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Magnolienblüte am Mailänder Dom Magnolienblüte am Mailänder Dom 

Italien: „Die Grundprobleme unserer Menschen sind andere”

Italiens Kirche beginnt einen synodalen Weg: Auftakt des vom Papst gewünschten Prozesses war die Vollversammlung der Italienischen Bischofskonferenz in Rom, die am Donnerstag zu Ende ging.

„Der Papst bestand darauf, dass der synodale Weg gleichzeitig von unten nach oben und von oben nach unten verlaufen muss: Wir beginnen mit den Pfarreien und Diözesen”, erklärte der Konferenz-Vorsitzende Kardinal Gualtiero Bassetti auf einer Pressekonferenz zum Abschluss des knapp viertägigen Treffens. „Dann wird eine Antwort auf die unterschiedlichen Probleme von den Bischöfen kommen, vom Lehramt - aber nicht von oben, sondern von unten, von allen zusammen.” 

Laut den italienischen Bischöfen geht es bei dem synodalen Prozess vor allem darum, das „kirchliche Wir” zu stärken. Ziel ist demnach „eine glaub- und vertrauenswürdige” Präsenz der Kirche bei den Menschen des Landes. Er sei davon überzeugt, dass diese Synodalität die Kirche „von innen heraus” erneuern könne, so Kardinal Bassetti. Und weiter: „Den Problemen der Menschen kann man nicht ausweichen.”

Bassetti bei der Pressekonferenz
Bassetti bei der Pressekonferenz

Abgrenzung vom deutschen Synodalen Weg

Bassetti grenzte den synodalen Weg der italienischen Kirche von dem der deutschen Kirche ab: „Der synodale Weg, den die italienische Kirche beginnt, geht von Bedingungen aus, die sich sehr von denen in Deutschland unterscheiden, das mit ganz besonderen Problemen konfrontiert war. Die Grundprobleme unserer Menschen sind ganz andere: Einsamkeit, die Erziehung der Kinder, die Schwierigkeiten derjenigen, die mangels Arbeit nicht über die Runden kommen, die emotionale Unreife, die zum Auseinanderbrechen von Familien führt.”

„Die Grundprobleme unserer Menschen sind ganz andere“

Die Frage des Zölibats und des Frauenpriestertums seien hingegen „nicht die grundlegenden Probleme”, präzisierte Bassetti weiter. Der synodale Prozess muss sich nach Ansicht der italienischen Bischöfe vor allem im Umgang mit den Folgen der Covid-Pandemie zeigen. Neben den gesundheitlichen Opfern, die das Virus fordere, sei wegen der Lockdown-Maßnahmen das „soziale Gewebe” der Gesellschaft beschädigt. Die Kirche stehe bereit, den Nationalen Plan zu Neuanfang und Stärkung (PNRR) der Regierung zu unterstützen, bekräftigte die Bischofskonferenz.

Sorge über Geburtenrückgang

Auch über den beunruhigenden Geburtenrückgang in Italien sei man mit der Politik im Gespräch, so Kardinal Bassetti: „Wir Bischöfe haben darüber mit Ministerpräsident Draghi gesprochen und darauf bestanden, dass wir alle Bedingungen schaffen müssen, damit die Menschen in einem günstigen Klima leben können, um Kinder zu bekommen.” Die Kirche begrüße entsprechende staatliche Hilfen für Familien wie etwa das ab diesem Sommer geplante Kindergeld (assegno unico).

In ihrer Abschlusserklärung verweisen die Bischöfe auf bisher latente innerkirchliche Entwicklungen, welche die Pandemie enthüllt habe. Dazu zählen abnehmende Teilnehmerzahlen bei Gottesdiensten und anderen kirchlichen Aktivitäten. In einer Gesellschaft, „die sich entchristlicht”, gebe es gleichzeitig eine drängender werdende, aber anders gestellte Frage nach Gott. Das solle die Kirche als Chance wahrnehmen.

Franziskus am Montag bei seinem Besuch bei der Italienischen Bischofskonferenz
Franziskus am Montag bei seinem Besuch bei der Italienischen Bischofskonferenz

Italiens synodaler Prozess

Der synodale Prozess, zu dem der Papst die Bischöfe vor einigen Monaten erneut nachdrücklich aufgefordert hatte, soll von einer Arbeitsgruppe des Ständigen Rates der Bischofskonferenz organisiert werden. Dabei sollen Themen, Ablauf und Formen mit den Vorgaben des synodalen Prozesses, zu dem der Papst die gesamte Weltkirche aufruft, harmonisiert werden.

Zur Eröffnung der Vollversammlung der Italienischen Bischofskonferenz am Montag hatte Papst Franziskus die insgesamt 213 teilnehmenden Bischöfe persönlich an ihrem Tagungsort in einem römischen Kongresshotel besucht. In seiner Eröffnungsrede kritisierte er, die Kirche in Italien habe „vergessen”, wichtige Impulse des kirchlichen Nationalkonvents 2015 in Florenz aufzugreifen und umzusetzen. Damals hatte Franziskus davor gewarnt, sich den Herausforderungen der Zeit durch ein Festhalten an überholten Vorstellungen zu entziehen. Die christliche Lehre sei kein in sich geschlossenes System, sondern lebendig - vor allem aber entwicklungsfähig.

Neue stellvertretende Vorsitzende

Neben etlichen Neubesetzungen bei verschiedenen ihrer Kommissionen wählte die italienische Bischofskonferenz am Mittwoch zwei neue stellvertretende Vorsitzende: Erzbischof Erio Castellucci (60) von Modena-Nonantola und Carpi sowie Erzbischof Giuseppe Andrea Salvatore Baturi von Cagliari (57). Die beiden sind regional für Nord- und Mittelitalien zuständig. Den Süden vertritt weiterhin Erzbischof Antonino Raspanti von Acireale als Vizepräsident. Vorsitzender der Konferenz ist weiterhin Kardinal Gualtiero Bassetti von Perugia-Citta della Pieve, Generalsekretär Bischof Stefano Russo.

Ein weiterer Punkt der Beratungen war eine Zwischenbilanz des kirchlichen Einsatzes gegen Missbrauch zwei Jahre nach der Neufassung ihrer Leitlinien. Demnach wurden seither 16 regionale Dienststellen eingerichtet, die von je einem Koordinator geleitet und von einem jeweils beauftragten Bischof betreut werden. Darüber hinaus seien knapp 220 diözesane Anlaufstellen errichtet worden.

(vatican news/kna – pr)

 

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28. Mai 2021, 11:44