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„Papstgebet für Künstler spricht wichtige Erkenntnis an“

Papst Franziskus betet in seiner Frühmesse seit Anfang März täglich für eine andere Personengruppe, die von der Corona-Krise betroffen ist. Am Montag hat er für Kunstschaffende gebetet und dafür, dass Gott in dieser Zeit alle Menschen mit Kreativität ausstatten möge. Die Direktorin der deutschen Künstler-Akademie Villa Massimo in Rom, Julia Draganović, hält diese Gebetsmeinung für wegweisend.

Gudrun Sailer - Vatikanstadt

Julia Draganović: Papst Franziskus spricht aus meiner Sicht mit dem Wunsch, dass wir alle mit der Kreativität der Künslter ausgestattet würden, eine sehr wichtige Erkenntnis an. Ich habe den Eindruck, dass die COVID-19-Krise uns in eine Situation versetzt, die für Künstler geradezu der Normalzustand ist. Als Künstler ist man gewohnt, häufig nicht planen zu können, und dass man vor der Herausforderung steht, aus dem Nichts etwas Neues zu schaffen. Diese Art von Kreativität ist in der Tat etwas, was wir heute alle brauchen.

Vatican News: Die Villa Massimo beherbergt jedes Jahr etwa zehn Kunstschaffende aus Deutschland. Was machen die, die in diesem Jahr hier sind, aus dieser Situation des Corona-Lockdown in Rom?

Julia Draganović: Die Rompreisträger der Villa Massimo befinden sich im Vergleich zu den vielen Bürgern auf dieser Welt im Lockdown in einer privilegierten Situation, in einem schönen grünen Park. Das hat bei ihnen den Wunsch ausgelöst, dass sie ihre Kunst denjenigen, die ihre Häuser nicht verlassen können, sichtbar machen. Der Zufall will es, das unser Gelände angrenzt an eine Straße mit großen Wohnhäusern. Dort hat Tatiana Doll ihre römische Wölfin aufgehängt, die der Sage nach die Gründer der Stadt Romulus und Remus säugt - im Format 3 mal 6 Meter in fluoreszierenden Farben, so dass das Werk nun von Passanten und den Menschen, die gegenüber wohnen, betrachtet werden kann.

Hier zum Hören:

Für eine Woche haben wir jeden Abend ein kleines Programm veranstaltet. Sowohl der Schriftsteller Peter Wawerzinek als auch die übrigen bildenden Künstler, Esra Ersen, Birgit Brenner, Sebastian M. Kretzschmar und Jan Thomaneck, die sich in der Kunstwelt Famed nennen, aber auch die beiden Komponisten Stefan Keller und Torsten Rasch haben ein Programm zusammengestellt, das jeden Abend um 21 Uhr von den Nachbarn mit Applauas und Grazie-Rufen begleitet wurde.

Vatican News: Sie sagten, eine bestimmte Aktion hat Ihnen besondere Freude gemacht...

Julia Draganović: Sie bestand darin, dass wir die Zitronenbäume auf unserem Gelände abgeerntet haben und Marmelade daraus gekocht haben. Die ganze Aktion wurde dokumentiert von einem Videomacher, diese Marmelade haben wir für unsere Nachbarn gekocht. Sie steht am Eingang der Villa Massimo zur Verfügung, wer beim Einkauf bei uns vorbeikommt, kann sich gern ein kostenloses Glas mitnehmen. Das hat uns viel Freude gemacht.

Vatican News: Was kann Kunst in einer solchen Ausnahmesituation sein, im besten Fall?

Julia Draganović: Das, was sie eigentlich auch im alltäglichen Leben sein kann. Die Möglichkeit, die Welt mit anderen Augen zu sehen. Für mich ist Kunst eine große Inspiration, denn sie ermöglicht mir, mich selbst von mir zu entfernen, Neues zu entdecken, die Welt um mich herum zu verstehen. Das ist in Ausnahmesituationen noch wichtiger als im Alltag - aber wir sollten es auch im Alltag nicht vergessen, wie wichtig Kunst für uns alle ist.


(vatican news)

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28. April 2020, 15:12