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Amazonas-Bischof Kräutler: Schwere Vorwürfe gegen Bolsonaro

Amazonas-Bischof Erwin Kräutler wirft Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro „menschenverachtendes Handeln“ im Umgang mit dem Coronavirus vor. Bolsonaro nehme den Tod zehntausender Menschen in Kauf, sagte Kräutler in einem Interview im ORF-Religionsmagazin „Orientierung“ (Sonntag) über den Präsidenten, der von den brasilianischen Bundesstaaten verhängte Corona-Vorsichtsmaßnahmen in seinen öffentlichen Auftritten konterkariert.

Der Präsident verweise selbst darauf, dass es im Land 70.000 Corona-Tote geben werde, dies aber einfach so sei, schilderte der emeritierte Bischof von Xingu. „Der sagt das wirklich brutal. Das ist wie ein Stich ins Herz, weil das ja Menschen sind.“ Kräutler drückte zugleich die Hoffnung aus, „dass dieser Präsident bald einmal fällt“.

Der Bischof warnte vor einer Katastrophe in Amazonien. Tag für Tag würden sich mehr Menschen anstecken. Die Krankenhäuser seien total überfordert. Dies gelte für mehrere Großstädte, aber auch für seine frühere Bischofsstadt Altamira, wo Kräutler nach wie vor lebt. In der 140.000-Einwohner-Stadt gebe es nicht mehr als 16 Intensivbetten.

Indigene stecken sich leichter an

Besonders betroffen sei auch die abgeschieden lebende indigene Bevölkerung Amazoniens. „Diese indigenen Völker haben nicht diese Immunität, die der anderen Bevölkerung zugeschrieben wird. Und wenn eine Ansteckung in einem Dorf beginnt oder ein Indigener angesteckt wird, dann heißt das, das ganze Dorf ist verseucht“, sagte Kräutler.

Der emeritierte Bischof machte auch auf einen Zusammenhang von Umweltzerstörung und Corona-Pandemie aufmerksam. Immer mehr Holzfäller und Goldgräber würden in das Gebiet vordringen, „oft ermuntert“ durch Aussagen von Präsident Bolsonaro. „Die geben dann das Virus weiter“, kritisierte Kräutler. Allein in den Indio-Dörfern gebe es bisher 92 Todesfälle. Eingeschleppt hätten das Virus Menschen, „die über Leichen gehen“, so der Bischof. „Denen ist das vollkommen egal. Sie wollen ans Gold, sie wollen ans Holz, an die Naturreichtümer - ohne Rücksicht auf Verluste.“

Leute werden allein gelassen

Sehr schwierig beurteilte Kräutler auch die pastorale Situation in der Coronakrise, insbesondere bei Trauerfällen. Das Virus verhindere zunehmend Abschiedsrituale und mache auch die pastorale Begleitung von Hinterbliebenen kaum möglich. „Das Einzige, was wir noch tun können, ist mit den Betroffenen via Social Media in Kontakt zu treten... Mir tut das furchtbar leid, weil die Leute alleine gelassen sind.“

In ganz Brasilien sind nach jüngsten Angaben der Behörden (Sonntagabend/Ortszeit) bereits mehr als 360.000 Menschen mit dem Virus infiziert. Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit Coronaviren stieg zuletzt stark an und liegt nach offiziellen Angaben mittlerweile bei mehr als 22.000.

(kap - cs)

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25. Mai 2020, 12:53