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Imam Mahmoud Dicko engagiert sich bei der Protestbewegung „M5-RFP“ in Mali Imam Mahmoud Dicko engagiert sich bei der Protestbewegung „M5-RFP“ in Mali 

Mali: Sorge um Stabilität des Sahelstaates

Nach dem erzwungenen Rücktritt von Präsident Ibrahim Boubacar Keita ist die Sorge um die Stabilität des Sahelstaates Mali weiter groß. Internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen und die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas verurteilten den Staatsstreich scharf. Die Militärjunta in Mali will mit der Protestbewegung in dem westafrikanischen Land zusammenarbeiten und kündigte eine zivile Übergangsregierung sowie Neuwahlen an. Offen ist, welche Rolle der einflussreiche Imam Mahmoud Dicko dabei hat.

Dicko sieht sich als moralische Instanz der Protestbewegung „M5-RFP“, die bereits seit Anfang Juni mehrfach gegen Präsident Ibrahim Boubacar Keita auf die Straße gegangen war.  Mehrfach meldete er sich jedoch auch in politischen Fragen zu Wort. Immer wieder hatte es Spekulationen gegeben, ob der Imam selbst in die Politik gehen will. In Fernsehinterviews dementierte er dies bisher.

Konflikte in der Protestbewegung wahrscheinlich

Radio Vatikan hat den Mali-Experten André Bourgeot um eine Einschätzung gebeten. Bourgeout ist emeritierter Leiter der Abteilung für Sozialantrophologie  der nationalen französischen Forschungsorganisation CNRS. Im Gespräch mit Radio Vatikan betont er, dass die Forderungen der „M5-RFP“ und die von der neuen Militärbewegung getroffenen Entscheidungen seiner Meinung nach nicht viel miteinander zu tun haben. Auf den ersten Blick scheine es, als habe das Militär einen Wunsch der Demonstranten umgesetzt. Aber:

„In der Erklärung, die das Militär abgegeben hat, bezieht es sich überhaupt nicht auf die „M5-RFP“-Bewegung…. Es wird also zwangsläufig eine Neuzusammensetzung innerhalb dieser M5-Bewegung geben. Einige werden sich wahrscheinlich den Putschisten anschließen, andere nicht. Was mir auch wichtig erscheint, ist, wie sich Imam Dicko verhalten wird. Er ist ja die moralische Autorität der M5-Bewegung. Ich denke, diese moralische Autorität und die strategische Autorität der M5 werden ernsthafte Schwierigkeiten haben, gemeinsam Stellung zu beziehen, um Chaos und Konfrontation zu vermeiden. Dieser militärische Staatsstreich wird daher zu Konflikten und zu einer politischen Neuordnung innerhalb der Protestbewegung führen.“

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Kritik am Staatsstreich

Konflikte bringt der Putsch auch für das westafrikanische Mali mit sich: Die Vereinten Nationen riefen die Sicherheitskräfte im Land zu maximaler Zurückhaltung auf und der UN-Sicherheitsrat forderte die Meuterer auf, „alle inhaftierten Staatsbediensteten sicher und unverzüglich freizulassen und unverzüglich in ihre Kasernen zurückzukehren“. Mit großer Sorge beobachtet das katholische Missionswerk missio München die Entwicklungen in seinem Partnerland Mali. „Es widerspricht unserem Sinn für Demokratie, wenn eine gewählte Regierung gewaltsam durch das Militär abgesetzt wird“, so missio-Präsident Wolfgang Huber in einer ersten Reaktion auf die Nachrichten aus Bamako.

Auch Die EU und die USA verurteilten den Militärputsch; ebenso die Afrikanische Union und das westafrikanische Regionalbündnis Ecowas. Es kündigte Sanktionen an; zudem würden die Mitgliedstaaten ihre Grenzen zu Mali schließen, erklärte die Organisation. Die Ecowas -Gemeinschaft, der neben Mali 13 weitere westafrikanische Staaten angehören, hatte sich als Vermittler in dem monatelangen Streit zwischen der Regierung Keita und der Opposition angeboten.

„Es ist eine sehr heikle Situation, eine sehr heikle Situation.“

Für den Mali-Experten Bourgeot ist die Kritik der Ecowas jedoch „nicht endgültig“, da die mit dem Staatsstreich verkündeten Ziele – nämlich die Auflösung der Nationalversammlung und Neuwahlen - im Sinne der internationalen Gemeinschaft seien.

„Aber die Folgen der Ecowas-Sanktionen werden zwangsläufig Auswirkungen auf die malische Bevölkerung haben. Wenn sie mit den Sanktionen konfrontiert wird, besteht das Risiko, dass eine große Volksbewegung entsteht, die mit den Sanktionen der Ecowas nicht einverstanden ist... Es ist eine sehr heikle Situation, eine sehr heikle Situation.“

Lage bisher ruhig

Bisher blieb es nach dem Putsch ruhig. Die Bevölkerung ist nach Einschätzung der Caritas in Mali weiter gespalten: Die Menschen, die den Putschisten zugejubelt hatten, würden nicht notwendigerweise die Mehrheit repräsentieren. Stattdessen seien viele der Ansicht, dass es auch andere Mittel und Wege für eine Kurskorrektur gegeben hätte, so Caritas-Vertreter Theodore Togo.  Mali-Experte Bourgeot meint ebenso, dass sich in Mali noch zeigen muss, wer nun die Oberhand gewinnt:

„Der Putsch unterstützt letztlich die Forderungen des Friedensabkommens von Algier aus dem Jahr 2015, das aber von allen abgelehnt wird, zumindest von Großteilen der malischen Bevölkerung. Das Abkommen wurde nie in der Nationalversammlung diskutiert. Die Oppositionsbewegung M5 beharrt darauf, den Inhalt des Abkommens neu zu verhandeln. Es gibt also große Unterschiede. Deshalb wird nichts gewonnen. Alle werden sich in Bezug auf diesen Staatsstreich neu positionieren.“

Bleibt die Hoffnung, dass es Mali nun gelingt, aus der andauernden Krise herauszukommen und friedliche Lösungen zu finden. Den Weg dazu ebnen könnten auch die führenden Religionsvertreter von Christen und Muslimen- auf islamischer Seite wohl besonders Imam Mahmoud Dicko. Schließlich ist er einer der wichtigsten islamischen Vertreter des Landes, in dem fast 95 Prozent der Bevölkerung muslimischen Glaubens sind.

(vatican news/kna/dw/diverse – sst)

 

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20. August 2020, 11:30