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Iraks Patriarch: Neue Regierung ist Zeichen der Hoffnung

Die Wahl des neuen Premierministers Mustafa al-Kadhimi schenkt dem krisengebeutelten Irak neue Hoffnung. Sechs Monate lang hatte die institutionelle Krise nach dem Rücktritt des bisherigen Premiers gedauert, bevor der Ex-Chef des irakischen Geheimdienstes und Journalist durch das Parlament gewählt war. Wir haben darüber mit dem chaldäischen Patriarchen Louis Raphael Sako gesprochen.

Fast sechs Monate hat das Land auf eine handlungsfähige Regierung gewartet. Im vergangenen November, noch bevor die Weltgemeinschaft ahnte, welche dramatische Situation zu Beginn des neuen Jahres ausbrechen würde, wurde der Irak durch eine beispiellose politische Krise erschüttert. In Folge der zahlreichen, teils gewalttätig unterdrückten Demonstrationen sah sich Premierminister Abdul Mahdi gezwungen, seinen Rücktritt einzureichen, eine nie dagewesene Situation seit dem Ende des Regimes von Saddam Hussein.

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag hat nun das Parlament die neue Regierung bestätigt, die von dem 53-jährigen Journalisten und Ex-Geheimdienstchef Mustafa al-Kadhimi geleitet wird. Auch den 15 Ministern, die al-Kadhimi für seine Regierungsarbeit ausgewählt hat, sprach das Parlament sein Vertrauen aus. Normalerweise sitzen über 20 Minister im irakischen Kabinett. Doch die Schlüsselpositionen des für die Ölindustrie und für die Außenpolitik zuständigen Ministers sind bislang unbesetzt geblieben.

Politische Wirrungen inmitten der Coronakrise

Im Irak ist erst vor Kurzem ein langer Winter zu Ende gegangen, der auch noch die Corona-Pandemie mit sich gebracht hat. Bislang zählt man 102 Opfer, 3.000 Menschen haben sich mit dem Virus infiziert. Im Februar hatte Präsident Barham Salih ursprünglich Muhammad Allawi zum Premierminister ernannt, doch diesem war es nicht gelungen, sich die Unterstützung der Parteien der muslimischen Schiiten und der mit ihnen verbundenen Milizen zu sichern. Im darauffolgenden Monat startete der Präsident einen neuen Versuch mit Adnan Zurfi, doch auch dieser verlief erfolglos im Sande. Nun die Wende mit al-Kadhimi. „Die Prioritäten meiner Regierung werden Sicherheit, Eigenständigkeit, Stabilität und Wohlstand des Irak sein“, hat er am Donnerstag in einem kurz nach Mitternacht veröffentlichten Tweet geschrieben.

„Er ist ein ehrlicher Mann“

„Wir stehen am Beginn einer neuen Phase für das Land und die Bildung einer Regierung stellt eine Hoffnung für uns alle dar“, würdigt Kardinal Louis Sako, chaldäischer Patriarch von Babylon, in einem Gespräch mit Radio Vatikan. Erst vor einer Woche hatte er einen Appell für eine neue Regierung abgesetzt, die durch „Integrität, Patriotismus, Unparteilichkeit und Loyalität“ gekennzeichnet sein sollte. Dieses sei möglich, wenn die Politiker keine Eigeninteressen oder Interessen bestimmter Gruppen verfolgten, sondern im Gegenteil ihre Anstrengungen darauf verwandten, das „Land wieder ausleben zu lassen und sich in den Dienst seiner Kinder zu stellen“. Dies sei ein Traum, „aber wir hoffen, dass er wahr wird“, so das Oberhaupt der mit Rom unierten Kirche in seiner damaligen Mitteilung.

Und dieser Traum sei mit der neuen Regierungsbildung bei weitem nicht ausgeträumt, im Gegenteil, betont der Patriarch: „Ich stehe mit dem Premierminister seit drei Jahren in Kontakt. Er hat geholfen, einigen Christen Arbeit zu verschaffen und er hat mich oft angerufen. Er ist ein ehrlicher Mann, der an keine politische Partei gebunden ist und mit dem immer ein guter Dialog möglich war. Er will das Beste für den Irak,“ so die Bewertung des Kirchenmannes. „Er will gegen die Korruption einstehen, gegen die Waffen… Wahrscheinlich wird die wirtschaftliche Erholung noch etwas Zeit brauchen, und auch Geld, aber Geld haben wir keines. Hoffen wir, dass er die nationale Einheit erreichen wird!“

Meinung der Christen wird geschätzt

Zwar sei bislang kein Christ in der neuen Regierung, doch die ausgewählten Minister seien sehr qualifiziert und das Ansehen der Christen im Land sei trotzdem nach wie vor sehr hoch: „Die Christen haben heute eine große Verantwortung. Die Stimme der Christen wird gehört, weil sie keine eigenen Interessen verfolgen, sondern das Land lieben. Viele irakische Bürger kommen zu uns, um mit uns zu sprechen, sie fragen nach unserer Vision und schätzen unsere Positionen. Wir als Kirche können aber nicht direkt in der Politik mitmischen. Die Einheit des Landes und die nationale Solidarität sind wertvoll und es liegt auch an den christlichen Laien, daran mitzuarbeiten“, betont er. 

(vatican news - cs)

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08. Mai 2020, 11:41