Flüchtlinge aus dem äthiopischen Norden im Sudan Flüchtlinge aus dem äthiopischen Norden im Sudan 

Äthiopien: Konflikt im Norden spitzt sich zu

Der Konflikt im Norden Äthiopiens spitzt sich weiter dramatisch zu: Täglich fliehen rund 4.000 Menschen aus dem äthiopischen Tigray über die Grenze nach Kassala und Gedaref in den Sudan.

Die internationale Hilfsorganisation Care warnt vor einer der schwersten humanitären Katastrophen im Sudan, sollte sich die Erwartung von über 200.000 Geflüchteten in den kommenden Wochen bestätigen.

„Die Menschen an der Grenze sind erschöpft und haben Angst. Über die Hälfte von ihnen sind Frauen und Kinder. Viele der Frauen sind schwanger oder stillende Mütter und deshalb besonderen Gesundheitsrisiken ausgesetzt“, berichtet Tesfaye Hussein, Care-Programmdirektor im Sudan, von vor Ort. „Alle warten darauf, in die von der Regierung vorgesehenen Notunterkünfte gebracht zu werden, doch diese sind schon ausgelastet. Die Situation ist wirklich furchtbar.“

Sudan steht vor humanitärer Katastrophe

Dabei war der Sudan bereits vor diesen Fluchtbewegungen im Krisenmodus: Das Land erholt sich erst langsam von den schlimmsten Fluten seiner jüngsten Geschichte, die im Spätsommer schwere Verwüstungen anrichteten. Über sieben Millionen Menschen leiden unter akuter Nahrungsunsicherheit und das Gesundheitssystem steht durch steigende COVID-19-Fälle enorm unter Druck. Zudem ist in der Grenzregion Gedaref kürzlich Polio wieder ausgebrochen.

„Sollten wie erwartet in den nächsten Wochen hunderttausende Geflüchtete ankommen, steht der Sudan vor einer humanitären Katastrophe. Wir machen uns große Sorgen darum, wie wir den Menschen mit den aktuell vorhandenen Ressourcen helfen sollen.“

Auch sie haben es aus Tigray in den Sudan geschafft
Auch sie haben es aus Tigray in den Sudan geschafft

In sieben Ländern droht Hungersnot

Neben einem Dach über dem Kopf benötigen Geflüchtete aus Äthiopien im Sudan dringend sauberes Trinkwasser, Lebensmittel, Hygieneartikel und sanitäre Anlagen. Um die Menschen mit dem Nötigsten versorgen zu können, ruft Care deshalb dringend zu Spenden auf. Care unterstützt in den Regionen Kassala und Gedaref bereits mit Wasser, Lebensmitteln, Hygieneartikeln und medizinischer Versorgung. Doch die Mittel reichen bei weitem nicht aus, um den Menschen jetzt das Überleben zu sichern.

Besorgt ist Care auch über eine weitere, internationale Notlage, die über Äthiopien hinausgeht: Zum ersten Mal überhaupt stehen in diesem Jahr nach Angaben des Hilfswerks sieben Länder zeitgleich kurz vor einer Hungersnot. Die Vereinten Nationen haben bereits Alarm geschlagen und eine Notfinanzierung in Höhe von rund 67 Millionen Euro für Afghanistan, Burkina Faso, die Demokratische Republik Kongo, Nigeria, den Südsudan und den Jemen bereitgestellt. Für Äthiopien sind weitere knapp 17 Millionen Euro bestimmt.

Frauen und Mädchen besonders betroffen

Besonders dramatisch ist laut Care die Lage in vier (Demokratischen Republik Kongo, Nigeria, dem Südsudan und dem Jemen) der sieben Länder. Frauen und Mädchen sind nach Einschätzung des Hilfswerks von der drohenden Hungerkrise besonders betroffen.

Nach dem aktuellen Stand könnte sich die Zahl der Menschen mit schwerwiegender Ernährungsunsicherheit vor Ablauf dieses Jahres verdoppeln, so Care. Dabei sei die Situation vor allem für die Menschen besonders schlimm, die in Konfliktsituationen leben.

(care – sk)
 

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19. November 2020, 11:33