Yohanna Ibrahim und Boulos Yazigi: Die Hoffnung schwindet, die beiden verschleppten Bischöfe lebend wiederzufinden... Yohanna Ibrahim und Boulos Yazigi: Die Hoffnung schwindet, die beiden verschleppten Bischöfe lebend wiederzufinden... 

Syrien: Keine Spur von den vor acht Jahren entführten Bischöfen

Nach acht Jahren ohne Lebenszeichen schwindet bei vielen die Hoffnung, die beiden am 22. April 2013 in Nordsyrien verschleppten Bischöfe wiederzusehen.

Jedenfalls werden am 22. April die Kirchenglocken in Aleppo läuten im Gedenken an die beiden Männer, erinnerte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in einer Aussendung vom Montag.

Bewaffnete hatten vor acht Jahren den Erzbischof der syrisch-orthodoxen Kirche, Mor Gregorius Yohanna Ibrahim, sowie den Erzbischof der griechisch-orthodoxen Kirche, Boulos Yazigi, in ihre Gewalt gebracht und verschleppt. Sie waren gemeinsam unterwegs zu Verhandlungen über die Freilassung eines von Islamisten gefangenen Priesters in der Nähe von Aleppo. Der Fahrer ihres Wagens wurde erschossen. 2014 erhielten die beiden verschwundenen orthodoxen Bischöfe auf Vorschlag der GfbV den Weimarer Menschenrechtspreis. Alle Bemühungen, mehr über ihren Verbleib zu erfahren, waren bis heute vergebens.

Eine bedrohliche Warnung für Minderheiten 

„Das war für viele Angehörige der christlichen, aber auch anderer religiöser Minderheiten eine äußerst bedrohliche Warnung“, sagte Kamal Sido, der Nahostfachmann der Gesellschaft für bedrohte Völker. Inzwischen seien „die meisten geflüchtet, so dass es in vielen Teilen Syriens keine religiöse Vielfalt mehr gibt“. Die jüdische Minderheit sei bereits in den 1950er Jahren geflohen, als es in Syrien zu immer größeren Konflikten mit Israel kam. Heute vertreibe ein „aggressiver Islamismus in den von der Türkei besetzten Gebieten“ Christen, Jesiden, Drusen und andere religiöse Minderheiten. In den Häusern Vertriebener würden meist Familien radikaler Islamisten untergebracht, heißt es laut der Mitteilung der Organisation.

Straße zwischen Aleppo und Syrien mit Werbeplakat für Präsident Assad
Straße zwischen Aleppo und Syrien mit Werbeplakat für Präsident Assad

Das Assad-Regime behellige die altansässigen christlichen Gemeinschaften nach wie vor nicht. Doch gegenüber neuen Kirchen, insbesondere evangelikalen Gemeinden, herrsche Misstrauen, sagte Sido. Der sunnitisch-arabischen Bevölkerung seien Menschen suspekt, die vom Islam zum Christentum konvertieren. In Gebieten unter Kontrolle der kurdisch dominierten „Syrischen Demokratischen Kräfte“ (SDF) herrsche unter der kurdisch-sunnitischen Bevölkerung mehr Toleranz. „Religiöse Minderheiten werden durch die ,Nordsyrische Autonome Verwaltung' geschützt. Religiöse Feste wie Weihnachten werden live von Medien übertragen.“

Waren um 1900 noch über 25 Prozent der Menschen im heutigen Syrien christlich, so liegt ihr Anteil heute bei etwa drei Prozent. Von 2011 bis heute schrumpfte die christliche Bevölkerung von 1,4 Millionen Angehörigen auf geschätzte 500.000 bis 700.000. In Syrien leben heute insgesamt etwa 19 Millionen Menschen.

(pm – gs)

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19. April 2021, 09:36