Suche

Viele Flüchtlinge aus Tigray kommen im Sudan an Viele Flüchtlinge aus Tigray kommen im Sudan an 

D/Äthiopien: UNO soll Menschenrechtsverstöße untersuchen

Eine UN-Untersuchung zu Menschrechtsverstößen in der äthiopischen Krisenregion Tigray fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). Experten der Vereinten Nationen sollten den Berichten Geflüchteter nachgehen, die „Massaker, Erschießungen von Zivilbevölkerung und Plünderungen“ in der Provinz schilderten.

Auch Kirchengemeinden und Gläubige sollen davon betroffen gewesen sein, so die Menschenrechtsorganisation mit Sitz in Göttingen in einer Aussendung von diesem Sonntag. Eine „unabhängige Überprüfung der oft glaubwürdig erscheinenden Erzählungen“ sei für Nichtregierungsorganisationen nicht möglich, da ihnen der Zugang zu Tigray verwehrt werde. „Fast 50 Tage nach Beginn der Militärintervention ist ein Ende der Kämpfe noch nicht absehbar. Die humanitäre Bilanz des Militärschlags ist katastrophal und es droht eine Ausweitung der Kämpfe auf andere Regionen Äthiopiens“, so der GfbV-Direktor Ulrich Delius.

Rund 950.000 Menschen auf der Flucht

Rund 950.000 Menschen seien aufgrund der Militärintervention in Tigray auf der Flucht, erklärte die Menschenrechtsorganisation. 52.000 von ihnen hätten im benachbarten Sudan Zuflucht gesucht. Fast alle Ankömmlinge berichteten von Menschenrechtsverletzungen. Menschen aus der zeitweise von äthiopischen Truppen belagerten Provinzhauptstadt Mekelle erzählten von heftigem Artilleriebeschuss und vielen Toten unter der Zivilbevölkerung. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes konnte die Notversorgung von 500 Schwerverletzten und mehr als 1.000 Verletzten unterstützen.

Zwangsrekrutierungen und Hunger

„Alles deutet darauf hin, dass dies kein sauberer Krieg war, wie Premierminister Abiy Ahmed behauptet, sondern alle Konfliktparteien Menschenrechtsverletzungen begangen haben“, erklärte Delius. Geflüchtete, die in ihre Dörfer zurückkehrten, würden von Milizen für den Kampf zwangsrekrutiert. Auch würden noch immer Dörfer beschossen und Regionen seien umkämpft, in denen die TPLF-Führung der Provinz vermutet werden. Auf Hinweise zu ihrer Ergreifung sei ein Kopfgeld in Höhe von 205.000 Euro ausgelobt worden.

„Ein menschengemachtes Desaster mit katastrophalen Folgen“

 

Die „seit langem geplante Militärintervention“ verursache eine Hungernot, da sie unmittelbar vor der Erntezeit erfolgte. Felder seien verwüstet worden, bäuerliche Bevölkerung vertrieben und tausende Tiere von Milizen in die Nachbarprovinz entführt worden. „Hunderttausende Menschen sind daher jetzt auf Nothilfe angewiesen. Ein menschengemachtes Desaster mit katastrophalen Folgen“, warnte Delius. Nachdrücklich warnte die GfbV vor neuen Konflikten an der Grenze zum Sudan sowie im Süden Äthiopens. So schürten Hassreden in der Provinz Benishangul Gumuz Spannungen zwischen ethnischen Gruppen. Dringend müssten Minderheiten dort wirksamer geschützt werden.


(pm – pr)
 

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

20. Dezember 2020, 10:57