Jugendliche der Region im Benediktiner-Kloster St. Pachomius, bevor dieses überfallen wurde Jugendliche der Region im Benediktiner-Kloster St. Pachomius, bevor dieses überfallen wurde 

Benediktiner in Mosambik: „Das Abgeschlagene blüht wieder auf“

Auch nach dem Überfall von Islamisten lassen sich die Missionsbenediktiner des Klosters St. Pachomius im Norden Mosambiks nicht von ihrem Wirken abbringen. „Wir machen da auf jeden Fall weiter“, bekräftigt der Abtpräses der Benediktinerkongregation von St. Ottilien, Jeremias Schroeder, im Interview mit Radio Vatikan. Der Papst hatte Mosambik noch im vergangenen September im Rahmen einer Drei-Länder-Reise besucht.

Das in Mosambik überfallene Kloster St. Pachomius zählt zu der Benediktinerkongregation von Sankt Ottilien. Im Interview mit Radio Vatikan spricht der Abtpräses von St. Ottilien Jeremias Schröder über die Hintergründe des Angriffs, Ursachen des Terrorismus in der Region und das Wirken der Benediktiner in Mosambik. Mit den vier Missionsbenediktinern, die vor dem Angriff in die nächste Pfarrei geflohen waren, hat er soeben noch gesprochen.

Abt Jeremias Schröder im Gespräch mit Anne Preckel

Immer wieder aufflammende Gewalt

Vatican News wollte von dem Benediktiner-Abt zunächst wissen, ob inzwischen mehr über den Hintergrund des Übergriffes und ein mögliches Motiv bekannt ist.

Abt Jeremias Schröder OSB: Es gibt in der Region schon sehr lange diese Unruhen, immer wieder aufflackernde Gewalt dieser islamistischen Gruppe. Ende März hat sie die nahe gelegene Hafenstadt überfallen. Das hat dann zu einer großen Offensive der Regierung geführt, da gab es richtige Kämpfe in der Region. Dann haben sich diese islamischen Truppen wieder in den Busch zurückgezogen, haben kurz zuvor den Polizeiposten in dem Dorf überfallen, bei dem sich unser Kloster befindet und dann zwei Tage später ganz unerwartet unser Kloster selber überfallen und teilweise zerstört. Wir gehen davon aus, dass das Motiv derzeit ist, dass die sich momentan einfach nur ausstatten wollen. Dass sie sich in einer Rückzugsphase befinden, weil die Regierung relativ stark aufgetreten ist, und sie jetzt Beute machen wollten.

Vatican News: Zum Glück wurden bei dem Überfall auf das Benediktiner-Kloster St. Pachomius keine Menschen verletzt, aber wie groß sind die Schäden vor Ort?

"Die wollten alles niederbrennen..."

Abt Jeremias: Die wollten alles niederbrennen, aber das hat nicht funktioniert. Sie haben Diesel in das Klostergebäude geschüttet, aber der ließ sich nicht entflammen. Ein wichtiges Nebengebäude ist abgebrannt worden, das Hauptgebäude steht noch, wurde aber ausgeplündert – alles von Wert wurde mitgenommen, auch unser Fahrzeug.
Vatican News: Die Lage in der Region ist schon seit einiger Zeit unübersichtlich. Bereits Ende letzten Jahres gab es Berichte über mordende Milizsoldaten, die Dörfer und Straßen überfielen. Gibt es einen Zusammenhang zum jetzigen Übergriff? Wie lässt sich generell dieser Terror einordnen - Experten vergleichen diese Terroristen in Mosambik mit Boko Haram in Nigeria…

Abt Jeremias: Die Personen, die uns jetzt überfallen haben, gehören zu der gleichen Gruppe, die schon seit einigen Jahren die Region unsicher macht, das ist ganz deutlich für unsere Mitbrüder. Es gibt auch ein religiöses Motiv, man kann das erkennen. Die Identität ist ganz klar islamistisch, aber es ist wohl auch ein Machtkampf im Grunde steckt dahinter auch eine Rebellion der Jugend in einem sehr vernachlässigten Teil des Landes. Die Hauptstadt ist 2.500 Kilometer entfernt, und dieser arme Nordostwinkel des Landes, der ist sehr vernachlässigt, sehr verarmt. Und aus dieser Unzufriedenheit hat sich sicher auch die Radikalisierung gespeist, die jetzt gewaltsam ihren Ausbruch findet. Da vermischen sich ökonomische, religiöse Motive. Man spricht auch immer wieder von internationalen Hintermännern, weil in der Region sehr viel Erdgas gefunden worden ist, das irgendwann mal verteilt werden soll. Und es ist noch nicht sehr klar und durchsichtig, wer wirklich da die Strippen zieht.

Wirtschaftliche Interessen 

Vatican News: Also spielen wirtschaftliche Interessen von Drahtziehern im Hintergrund und von außen bei diesem Terror klar eine Rolle?

Abt Jeremias: Davon kann man ausgehen. Diese gewaltigen Erdgasvorkommen gehören zu den bedeutendsten der ganzen Welt, die direkt an der Küste direkt vor diesem Landstrich Mosambiks entdeckt worden sind. Die werden jetzt irgendwann zugeteilt, da geht es um Lizenzen, ist von zweistelligen Milliardenbeträgen die Rede, um die da gepokert wird, auch von internationalen Erdgasfirmen. Und diese Interessen stehen sicherlich auch im Hintergrund dieser Unruhe, denn diese Unruhen verhindern natürlich, dass die Zentralregierung Mosambiks wirklich effektiv diese Region administrieren kann und da dann auch über solche Rohstoffvorkommen entscheiden kann.

