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Italien: Gewalt geht uns alle an

Im italienischen Colleferro unweit von Rom ist am Wochenende ein 21-jähriger zu Tode geprügelt worden, als er einen Streit schlichten wollte. Der Bischof von Velletri-Segni, in dessen Bistum Colleferro liegt, ruft im Interview mit Radio Vatikan alle auf, Gewalt nie zuzulassen.

Der genaue Tathergang ist noch unklar, ein rassistisches Motiv wurde allerdings ausgeschlossen – das Opfer, Willy Monteiro Duarte, war afrikanischer Abstammung. Auch wenn also noch vieles im Dunkeln liegt, kommt solche Gewalt nicht aus heiterem Himmel, sagt der Bischof von Velletri-Segni, Vincenzo Apicella:

Zum Nachhören

„Das ist das Ergebnis einer unterschwelligen Situation, der wir uns nicht bewusst sind – oder nicht bewusst sein wollen. Es gibt ein Klima der Gewalt, des Kults körperlicher Stärke, der Unterdrückung und Verachtung des Lebens. Das ist verbreitet, das schlängelt sich so durch und es breitet sich aus wie ein Virus – wie Covid-19. Ich sage nicht, dass es einen Impfstoff gegen solche Gewalt gibt, aber wir müssen zumindest ein Gegenmittel finden. Denn ansonsten kann die ,Pandemie der Gewalt‘ uns alle überwältigen.“

„Das ist das Ergebnis einer unterschwelligen Situation, der wir uns nicht bewusst sind – oder nicht bewusst sein wollen.“

Die vier mutmaßlichen Täter sind zwischen 22 und 25 Jahre alt; einige von ihnen machten Kampfsport. Die Verdächtigen wurden im römischen Gefängnis Rebibbia verhört; bisher weisen sie jegliche Verantwortung am Tod des Jugendlichen von sich. Sie seien nur hinzugerufen worden und hätten versucht, die Streitenden zu trennen. Den da bereits leblos am Boden liegenden Willy hätten sie nicht wahrgenommen. Zeugen berichten hingegen, einer der vier habe das Opfer mit einem „Karate-Tritt“ auf den Kopf zu Boden gehen lassen. Bischof Apicella bestürzt besonders die Brutalität der Tat – und dass sich offenbar keiner des Ausmaßes der Gewalt bewusst war:

„Es gibt ein Klima der Gewalt, des Kults körperlicher Stärke, der Unterdrückung und Verachtung des Lebens.“

Alle in der Verantwortung

„Wenn es Totschlag war und keine bewusste Tötung, dann ist das für mich kein mildernder Umstand, sondern es erschwert eigentlich die Tat noch: Denn es heißt, dass du dir nicht klar darüber bist, was du tust. Du bist dir der Konsequenzen, die dein Handeln haben kann, nicht bewusst. Das ist sehr gefährlich für dich selbst und für andere. Es ist Zeichen eines kompletten Kontrollverlusts, des Bewusstseins dessen, was man tut und das ist doch eigentlich das mindeste, was man von einem menschlichen Wesen erwartet.“

„Es heißt, dass du dir nicht klar darüber bist, was du tust.“

Der Bischof von Velletri-Segni sieht zugleich die ganze Gesellschaft in der Verantwortung, Gewalt nicht zuzulassen:

„Wir sitzen auf einem Pulverfass, dass jederzeit hochgehen kann. Dass Willy vor unserer Haustür sterben musste, an einem Ort, an dem wir uns nie so etwas hätten vorstellen können, ist meiner Meinung nach sehr ernst zu nehmen. Hier sind alle in der Pflicht, alle müssen Verantwortung übernehmen: Von den Familien über die Schulen bis hin zu den Gemeinden und den Pfarrern.“

„Hier sind alle in der Pflicht, alle müssen Verantwortung übernehmen: Von den Familien über die Schulen bis hin zu den Pfarreien.“

Die Priester haben für Bischof Apicella dabei zwei besondere Aufgaben: Erstens sollten sie zu einem Leben gemäß dem Evangelium erziehen. Ein Punkt, der wohl allen klar sein dürfte. Mindestens ebenso wichtig sei jedoch, eine „gute Ortskenntnis“ – will meinen: sich der Probleme, auch der unterschwelligen in der Gemeinde, im Ort, bewusst zu sein. Beim Sehen, was um einen herum passiert – da hapere es oft, räumt der Bischof von Velletri-Segni ein. Das Bewusstsein für Gewalt müsse jedoch überall geschärft werden, um künftig Tragödien wie den Tod von Willy zu verhindern. Außerdem sollten auch rechtliche Mittel ausgeschöpft werden, fordert der Bischof von Velletri-Segni, Vincenzo Apicella im Gespräch mit Radio Vatikan.

(vatican news - sst)

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09. September 2020, 11:56