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Christus als Weltenherrscher: Mosaik in der Basilika von Monreale bei Palermo Christus als Weltenherrscher: Mosaik in der Basilika von Monreale bei Palermo 

Italien: Bischof beauftragt erstmals Ehepaar mit Seelsorge

Nein, von einem solchen Fall in Italien sei ihnen bisher nichts bekannt, räumt der Sprecher der Bischofskonferenz in Rom auf Nachfrage ein. Ganz im Norden des Landes, im Pustertal in der Diözese Bozen-Brixen, gebe es theologisch geschulte Laien, die seit zwei Jahren Beerdigungsfeiern leiteten. Aber das sei etwas anderes...

In der Tat: Dass ein Bischof offiziell Laien mit der Seelsorge beauftragt und ihnen einen Priester „nur“ als Moderator zur Seite stellt, ist für Italien eine Premiere. Örtliche Medien nennen es ein „kirchliches Laboratorium“: Im 1.500-Einwohner-Dorf Isnello, 60 Kilometer östlich von Palermo, wird die tägliche Seelsorge in der örtlichen Gemeinde „San Paolo Apostolo“ seit Anfang September de facto nicht mehr von einem Priester geleitet, sondern vom Ehepaar Toti Sirecin und Rita Bianca. Das werde konservativ-traditionalistischen Kreisen nicht gefallen, sei aber Wille des örtlichen Bischofs, Giuseppe Marciante, schreibt das Regionalportal „Quattrocanti“.

Der Bischof sagte dazu bereits Ende August im Interview mit Radio Vatikan :

„Die Gemeinde San Paolo Apostolo ist Anfang der 80er Jahre entstanden, um für Familien aus den Bergdörfern während ihrer Ferien dazusein und um den vielen Anfragen zu Eheschließungen in diesem beeindruckenden Ort zu entsprechen. Wir können sagen, dass die Gemeinde sich nicht durch den physischen Ort definiert, sondern besonders durch den ,menschlichen Raum‘, der sie ausmacht, den wir Familie nennen.“

Bischof Marciante erläuterte im Gespräch mit Radio Vatikan weiter, es gehe um einen konkreten Schritt, um Laien stärker einzubeziehen: „Ich denke dass es zukünftig in der ganzen Kirche immer öfter Laien sein werden, die Pfarrgemeinden leiten – wobei der Priester weiterhin auf sakramentaler Ebene verantwortlich sein wird.“ Er betont, dass alles immer dem missionarischen Dienst entsprechen müsse, praktisch die Pfarrei als „Feldlazarett“, wie es auch Papst Franziskus immer wieder sage.l

Dasselbe Dokument

Das Vorgehen liegt  laut dem Regionalportal „Quattrocanti“ auf der Linie des Dokumentes vom 20. Juli, „mit dem der Vatikan seine Reformen beschleunigt, Gemeinden stärker für neue Formen der Armut zu sensibilisieren sowie für eine stärkere Beteiligung von Laien“. - Nur zur Erklärung: Es handelt sich um dasselbe Dokument der Klerus-Kongregation, das im deutschsprachigen Raum auf heftigen Protest gestoßen ist.

In der Bekanntgabe der Diözese Cefalu heißt es ausdrücklich, der Bischof habe „gemäß der Instruktion ‚Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde ...‘ vom 20. Juli einem Team von Familien die Mitwirkung an der Seelsorge übertragen“. Außerdem ernenne er den Priester Don Paolo Cassaniti zum Moderator der Seelsorger. Als kirchenrechtliche Grundlage wird Kanon 517 § 2 des Kirchengesetzbuches Codex Iuris Canonici angeführt.

Das Wort „Leitung“ kommt nicht vor

Nach dieser Regelung ist etwa auch im deutschsprachigen Raum bereits die Seelsorge in einigen Gemeinden geregelt. Das Wort „Leitung“ kommt in dem sizilianischen Diözesanerlass nicht vor; de facto aber, so stellt es auch der als Moderator bestellte Don Paolo dar, „tragen Toti Sirecin und Rita Bianca jetzt die pastorale Verantwortung der Pfarre“. Zwar bleibt der Priester für Eucharistie und Sakramente zuständig, aber in den Augen der Gemeinde und der Medien leitet jetzt ein Familienteam um das Ehepaar die Gemeinde.

Sollte sonntags kein Priester zur Verfügung stehen, um Messe zu feiern, so erklären es Lokalmedien ihren Lesern, könnten Laien andere Liturgien abhalten. Isnello liegt in einem beliebten Ferien- und Ausflugsgebiet, die Anfang der 1980er Jahre erbaute Kirche San Paolo Apostolo - eher eine Kapelle - ist auch für Trauungen gefragt. Laut Bischof Marciante für Ehepaare ein seelsorgliches Einsatzgebiet par excellence.

Nichtkleriker halten Gemeindeleben aufrecht

Natürlich halten längst auch überall in Italien Nichtkleriker das Gemeindeleben mit aufrecht: Sie leiten Gebete und Andachten, organisieren Jugendaktivitäten, katechetische Treffen, übernehmen Verwaltungsaufgaben, die Caritas. Neu in Isnello ist allein die offizielle Beauftragung des Bischofs. Marciante versteht sein „Experiment“ als „konkreten Schritt“ in eine auch in Italien unausweichliche Zukunft mit mehr Verantwortung von Laien in der Seelsorge.

Weitere Schritte folgen: Anfang dieser Woche legte der Bischof von Trapani - ebenfalls in Sizilien - nach: „Liebe Freunde, Brüder und Schwestern der Kirche Siziliens, wir möchten euch um eure Mitarbeit bitten.“ Gemeinsam wolle man dafür sorgen, dass es „in zweieinhalb oder drei Jahren“ eine Reihe gut ausgebildeter Laien für die Familienseelsorge in Sizilien gebe.

Bereits im Oktober vergangenen Jahres galt als „Top News“ die Tatsache, dass erstmals in Italien eine Frau katholische Begräbnisfeiern leitete: Christine Leiter in Sexten im Pustertal. Eine neue Art von „Risorgimento“ scheint Italiens Kirche von Norden und Süden her aufzurollen: Im Land der „Don“ und „Monsignori“ werden Laien auch offiziell beauftragt, in der Kirche mehr Verantwortung zu übernehmen.

(vatican news/kathpress – sk)
 

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16. September 2020, 12:44