus der Nato eine mögliche Mitverantwortung für Russlands Einmarsch in die Ukraine zugewiesen habe. Der Papst hatte in einem italienischen Zeitungsinterview die Vermutung geäußert, das „Bellen der Nato an Russlands Tür" habe den Zorn des russischen Präsidenten Wladimir Putin womöglich begünstigt.

Polen und insbesondere auch die nordeuropäischen Staaten des Baltikum misstrauen Russland aus historischen Gründen massiv. Wenn Westeuropa „die polnische Angst vor Russland nicht versteht", sähen die Polen darin einen „Ausdruck von Ignoranz und Naivität", schrieb der polnische Philosoph Janusz A. Majcherek im deutsch-polnischen Magazin „Dialog". Die polnische Einstellung zu Russland und den Russen habe sich infolge der jüngeren Geschichte herausgebildet, die „als eine ständige, aggressive Expansion Russlands auf Kosten Polens verlief". 

(kap/diverse– gs)

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24. Mai 2022, 10:59