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Frauen vor der Hagia Sophia Frauen vor der Hagia Sophia 

Türkei: Kirchen protestieren gegen Erdogan-Anweisung

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan forciert offenbar die Pläne für eine Rückwidmung der Istanbuler Hagia Sophia in eine Moschee. Wie die Zeitung „Hürriyet“ laut dem vatikanischen Pressedienst „Fides“ an diesem Dienstag berichtet, soll Erdogan Anweisung zur Suche nach einer rechtlichen Formel gegeben haben, um den aktuellen Status der Hagia Sophia - die derzeit als Museum öffentlich zugänglich ist - so zu ändern, dass sie wieder als islamische Kultstätte genutzt werden kann.

Die Nachricht löst bei Christen in der Türkei über die Konfessionsgrenzen hinweg große Bestürzung aus.

Die im 6. Jahrhundert auf Anordnung von Kaiser Justinian dem Großen errichtete Hagia Sophia galt als Zentrum der orthodoxen Christenheit und wurde nach der Eroberung Konstantinopels 1453 durch die Osmanen in eine Moschee umgewandelt. 1935 machte der türkische Staatsgründer Kemal Atatürk aus dem Gotteshaus ein Museum. Die Ayasofya, wie sie auf Türkisch heißt, sollte damit allen Religionen offen stehen.

Der Plan zur Änderung des derzeitigen Status soll laut „Hürriyet“ vom 5. Juni von Erdogan selbst auf einer Sitzung des zentralen Exekutivkomitees seiner Partei AKP angekündigt worden sein. Die Zeitung zitiert anonyme Quellen, nach denen der Präsident den Anwesenden aufgetragen habe, eine Formel zu suchen, um die Hagia Sophie als Moschee zu nutzen, sie aber gleichzeitig weiterhin für Touristen zugänglich zu halten. Ein solches Modell wird in Istanbul bereits bei der historischen Blauen Moschee (Sultanahmet-Moschee) angewendet.

Immer wieder hochkochende Kontroverse

Erdogan soll dazu aufgefordert haben, das Projekt mit Vorsicht und ohne Eile durchzuführen, da es sich bei der Hagia Sophia um ein „sensibles“ Thema handle. Die Entscheidung darüber liege aber bei der Türkei, betonte der Präsident laut dem Bericht.

Über einen möglichen „Statuswechsel“ des Heiligtums gibt es seit Jahren eine immer wieder hochkommende Kontroverse. Zuletzt rückte das Thema erneut in den öffentlichen Fokus, als die türkische Regierung Ende Mai beschloss, zum 567. Jahrestag der osmanischen Eroberung von Konstantinopel am 29. Mai 1453 in der früheren christlichen Basilika aus dem Koran die sogenannten „Sure der Eroberung“ verlesen zu lassen. Die Initiative löste eine sofortige scharfe Reaktion der griechischen Regierung aus.

Moskau: Gefahr für friedliches Zusammenleben

Hinsichtlich der neuen Erdogan-Anweisung kam nun der erste massive Protest aus Moskau, wie der Ökumene-Fachdienst der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in seiner dieswöchigen Ausgabe berichtet. Der Plan Erdogans stelle eine Gefahr für das friedliche Zusammenleben von Religionen und Völkern dar, wurde der Außenamtsleiter des russisch-orthodoxen Moskauer Patriarchats, Metropolit Hilarion (Alfejew), von Istanbuls griechischer Tageszeitung „Apogevmatini“ zitiert.

Das orthodoxe Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel, von dem die Hagia Sophia als „Große Kirche“ nach wie vor im Titel geführt wird, hat sich offiziell noch nicht geäußert. Doch rief der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. in seiner Predigt zum orthodoxen Pfingstfest am 7. Juni den Heiligen Geist „um Schutz und Beistand in heraufziehenden Gefahren“ an.

Pfingstfest im Schatten der neuen Moschee

Er tat dies in der orthodoxen Dreifaltigkeitskirche im Istanbuler Stadtteil Beyoglu. Diese beherrschte bisher den zentralen Taksim-Platz, wird aber jetzt von einem mächtigen Moscheebau Erdogans überschattet. Gegen diesen und andere „Osmanisierungs“-Projekte hatten sich im Frühsommer 2013 die „Gezi-Proteste“ von Umweltschützern gerichtet. Für Erdogan war das einer der Anlässe, auf ein zunehmend autoritäres System hinzusteuern.

(kap/fides - mg)

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09. Juni 2020, 11:27