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Mitarbeiter des Gesundheitswesens passen ihre Ausrüstung während der Beerdigung einer Person an, bei der der Verdacht besteht, dass sie an Ebola gestorben ist, in Beni. Mitarbeiter des Gesundheitswesens passen ihre Ausrüstung während der Beerdigung einer Person an, bei der der Verdacht besteht, dass sie an Ebola gestorben ist, in Beni. 

Dem. Rep. Kongo: „UN-Friedensmission ist vollkommen uneffektiv“

Bischof Melchisedec Sikuli Paluku aus Butembo-Beni im Osten der Demokratischen Republik Kongo hat im Gespräch mit dem weltweiten päpstlichen Hilfswerk „Kirche in Not“ das Versagen der Regierung wie der stationierten UN-Truppen angesichts der anhaltenden Konflikte angeprangert.

In Bezug auf die seit Anfang April in der Region anhaltenden gewalttätigen Proteste der Zivilbevölkerung sagte der Bischof: „Man kann den Menschen, die wie Tiere geschlachtet werden, nicht einfach sagen, dass sie schweigen und nichts tun sollen. Sie protestieren, weil die UN-Friedensmission komplett uneffektiv ist. Aber mehr noch protestieren sie wegen der anhaltenden Konflikte, die nie geklärt worden sind und die noch immer andauern.“ Schwere Vorwürfe erhebt der Bischof auch gegen die Regierung des Landes. „Ich erkenne kein Zeichen der Besorgnis aufseiten der kongolesischen Regierung. Entweder ist es Schwäche oder Komplizenschaft.“

Seit 2013 über 6.000 Tote in der Region Beni

Sikuli Paluku führte Zahlen der Bischofskonferenz des Landes an, wonach in der Region Beni seit 2013 über 6.000 Menschen durch Milizen ums Leben gekommen sind. „Es wird geschätzt, dass es drei Millionen Binnenflüchtlinge gibt; etwa 7500 Menschen wurden verschleppt“, berichtete der Bischof. Schon bei seinem Amtsantritt vor 20 Jahren habe man von einer „Balkanisierung“ der Region gesprochen, also zunehmenden ethno-religiösen Konflikte. „Ich kann nur sagen, dass dieser Ausdruck bis heute zutrifft.“

Seit über zwei Jahrzehnten wird der Osten der Demokratischen Republik Kongo von Rebellenangriffen heimgesucht. Größte Gruppe ist aktuell die ADF (Allied Democratic Forces). Bereits seit 1999 sind Blauhelmtruppen im Rahmen der UN-Friedensmission MONUSCO im Land stationiert. Mitte April hatte Präsident Felix Tshisekedi nach einem viermonatigen Machtkampf mit seinem Amtsvorgänger Joseph Kabila eine neue Regierung vorgestellt. Diese erklärte die Sicherheit im Osten des Landes zur Priorität. Doch kurz nach Amtsantritt eskalierte die Gewalt erneut. Anfang Mai hat Präsident Tshisekedi Medienberichten zufolge über die beiden östlichen Provinzen Nord-Kivu und Ituri den „Belagerungszustand“ ausgerufen; das Militär hat dort wichtige Schlüsselpositionen übernommen. So hofft die Regierung, die Gewalt eindämmen zu können.

Milizen folgen religiöser und wirtschaftlicher Agenda

Beobachter vermuten hinter der Rebellengruppe ADF ein breites dschihadistisches Netzwerk. Die Gruppe selbst jedoch betont, es gehe ihr nicht um eine religiös-extremistische Agenda. Eine Behauptung, die Bischof Sikuli Paluku zurückweist: „Alle, die von diesen Terroristen entführt wurden und fliehen konnten, berichten dasselbe: Sie wurden vor die Wahl gestellt zwischen Tod und Konversion zum Islam.“ Auch seien in der Region viele neue Moscheen gebaut worden. „Es gibt ein großes Vorhaben, die lokale Bevölkerung zu islamisieren oder zu vertreiben“, sagte der Bischof. Als Geldgeber hätte in der Vergangenheit das libysche Regime unter Mouammar al-Gaddafi gedient. „Nun gibt es andere Quellen, die den Bau von Moscheen bezahlen.“

Dabei gehe es neben Religion auch um lukrative wirtschaftliche Interessen, sagte der Bischof: „In dieser Region gibt es viele Bodenschätze, die illegal abgebaut werden.“ Dabei handle es sich vor allem um Koltan. Das seltene Mineral wird zum Beispiel in Smartphones und vielen anderen Elektrogeräten verbaut. Laut Sikuli Paluku würden die Rohstoffe illegal über die Grenze ins Nachbarland Ruanda geschafft und dort weiterverarbeitet: „Wie kann man sonst Koltan-Raffinerien in Ruanda erklären, obwohl Koltan dort überhaupt nicht vorkommt?“

Er habe keine Bedenken, seine Kritik an den politischen Umständen frei zu äußeren, erklärte Bischof Sikuli Paluku. Die katholische Kirche erfülle im Land eine wichtige soziale Funktion, betreibe zum Beispiel viele Schulen und Krankenhäuser. Das wisse auch die Politik: „Der Kongo wäre ohne die Kirche nicht der Kongo. Deshalb haben wir das Glück, frei sprechen zu können.“

(kna - mg)

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04. Mai 2021, 16:46