Afrika: Die Pandemie hat Afrika fest im Griff Afrika: Die Pandemie hat Afrika fest im Griff 

Impf-Countdown: Und was ist mit Afrika?

Während in Europa und den USA bereits Impfprogramme angelaufen sind, kann Afrika frühestens Mitte 2021 mit einem Impfstart rechnen. Dabei hat sich auch Papst Franziskus mehrfach gegen jeden Impfnationalismus ausgesprochen. Im Interview mit Radio Vatikan erklärt der afrikanische Jesuitenpater Charles Chilufya, welche Hindernisse auf globaler und lokaler Ebene beseitigt werden müssen, damit auch Afrika auf ein Ende der Pandemie hoffen kann.

Sr. Bernadette Mary Reis und Silvia Kritzenberger – Vatikanstadt

„Heute, in dieser Zeit der Dunkelheit und Ungewissheit aufgrund der Pandemie, erscheinen einige Lichter der Hoffnung, wie die Entwicklung von Impfstoffen. Aber damit diese Lichter die ganze Welt erleuchten und Hoffnung bringen können, müssen sie für alle zugänglich sein,“ hat Papst Franziskus erst bei seinem traditionellen Weihnachtssegen „Urbi et Orbi“ gefordert. Und doch scheint Afrika in Sachen Impfprogrammen schon jetzt nicht mit dem Rest der Welt mithalten zu können.

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Das Problem der Versorgung, der Patente und der internationalen Zusammenarbeit

Da reiche Länder mehr als andere Länder kaufen würden, sei das erste Problem schon einmal die Versorgung, beklagte Pater Chilufya im Telefoninterview mit Radio Vatikan. Der Afrikaner sitzt in der vatikanischen Covid-19-Kommission und leitet das Büro für Gerechtigkeit und Ökologie der Jesuitenkonferenz von Afrika und Madasgaskar (JCAM).

Zwei weitere große Hindernisse macht er im Bereich der Patente und der internationalen Zusammenarbeit aus:

„Artikel 25 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte schreibt ausdrücklich das Recht auf angemessene medizinische Versorgung fest – was auch der Papst immer wieder gefordert hat. Und deshalb ist es auch die Pflicht der internationalen Gemeinschaft, dafür zu sorgen, dass dieses Recht vor allem in einer Krise wie der jetzigen auch wirklich allen gewährt wird. Gesundheit ist nicht das Privileg einiger weniger, sondern ein Recht aller.“

Internationale Abkommen könnten helfen, patentierte, kostenintensive Medikamente auch Bevölkerungsgruppen zugänglich zu machen, die sich diese normalerweise nicht leisten können, betonte Chilufya und verwies in diesem Zusammenhang auf das sogenannte TRIPS-Abkommen (Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums).

„Das TRIPS-Abkommen regelt auch pharmazeutische und medizinische Lizenzen. So können Staaten Lizenzen für die Entwicklung von bioäquivalenten, billigeren Versionen von Medikamenten vergeben, die oft als "generische" Arzneimittel bezeichnet werden und auf die die meisten afrikanischen Länder angewiesen sind.“

In vielen Ländern Afrikas fehle es an adäquaten Ressourcen und der nötigen Infrastruktur für die Herstellung von Pharmaprodukten, so der Direktor der Jesuitenkonferenz von Afrika und Madagaskar weiter. Solche Länder könnten theoretisch von der Erklärung von Doha Gebrauch machen, die es ihnen erlaube, „generische Arzneimittel aus Ländern mit Entwicklungskapazitäten zu importieren". Dass sich aber auch das problematisch gestalten kann, erklärte er am Beispiel Ruandas: das einzige afrikanische Land, das diese Regelung auch tatsächlich genutzt habe. Weil nicht genug Gewinn erwirtschaftet worden sei, habe der Lieferant das Projekt schon bald wieder fallenlassen.

Die internationale Machtdynamik

Eine große Gefahr für die Versorgung armer Länder mit dem Covid-19-Impfstoff macht Chilufya in der weltweiten Machtdynamik aus.

„Es liegt auf der Hand, dass Länder mit stärkeren Gesundheitssystemen dafür sorgen werden, dass der Impfstoff zuerst für ihre eigenen Bürger bereitgestellt wird. Und daher ist es eher unwahrscheinlich, dass er in absehbarer Zeit seinen Weg in ärmere Länder finden wird,“ erklärte der Jesuit und betonte, dass sich arme Länder auch leicht für die Interessen mächtigerer Staaten einspannen ließen. Das habe das Beispiel Indiens gezeigt, dessen Regierung im April die Exportbeschränkungen für Hydroxychloroquin gelockert habe, nachdem die USA dem Land mit Sanktionen gedroht hatten.

„Diese Pandemie könnte eine Gelegenheit sein, ein kooperativeres globales Gesundheitssystem zu schaffen“

Länder mit geringer Verhandlungsmacht bräuchten die Hilfe der Weltgesundheitsorganisation und anderer internationaler Organisationen, wie der katholischen Kirche. Andernfalls sei es schwer vorstellbar, dass der Impfstoff gerecht verteilt werde. Um die öffentliche Gesundheit weltweit zu schützen, müsse Ländern in Not geholfen werden. Und das erfordere Solidarität und Zusammenarbeit, betonte Pater Chilufya und unterstrich abschließend:

„Anstatt die gegenseitige Abhängigkeit der Nationen als Verhandlungswerkzeug zu nutzen, sollten die Staaten auf das gemeinsame Ziel hinarbeiten, die Pandemie auf globaler Ebene zu beenden. Diese Pandemie könnte nämlich auch eine Gelegenheit sein, in Zukunft ein kooperativeres globales Gesundheitssystem zu schaffen."

(vatican news - skr)
 

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05. Januar 2021, 10:13