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Gemeinsames Osterdatum? Ein Plädoyer von Bert Groen

Die Chancen eines gemeinsamen Osterdatums aller Kirchen hebt der Grazer Ökumene-Experte Basilius Bert Groen hervor. Alle Kirchen regt er dazu an, ihre eigenen konfessionellen Identitäten nicht für absolut zu erklären, sondern im Geist der Einheit auch Opfer zu bringen.

Der Befürworter eines gemeinsamen Ostertermins wiegt in seiner aktualisierten Publikation Chancen und Hindernisse rund um einen solchen Vorstoß ab und spricht sich persönlich für die Umsetzung des sogenannten „Aleppo-Modells“ aus. Groen zeige sich darin zugleich realistisch über eine wohl nicht schnelle Umsetzung desselben, berichtete der Pro Oriente-Pressedienst. Groens auf Englisch verfügbarer Text („Calendrical Labyrinth and Paschal Envisioning: Ecumenical Perspectives on the Thorny Path towards a Common Easter Date“) aktualisiert und erweitert einen Grundsatzvortrag des Ökumene-Experten von 2013.

Ein gemeinsamer Osterzyklus würde positiv bedeuten, „dass die östliche und die westliche Christenheit ihre liturgischen theologischen Schätze und ihre beeindruckenden Gottesdienste während der Großen Fastenzeit, der Karwoche, Ostern und der fünfzig Tage bis Pfingsten besser teilen können“, so Groen.

„Modell von Aleppo“

Das „Modell von Aleppo“ hatte eine eigens dazu eingerichtete Kommission des Weltkirchenrates 1997 in Aleppo (Syrien) erarbeitet und verabschiedet. Es soll demnach die Vorschrift aus dem ersten Ökumenischen Konzil von Nizäa übernommen werden, wonach Ostern auf den ersten Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond fallen muss. Die genaue Bestimmung des Frühlingsbeginns überlässt das Modell aber dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Forschung. „Die ökumenische Pointe dieses Vorschlags“ sei, dass es „den Meridian von Jerusalem als geografischen Bezugspunkt“ habe, urteilt Pro Oriente. Dieses Modell stimme freilich großteils mit dem Gregorianischen Kalender überein.

Während es für das „Aleppo-Modell“ vom Westen wie auch von Patriarchat von Konstantinopel durchaus Zuspruch gegeben hat, hätten viele orthodoxe Kirchen überhaupt nicht reagiert, räumt Groen aber ein, der in seinem Vortrag laut Pro Oriente auch nicht mit Kritik an der Ost- wie Westkirche spart: „Sicherlich sind viele Christinnen und Christen in Ost und West heute bereit, in diese Richtung zu gehen. Doch gleichzeitig zeigt eine Vielzahl von Gruppen keinerlei Willen, einen solchen Schritt zu tun."

Zugeständnisse machen

Das Fazit des Ökumene-Experten: Um sich in der dornigen Kalenderfrage anzunähern, „bedarf es offensichtlich eines hohen Maßes an sorgfältiger Bildung und pastoraler Sensibilität“. Groen mahnte von allen Kirchen die Bereitschaft ein, ihre eigenen konfessionellen Identitäten nicht für absolut zu erklären, sondern im Geist der Einheit auch Opfer zu bringen, „Zugeständnisse zu machen oder den ersten Schritt in Richtung Einheit zu setzen“. In der Ökumene gehe es nicht um ein Gewinnen oder Verlieren.

Prof. Groen war bis 2018 ordentlicher Professor für Liturgiewissenschaft und Sakramententheologie an der Universität Graz, wo er auch den UNESCO-Lehrstuhl für Interkulturellen und Interreligiösen Dialog in Südosteuropa innehatte. Zurzeit ist er Gastprofessor an der Katholischen Universität Löwen und am Päpstlichen Ostkirchlichen Institut in Rom. Prof. Groen ist seit 2003 Konsultor der Stiftung PRO ORIENTE und war u.a. von 2005 bis 2009 Vorsitzender der PRO ORIENTE-Sektion Graz.

(poi – pr)

 

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14. Januar 2022, 15:21