Auswanderungswillige Familie in Kabul Auswanderungswillige Familie in Kabul 

Afghanistan: Die Truppen gehen, die Ordensfrauen bleiben

Während die US-Truppen bald aus Afghanistan abziehen, nehmen Gewalt und Armut zu. Das berichten Ordensfrauen, die seit langer Zeit in dem von Spannungen zerrissenen asiatischen Land wirken. Die Schwestern wollen in dieser risikoreichen Lage Afghanistan nicht verlassen, sondern ihren Einsatz verstärken, berichtet Asianews.

„In Afghanistan ist Gewalt normal, und die Situation verschlimmert sich von Tag zu Tag", zitiert die Agentur die pakistanische Ordensfrau Shahnaz Bhatti, die seit Jahren in der afghanischen Hauptstadt Kabul lebt. Zwei Jahrzehnte nach Beginn der von den USA geführten Friedensmission, die dem Land Demokratie bringen sollte, „fließt das Blut in den Straßen, als wäre es Wasser", so die Schwester.

Am 11. September werden die letzten US-Soldaten das Land verlassen. Das sieht das Abkommen vor, das Washington und die Taliban im vergangenen Jahr in Doha unterzeichneten. Im Gegenzug sollen die Taliban ihre Terroranschläge einstellen. Die afghanischen Islamisten verpflichteten sich außerdem, dschihadistischen Gruppen wie al-Qaida keine Zuflucht mehr zu gewähren. Die Wirklichkeit ist von diesem Abkommen noch weit entfernt. Täglich kommt es in Afghanistan zu Bombenanschlägen und gezielten Morden. Im Visier stehen Beamte, Journalisten, Anwälte, aber auch medizinisches Personal, Studierende und vor allem Schulmädchen.

Täglich Anschläge und Morde

Schwester Shanaz Bhatti von der Kongregation der „Töchter der Liebe“ der Heiligen Jeanne-Antida Thouret (SDC) arbeitet in einer Schule für behinderte Kinder in Kabul, nach Angaben von Asianews die einzige Einrichtung dieser Art in ganz Afghanistan. Eine indische Mitschwester leitet die Schule, in Kürze wird eine dritte Ordensfrau zur Unterstützung der Jungen und Mädchen in Kabul erwartet. Die Kinder kommen aus Stadtteilen, in denen kein Tag ohne eine Explosion vergeht, und auch das Heim selbst liegt in einem dieser Viertel, so die Schwestern. Sie hätten bewusst darauf verzichtet, sich in einer sichereren Gegend anzusiedeln, weil sie „mit den normalen Leuten sein wollten“. Die Lehrkräfte und die übrigen Beschäftigen seien alles Afghanen.

„Mädchen dürfen zwar jetzt zur Schule gehen, aber nicht in den von den Taliban kontrollierten Gebieten“

Was die Lage der Frauen in Afghanistan anlangt, sehen die Schwestern keine Verbesserung. „Mädchen dürfen zwar jetzt zur Schule gehen, aber nicht in den von den Taliban kontrollierten Gebieten, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass selbst in der Stadt in letzter Zeit Schülerinnen ein bevorzugtes Ziel von Angriffen geworden sind".

Frauen seien bereits ein aktiver Teil der Gesellschaft und wollten es auch werden, „vor allem die jüngeren, die zum Wachstum des Landes beitragen könnten, ebenso wie viele afghanische Jugendliche, die voller guten Willens und Ressourcen sind".

Doch das politische Szenario sieht düster aus. Die Möglichkeit einer von den Taliban geführten Regierung schreckt diejenigen, die sich für eine liberalere und demokratischere Gesellschaft eingesetzt haben. Und es besteht die Gefahr eines neuen Bürgerkriegs. „Wir sind sehr besorgt", erklären die beiden Ordensfrauen. In dieser Lage wollen sie ihren Einsatz noch verstärken: Ab dem neuen Schuljahr soll die Zahl der Schüler und Schülerinnen auf 60 erhöht werden.

(asianews – gs)

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31. Juli 2021, 10:37