Haiti: Bei einer Kundgebung in Port-au-Prince fordern Menschen den Rücktritt des Präsidenten Haiti: Bei einer Kundgebung in Port-au-Prince fordern Menschen den Rücktritt des Präsidenten  

Haiti: Bischöfe lehnen Verfassungs-Referendum ab

Haiti steht inmitten einer dramatischen Krise, es ist nicht die Zeit für eine Änderung der Verfassung. Mit diesem Argument haben die Bischöfe des bitterarmen Karibik-Staates die Regierung von Präsident Jovenel Moïse dazu aufgefordert, das für den 27. Juni geplante Referendum zur Verfassungsänderung abzusagen.

Die Bischöfe nennen in ihrer Stellungnahme, aus der der vatikanische Fidesdienst zitiert, eine Reihe „erschreckender Übel“, die Haiti derzeit plagen: schwerbewaffnete Banden, die die Bevölkerung terrorisieren, Gewalt in allen Formen, Entführungen, Unsicherheit, die die freie Bewegung innerhalb des nationalen Territoriums verhindert, Kriminalität, Straflosigkeit, politische Instabilität, Verfall der staatlichen Strukturen, hohe Lebenshaltungskosten, Wiederaufleben von Covid-19. „In einem derart schädlichen sozio-politischen und wirtschaftlichen Klima bitten wir die politischen Führer eindringlich, den Bürgern nicht noch mehr schwere Lasten aufzubürden“, so die Bischöfe. Zu diesen Lasten gehört aus Sicht des haitianischen Episkopats „unter anderem der Wunsch, das Land um jeden Preis per Referendum mit einer neuen Verfassung zu versehen".

Die Bischöfe stellen sich damit auf die Seite gemäßigter Oppositionsparteien und Bürgerplattformen, die eine Verfassungsänderung in Haiti zu diesem Zeitpunkt ebenfalls ablehnen. Schon vergangene Woche hatten Tausende gegen die Pläne der Regierung demonstriert und dem Präsidenten vorgeworfen, eine Diktatur errichten zu wollen. Seit Herbst 2019, als die geplanten Parlamentswahlen ausfielen, besteht der haitianische Senat formell gar nicht mehr, was die institutionelle Krise stark befeuerte.

„Die Entscheidung, eine Verfassung zu ersetzen, sollte nicht inmitten einer politischen Krise getroffen werden“

„Die Entscheidung, eine Verfassung zu ersetzen, sollte nicht inmitten einer politischen Krise getroffen werden, in der es schwierig ist, einen Konsens zu finden, um aus ihr herauszukommen“, teilten die katholischen Bischöfe mit. Wer so weitermache, stürze das Land in eine noch tiefere Krise. Die gegenwärtige soziale und politische Situation bestehe „aus Spaltungen, Misstrauen und Gewalt aller Art“, während eine Verfassungsänderung „die Bündelung aller Lebenskräfte der Nation“ voraussetzen würde. „Der Verzicht auf das Referendumsprojekt wäre daher die weise Entscheidung des Augenblicks", heißt es in der Mitteilung.

Schwere Bedenken gegen die von Präsident Moïse geplante neue Verfassung haben nicht nur die haitianische Opposition und breite Schichten der Bevölkerung, sondern auch die internationale Gemeinschaft. Die Vereinten Nationen (UN), die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und Länder wie die Vereinigten Staaten haben den Konsultationsprozess um die neue Verfassung als nicht hinreichend inklusiv kritisiert. Der Präsident beabsichtigt außerdem, im September Präsidentschafts- und Parlamentswahlen abzuhalten.

(fides/diverse- gs)

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02. Juni 2021, 10:44