Vatican News: Wie versuchen die Benediktiner, solchen Entwicklungen entgegenzuwirken? Inwiefern können sie etwa die lokale Jugend erreichen, einbinden und vor einer Radikalisierung bewahren?

Benediktiner fördern Jugendliche

Abt Jeremias: Das ist genau der Grund, warum wir auch da in der Region sind! Das sieht man auch an den Fotos von der Arbeit vor Ort, die einzigen, die ich jetzt in der Kürze finden konnte, sind tatsächlich Fotos von Begegnungen mit Jugendgruppen aus der Region. Unser Ziele ist es, so bald wie möglich eine kleine Handwerkerschule zu eröffnen, damit da auch tatsächlich auch Ausbildung von jungen Leuten gefördert werden kann. Unsere Mitbrüder kommen ja aus Tansania, die Grenze ist 200 Kilometer entfernt. Aber das Lebensniveau, auch das wirtschaftliche Niveau in Tansania ist unvergleichlich höher. Und da ist es wirklich noch einmal schockierend, wenn man den Norden Mosambiks erreicht und diese sehr starke Armut, ja die Rückständigkeit dieses Landes sieht. Und da kommen die Benediktiner auch tatsächlich mit ihrem alten Zivilisationsauftrag, um dort zu helfen. Um durch eine Handwerkerschule, aber auch anderes, durch Betriebe und hoffentlich auch bald eine Klinik mit Hospital da Entwicklung zu leisten, zu helfen und den Menschen Perspektiven zu geben.

Vatican News: Welche Erfahrungen haben die Benediktiner damit bisher gesammelt – wird das angenommen von der Bevölkerung, wie ist auch allgemein das Zusammenleben vor Ort?

Beste Beziehungen zur Lokalbevölkerung

Abt Jeremias: Wir sind da sehr gut angenommen. Die Abtei, von der aus die Gründung des jetzt überfallenen Klosters gemacht wurde, auf der anderen Seite eines Flusses in Tansania, die liegt noch eingebettet in das Siedlungsgebiet des gleichen Stammes, der auch im Norden Mosambiks lebt, den so genannten Makonde. Und da haben wir eigentlich beste Beziehungen. Da gibt es kleinen Grenzverkehr, da bewegen wir uns fast in einem natürlichen Umfeld für unsere Mitbrüder vor Ort aus Tansania, mit denen sie eigentlich sehr gut zurechtkommen. Auch die Kirche hat uns sehr dankbar aufgenommen. Der Bischof sitzt in Pemba nochmal 200 Kilometer weiter südlich, und der ist sehr froh, dass die Benediktiner da in diesem verlassenen Nordzipfel wirklich eine stärkere kirchliche Präsenz ausbauen können. Es gibt dort alte Pfarreien, aber die waren alle Jahrzehnte lang vernachlässigt. Diese Region war der Ursprung des Befreiungskrieges von Mosambik. Der antikoloniale Kampf begann eigentlich wenige Kilometer von unserem Kloster entfernt und diese Region ist eigentlich seit vielen Jahrzehnten, seit Beginn dieses antikolonialen Krieges, immer wieder Gegenstand von Gewalt gewesen und ist dadurch auch noch weiter verarmt zurückgeblieben.

"Wir machen auf jeden Fall weiter"

Vatican News: Sie haben angekündigt, die Arbeit der Benediktiner werde trotz dieses „Rückschlages“ weitergehen - was ist geplant, und was gibt den Ordensleuten jetzt Mut und Kraft?

Abt Jeremias: Es ist klar, dass es sich (im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung, Anm.) um eine ganz kleine Personengruppe handelt, die diesen Terror ausübt. Und wir sind ganz gut verbunden mit der Bevölkerung dort, die freuen sich ja, dass wir da sind. Und das ist schon die erste Grundlage, auf der wir sagen können: wir machen da auf jeden Fall weiter! Es gibt auch in diesen Tagen ganz viel internationalen Zuspruch, viel Ermutigung, das ist für uns auch sehr schön. Es ist auch etwas unsere Ordenstradition – wir Benediktiner von Sankt Ottilien sind 1887 nach Ostafrika aufgebrochen und 1889 wurden die ersten Mitbrüder dort ermordet, und das war immer nur Ansporn, wieder weiterzumachen, uns nicht entmutigen zu lassen, sondern weiter aufzubauen. Unter Benediktinern gibt es so ein Ordensmotto, das kommt aus der Geschichte von Montecassino - ,das Abgeschlagene blüht wieder auf‘. Und diese Widerstandsfähigkeit, diese Bereitschaft weiterzumachen, auch wenn’s mal schwierig ist, die gehört wirklich zu unserer Ordenstugend, und ich bin mir sicher, unsere Ordensbrüder in Mosambik wollen das auch leben.

Vatican News: Und dafür wünschen wir Ihnen und Ihren Mitbrüdern alles Gute, danke für diese Einblicke, Abt Jeremias.

Die Fragen stellte Anne Preckel.


(vatican news – pr)
 

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16. Mai 2020, 11:23