Nicaraguas Präsdient Daniel Ortega und seine Frau und Vizepräsidentin Rosario Murillo zeigen sich auf Plakaten optimistisch, so als gäbe es weder Konflikte im Land, noch die Gefahr einer Ausbreitung von COVID-19 Nicaraguas Präsdient Daniel Ortega und seine Frau und Vizepräsidentin Rosario Murillo zeigen sich auf Plakaten optimistisch, so als gäbe es weder Konflikte im Land, noch die Gefahr einer Ausbreitung von COVID-19 

Nicaragua: Die doppelte Krise

Auch zwei Jahre nach Beginn der Proteste gegen Präsident Daniel Ortega kommt das lateinamerikanische Land nicht zur Ruhe. Öffentliche Demos auf den Straßen wurden zwar zum Schweigen gebracht; die Unstimmigkeiten zwischen Bevölkerung und Regierung halten jedoch an. Menschenrechtsverletzungen prangern nun vermehrt internationale Organisationen - und auch die katholische Kirche an.

Der Bischof von Matagalpa brachte es am Barmherzigkeitssonntag so auf den Punkt:

[ Nicaragua erlebt eine doppelte Krise: Die, die nun schon seit zwei Jahren andauert und jetzt noch die Pandemie ]

„Nicaragua erlebt eine doppelte Krise: Die, die nun schon seit zwei Jahren andauert und jetzt noch die Pandemie. Aber der Herr der göttlichen Barmherzigkeit wird den Stein von unserem Grab nehmen, so dass wir dem Grab entsteigen können, um in Gerechtigkeit und Würde zu leben“, sagte er gemäß dem vatikanischen Pressedienst Fides (Dienstag).

Öffentliche Proteste tabu, Sportgroßveranstaltungen nicht

Dass es keine öffentlichen Proteste mehr auf den Straßen gibt, bedeute nicht, dass nun Einheit herrsche, berichten sowohl internationale Medien, als auch örtliche Institutionen. So wies etwa die UN-Menschenrechtskommission darauf hin, dass sämtliche demokratische Einrichtungen dicht sind und die Freiheit der Bürger eingeschränkt. Öffentliche Demonstrationen seien unter diesen Umständen nicht möglich. Es handelt sich bei diesen Einschränkungen übrigens nicht um Schutzmaßnahmen gegen die Pandemie: Schulen und Geschäfte in Nicaragua sind weiter geöffnet; laut Medienberichten gab es sogar Massenveranstaltungen wie Konzerte, große Gottesdienste unter freiem Himmel und Marathonläufe, Fußballspiele sowie weitere Sportveranstaltungen. Nur Kundgebungen und Demos gegen die Regierung – die gibt es nicht.

Pressefreiheit und Menschenrechte: schon lange verletzt

„Wenn der einzelne Bürger nicht die Möglichkeit hat, seine Meinungsverschiedenheit gegenüber der Regierung auszudrücken, sind es nun internationale Gremien, die Menschenrechtsverletzungen gegenüber der Bevölkerung Nicaraguas anprangern“, so Fides. Auch die katholische Kirche habe „konstant die anhaltende Unterdrückung der Oppositionsführer oder junger Menschenrechts-Bewegungen“ angezeigt. Wer anfangs noch auf die Straße ging, um zu protestieren, sei inzwischen eingeschüchtert worden, durch Bedrohung, Verfolgung und Überwachung. Auch die Pressefreiheit sei nicht mehr gewährleistet.

Die Proteste und ihre Entwicklungen

Am Wochenende jährte sich der Beginn der Auseinandersetzungen zum zweiten Mal, die am 19. April 2018 als Aufstand gegen eine Rentenreform begannen. Die Bilder von Polizisten, die im Auftrag der Regierung gewaltsam gegen Demonstranten vorgingen, gingen um die Welt. Fides verfolgt die Krise laut eigenen Angaben seit Beginn der Proteste durch Informationen aus erster Hand. Missionare, Pfarrer und Bischöfe nahmen etwa protestierende Studenten auf, um sie vor Gewalt von Seiten der Regierung zu schützen. Nach Angaben der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte (IACHR/CIDH) gab es allein 2018 bei den Auseinandersetzungen 325 Tote; Nicaraguas Nachrichtenagenturen meldeten 569 Tote; Präsident Ortega hingegen sprach von 199 Toten im ersten Jahr des Konflikts.

(fides/diverse - sst)

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21. April 2020, 11:12