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Italien: „Abtreibungspille daheim“ sorgt für Protest

Die Ankündigung des italienischen Gesundheitsministeriums, dass die Abtreibungspille RU486 künftig auch ohne Krankenhausaufenthalt angewendet werden könne, hat in Italien zu massiven Protesten durch katholische Institutionen geführt. Die neuen Leitlinien sähen vor, dass ein „freiwilliger Schwangerschaftsabbruch“ mithilfe von Medikamenten in einer Tagesklinik und bis zu neunten Woche möglich sei, twitterte Roberto Speranza an diesem Samstag.

Der Politiker bezeichnete dies unter Achtung der bestehenden Rechtslage als „wichtigen Schritt vorwärts”.

Die Reaktionen auf diese Ankündigung ließen nicht lange auf sich warten. Die Abtreibung zu vereinfachen, hieße, die „Frauen über die Tragik dieses Ereignisses hinwegzutäuschen und sie sich selbst zu überlassen, anstatt zu versuchen, ihnen dabei zu helfen, die Schwierigkeiten zu überwinden, die zur Abtreibung führen“, betonte der Präsident der Gemeinschaft Papa Giovanni XXIII, Giovanni Paolo Ramonda, in einer Aussendung. Ramonda zufolge belaste die Abtreibung mit RU486 die Frauen noch stärker, „weil sie selbst es sind, die ihren Kindern verwehren, auf die Welt zu kommen und weil viele von ihnen die Überreste des Kindes sehen.“ Der Erfahrung seiner Gemeinscahft zufolge entschieden sich viele Frauen, die ursprünglich zur Abtreibung entschlossen waren, dazu, die Kinder doch zu behalten, wenn ihnen entsprechende Hilfe angeboten werden. „Das ist Freiheit, ohne Konditionierungen“, schließt Ramonda.  

Auch die Zeitung „Avvenire“, das Sprachrohr der italienischen Bischofskonferenz, zeigte sich besorgt. Die Pille RU486 im Krankenhaus nur zu verabreichen und die Frau dann nach Hause zu schicken, damit sie den Embryo-Fötus allein ausstoße, sei „mit dem Risiko schwerer und tödlicher Blutungen verbunden“, zitiert das Medium (Onlineausgabe Samstag) den Vorsitzenden der katholischen Vereinigung „Scienza e Vita“ (Wissenschaft und Leben), Alberto Gambino. Die Maßnahme Speranzas sei „vor allem durch das Interesse bestimmt, die Kosten des Abbruchverfahrens zu senken und den Krankenhausaufenthalt zu verkürzen“. Zudem verstärke eine solche „Do-it-yourself'-Praxis“ die „sozialen Auswirkungen des Dramas des Schwangerschaftsabbruchs“, kritisiert Gambino weiter. Eine Normalisierung der Abtreibung verringere nicht das „psychologische Drama derer, die sie praktiziert haben“, warnt er. Wichtiger sei eine wirksame Präventionsarbeit. Dass es eine solche nicht gebe, sei seit Jahren ein „schweres Verschulden des Gesetzgebers“, so der Jurist.

Italien hatte den Abtreibungswirkstoff Mifepriston als einer der letzten EU-Staaten im Juli 2009 gegen den Widerstand von Kirche und konservativen Parteien genehmigt. Bisher ist für einen pharmakologisch durchgeführten Schwangerschaftsabbruch ein mehrtägiger Krankenhausaufenthalt ebenso notwendig wie für einen chirurgischen, da es von der Einnahme des Mittels bis zum Ausstoß des Fötus drei Tage dauern kann. Anschließend müssen vor allem die damit verbundenen Blutungen überwacht werden, auch um sicherzugehen, dass das Schwangerschaftsgewebe vollständig abgegangen ist.

(pm/kna - cs)

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09. August 2020, 13:02