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Nadiejda, 81 Jahre, ukrainische Uroma, die mit Enkeln nach Rumänien floh Nadiejda, 81 Jahre, ukrainische Uroma, die mit Enkeln nach Rumänien floh 

Ukraine: Mit 81 Jahren auf der Flucht aus Kiew

Die 81-jährige Nadiejda aus Kiew hat mit ihrer Tochter und zwei Enkeln in den letzten Tagen 1.000 Kilometer zurückgelegt, um im rumänischen Sighet Zuflucht vor dem Krieg zu finden. Im Interview mit Vatican News berichtet sie über ihre Erlebnisse und darüber, was sie jetzt vorhat.

Jean Charles Putzolu – Oradea (Rumänien)

Vatican News begegnet der alten Dame mit den wachen, freundlichen Augen im Kloster der Ordensschwestern der Kongregation der Mutter Gottes in Sighet, Rumänien. Die 81-Jährige bereitet sich in der dortigen Kapelle auf die byzantinisch-griechisch-katholische Liturgie vor. Ein stiller Ort in einem großen Haus, in dem seit nunmehr zwei Wochen jeden Tag Dutzende von Flüchtlingen ankommen.

Uroma reist mit Tochter und Enkeln über 1.000 Kilometer

„Mein Name ist Nadiejda, ich komme aus Kiew“, stellt sich uns die Frau zunächst auf Ukrainisch vor. Dann berichtet sie auf Englisch von ihrer Flucht aus der Heimat, die sie – anders als viele andere Ukrainer, die derzeit in umkämpften Städten festsitzen – noch verlassen konnte. Von Kiew aus habe sie mit ihrer Tochter, ihrer Enkelin, ihrem vierjährigen Urenkel und einer ebenfalls 81-jährigen Frau eine Reise von über 1000 Kilometern zurückgelegt – im Zug, im Taxi und schließlich im Auto. Dies sei vor allem durch ukrainische Bürger möglich geworden, die ihren Landsleuten dabei halfen, über humanitäre Korridore zu fliehen. Auch den gastfreundlichen Ordensschwestern, bei denen die Gruppe in Rumänien unterkam, ist Nadiejda dankbar.

„Ich bin sehr froh, hier zu sein. Die Leute sind sehr angenehm und nett zu uns. Und dafür sind wir ihnen dankbar.“ Nadiejda und ihre Angehörigen kamen am 6. März in Rumänien an. Wie ein Drittel der Ukraine-Flüchtlinge in Rumänien will auch Nadiejda bleiben und in kein anderes Land weiterreisen: „Weil ich 81 Jahre alt bin und die andere Dame, die bei mir ist, ebenso. Wir sind zwei alte Frauen, sehen Sie?“ Außerdem seien ihr vierjähriger Urenkel, ihre 32-jährige Enkelin und ihre 55-jährige Tochter mit ihr zusammen aus Kiew geflohen: „Wir sind hier zu fünft“, so Nadiejda.

Flucht vor dem Krieg aus Kiew

Nadiejda kommt dann auf die schwierigen Umstände ihrer Flucht zu sprechen. Gleich am ersten Kriegstag war es in Kiew dramatisch: „Am 24. Februar [dem ersten Tag des Krieges] fiel eine Rakete in der Nähe unseres Hauses nieder, und meine Tochter hatte große Angst“. Glücklicherweise sei die Rakete von ukrainischen Soldaten abgefangen worden: „Sie ist nebenan eingeschlagen und hat unser Haus nicht zerstört. Wir hatten große Angst und begaben uns auf die Flucht in den Westen der Ukraine. Von dort aus nahmen wir ein Taxi und dann einen Zug nach Kordon.“

Kordon liegt am Schwarzen Meer, 500 km südlich von Kiew und direkt östlich von Odessa. Ein Netzwerk von ukrainischen Freiwilligen half den Frauen, nach Moldawien zu gelangen und begleitete sie mit dem Auto bis ins rumänische Sighet.

„Er hat alles zerstört“

Nadiejda muss immer wieder an „ihre“ Ukraine denken. „Er hat alles zerstört“, sagt sie über den russischen Präsidenten. „Er hat unser Kiew zerstört, eine so schöne Stadt! Er hat Mariupol, Odessa und Charkow in einen Trümmerhaufen verwandelt. Er hat alles zerstört. Alles zerstört!“ Bevor sie die Hauptstadt verließ, wurde die Seniorin Zeugin des Ausmaßes der Zerstörung: „Ich habe zerstörte Häuser, zerstörte Geschäfte und bombardierte Straßen gesehen, vor allem in der Umgebung von Kiew.“

Eine Uroma auf der Flucht

Viele Menschen sind eingekesselt

Nadiejda weiß, dass viele Menschen die Ukraine nicht verlassen konnten, und sie denkt an diejenigen, die unter den Bomben in Kiew zurückblieben: „Die Menschen haben Angst. Die Menschen leiden. Viele Menschen bleiben in Kiew, weil sie keine Möglichkeit haben, in andere Länder zu gehen: viele kranke Kinder, viele arme und alte Menschen.“ Aus dem belagerten Mariupol ist derzeit sogar kaum eine Ausreise möglich, die Lage der Menschen dort droht sich aufgrund Versorgungsengpässen zu einer humanitären Katastrophe auszuwachsen.

Angesichts der enormen Flüchtlingswelle haben katholische Hilfswerke derweil ihre Ukraine-Nothilfe aufgestockt, in der Ukraine selbst und für die Aufnahme von Flüchtlingen in den Nachbarstaaten. Viele dieser Anrainerländer sind laut Hilfswerkangaben jedoch zum Teil schon jetzt an die Grenzen ihrer Aufnahmekapazität gelangt.

(vatican news/pm – jean charles potzolu / pr )

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11. März 2022, 13:17