Margaret Karram, Präsidentin der Fokolarbewegung Margaret Karram, Präsidentin der Fokolarbewegung 

Heiliges Land: Mit Respekt und Geduld

Bei den anhaltenden Unruhen im Heiligen Land spielen auch religiöse Elemente eine Rolle, „aber leider wird die Religion - wie auch in vielen anderen Konflikten - oft dazu missbraucht, die eigentlichen Motive zu verschleiern“. Darauf hat Margaret Karram, seit Februar Präsidentin der Fokolarbewegung, jetzt verwiesen.

Die 58-jährige christliche Palästinenserin wuchs in Haifa (Israel) auf, wo ein toleranter Umgang mit verschiedenen Traditionen und religiösen Überzeugungen vorherrsche. In ihrer späteren Zeit in Jerusalem - einer Stadt, die von drei Religionen beansprucht wird - habe sie Spannungen viel stärker wahrgenommen.

Zuhören ohne Vorurteile und Vorbedingungen

Die unterschiedlichen Erfahrungen dieser beiden Lebensphasen seien für sie ein Grund zur Hoffnung für die Zukunft, sagte Karram im Interview des steirischen „Sonntagsblatt“. „Denn sie zeigen mir: Es hängt nur von uns ab, ob wir als Personen in der Lage sind, neue Beziehungen zu knüpfen auf der Basis von Respekt, Geduld und dem Bewusstsein, dass wir immer nur uns selbst ändern können, anstatt zu erwarten, dass die anderen sich ändern.“

Die aus einer katholisch-palästinensischen Familie stammende Araberin studierte in den USA Judaistik und wurde für Ihr Engagement im Dialog mit Juden wie Muslimen mehrfach ausgezeichnet. Interreligiöser Dialog könne dann gelingen, wenn er vom Bedürfnis getragen sei, „möglichst unmittelbar mit der Person, der ich begegne, eine geschwisterliche Beziehung aufzubauen“. Es gelte das Gegenüber „mit der Einfachheit des Evangeliums zu lieben, so wie Jesus es tun würde, also ihn oder sie wirklich spüren zu lassen, dass er Bruder, dass sie Schwester ist“. Das Zuhören müsse mit einem Herzen und einem Verstand erfolgen, die frei von Vorurteilen und Vorbedingungen sind; dann könne man die Perspektive des anderen einnehmen, um seine Beweggründe zu verstehen, so Karram.

„Werkzeug in seiner Hand sein, um mehr Einheit in diese Welt zu bringen“

Über die Rolle der christlichen Minderheit in Israel und die Gefahr befragt, dass sie im Konflikt zwischen Juden und Muslimen aufgerieben werden, verwies die Präsidentin der Fokolarbewegung auf eine Aussage des Lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Pierbattista Pizzaballa. Er hatte es als „größte Herausforderung“ bezeichnet, „uns nicht darauf zu beschränken, die schwierige Situation, in der wir leben, zu ertragen, sondern uns aktiv und kritisch einzubringen, verankert in und beseelt von der Hoffnung des Evangeliums.“ Sie selbst wolle der Einladung Jesu folgen, „Werkzeug in seiner Hand zu sein, um mehr Einheit in diese Welt zu bringen und dazu beizutragen, dass sich sein letzter Wunsch erfüllt, dass alle eins seien“.

Fokolarbewegung während Weltkriegs gegründet

Die Fokolarbewegung wurde 1943 in Trient von der damals 23-jährigen Chiara Lubich gegründet. Der geistlichen Aufbruchsbewegung stehen nach eigenen Angaben rund zwei Millionen Menschen in 182 Ländern nahe. Unter ihnen sind neben Katholiken auch andere Christen sowie Angehörige anderer Religionen wie Judentum, Islam, Buddhismus und Hinduismus, aber auch Menschen ohne religiöses Bekenntnis. Etwa 120.000 Mitglieder, darunter auch Priester und Bischöfe, gehören der Bewegung im engeren Sinn an. Das Statut schreibt ausdrücklich vor, dass an der Spitze der Bewegung eine Frau steht. Für die 2008 verstorbene Gründerin Chiara Lubich läuft ein Seligsprechungsverfahren.

Anliegen der Fokolarbewegung ist es, aus einem Geist des Evangeliums heraus Respekt und Toleranz zwischen Menschen zu stärken und zu mehr Geschwisterlichkeit und Einheit in der Welt beizutragen. Entsprechend ist man auch stark im ökumenischen und interreligiösen Dialog engagiert. In Österreich besteht die Gemeinschaft seit über 50 Jahren und zählte zuletzt rund 1.300 Mitglieder sowie mehr als 20.000 Sympathisanten. Auch der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl ist in der Bewegung geistlich beheimatet.

(kap – pr)
 

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27. Mai 2021, 13:54