Kapitän Gennaro Arma und das Kreuzfahrtschiff Diamond Princess der Reederei Princess Cruises Kapitän Gennaro Arma und das Kreuzfahrtschiff Diamond Princess der Reederei Princess Cruises  Die Geschichte

Coronavirus. Die Odyssee der Diamond Princess

Die Geschichte eines Traumschiffs, dessen Reise zum Albtraum wurde, als sich der Luxusliner vor der Küste Tokios ungewollt in eine Quarantäne-Station auf hoher See verwandelte.

Eliana Astorri - Vatikanstadt

Die Reise begann am 20. Januar im Hafen von Yokohama. Das majestätische Schiff sollte verschiedene Länder am Ostchinesischen Meer anlaufen, bevor es nach zwei Wochen wieder in Yokohama einlaufen sollte, um die Passagiere von Bord zu lassen. Nachdem sich jedoch Hunderte Menschen an Bord mit dem Coronavirus infiziert hatten, lag das Schiff mit 3700 Menschen an Bord fast einen Monat lang vor dem Hafen von Yokohama vor Anker...

Doch lassen wir die Ereignisse noch einmal Revue passieren: Am Abend des 3. Februar kamen Vertreter der japanischen Behörden an Bord. Einen Tag zuvor war ein Passagier, der das Schiff am 25. Januar in Hongkong verlassen hatte, positiv auf Covid-19 getestet worden. Am 4. Februar wurde das gesamte Schiff unter Quarantäne gestellt. Ein Zustand, der erst am 1. März mit der Evakuierung der letzten Besatzungsmitglieder zu Ende ging. Die Bilanz war verheerend: 712 Infizierte, 7 Tote. Kapitän Gennaro Arma, der am 1. März in Uniform und mit Atemschutzmaske als Letzter sein Schiff verließ und nun in seiner Heimat Italien wie ein Held gefeiert wird, hatte die undankbare Aufgabe, Panik zu verhindern und die Passagiere an Bord bei Laune zu halten.

Die ersten Maßnahmen...

Den Anweisungen der japanischen Behörden folgend, ordnete der Kapitän an, dass die Passagiere in ihren Kabinen zu bleiben hatten. Wie Kapitän Arma berichtet, seien Ärzte an Bord gekommen, die alle Passagiere und Besatzungsmitglieder, die grippeähnliche Symptome zeigten, auf Covid-19 getestet hätten. „Die Mahlzeiten mussten nun in alle 1350 Passagierkabinen an Bord geliefert werden. Wir mussten auch Wachschichten organisieren, damit gewährleistet war, dass die Passagiere auch tatsächlich in ihren Kabinen blieben – und ihnen ermöglicht werden konnte, sich wenigstens eine Stunde pro Tag an Deck, an der frischen Luft, aufzuhalten,“ berichtet Arma.

Gesten der Solidarität in Zeiten der Not

Doch in Zeiten der Not fehlte es auch nicht an Gesten der Solidarität. So hätten Passagiere mit Kabinen, die über einen Balkon verfügten, zugunsten von anderen, die Innenkabinen hatten – also keine Möglichkeit, Tageslicht zu sehen oder frische Luft zu schnappen –, spontan auf ihre Stunde an Deck verzichtet, erinnert sich der italienische Kapitän.

Opfer, die im Interesse aller gebracht werden müssen

Wie macht man 2700 Menschen, die sich auf einen Traumurlaub gefreut hatten klar, dass sie in ihrer Kabine bleiben müssen, ihnen die Mahlzeiten vor der Tür gestellt werden und sie nur eine Stunde am Tag an Deck gehen dürfen? Keine leichte Aufgabe für den Kapitän, dem klar war, dass diese Opfer im Interesse aller an Bord gebracht werden mussten.

Die Dankesbotschaften an die Besatzung

Auch der Besatzung wurde in dieser ungewöhnlichen Situation einiges abverlangt. Aber Kapitän Arma erzählt, dass sie sich tapfer geschlagen hätten, nennt sie seine „Gladiatoren“. Und auch die Passagiere hätten aus ihrer Dankbarkeit keinen Hehl gemacht, Dankesbotschaften für die Besatzung vor die Kabine gelegt. Er sei positiv überrascht darüber gewesen, wie gut sich die Besatzung an die neuen Umstände angepasst, das Beste daraus gemacht hätte, lobt der Kapitän.

Kapitän Arma mit Besatzungsmitgliedern auf dem Rückflug nach Italien
Kapitän Arma mit Besatzungsmitgliedern auf dem Rückflug nach Italien

Zufluchtsort Glaube

Vor allem aber der Glaube sei in dieser Situation eine wertvolle Stütze gewesen. „Ich habe in dieser Situation mehr gebetet als sonst,“ erzählt Arma. „Ich habe darum gebetet, die Situation in den Griff zu kommen und dem Virus positiv gegenübertreten zu können – und dann war mein Test tatsächlich negativ.“ Er habe auch für die vielen Menschen gebetet, die ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten – und für die, die den Kampf gegen das Virus leider nicht gewonnen haben. Der Glaube sei ein großer Trost gewesen, besonders nachts, wenn er sich in seine Kabine zurückgezogen und Zeit gehabt habe, über das Erlebte nachzudenken, erinnert sich der Kapitän.

Coronavirus: Neue Prioritäten setzen

„Ich bin von Natur aus ein positiver Mensch,“ meint der Kapitän. „Aber nach dieser Erfahrung an Bord der Diamond Princess bin ich überzeugt davon, dass wir jedes Hindernis – ja selbst einen unsichtbaren Feind wie das Corona-Virus – besiegen können, wenn wir gemeinsame Front machen, auch wirklich alle zu Opfern bereit sind.“ Er hoffe, dass die Opferbereitschaft, die er in diesen Tagen an Bord der Diamond Princess gesehen hatte, auch in Zukunft das Handeln der Menschen prägen werde. „Ich bin mir sicher, dass wir aus dieser Krise als bessere Menschen herausgehen werden,“ resümiert der Kapitän. „Ich glaube ganz fest daran, dass es eine einzigartige Gelegenheit ist, in uns zu gehen und unsere Prioritäten im Leben neu zu setzen. Wir haben ja nun mehr Zeit, uns um uns selbst und um unsere Familien zu kümmern. Und wir lernen jetzt vielleicht sogar die kleinen Dinge schätzen. Dinge, die zuvor in der Hektik des Alltags oft untergegangen sind...“

Gennaro Arma zeigt das T-shirt, das sein 10-jähriger Sohn Diego für ihn bemalt hat
Gennaro Arma zeigt das T-shirt, das sein 10-jähriger Sohn Diego für ihn bemalt hat

Für sein tadelloses Verhalten an Bord der Diamond Princess wurde Gennaro Arma vom italienischen Staatspräsidenten Sergio Matarella mit dem Verdienstorden der Italienischen Republik ausgezeichnet. Arma selbst sieht sich nicht als Held, meint, dass er  schließlich nur seine Arbeit getan habe. Natürlich ist er froh, wieder bei seiner Familie zu sein – als waschechter Seemann kann er es aber auch kaum erwarten, wieder in See stechen zu können. Er denkt oft an die Passagiere, die er betreut hat, und an die Besatzung, die ihm so selbstlos zur Seite stand. Und auch die Erinnerung an die Menschen, die den Kampf gegen das Virus nicht gewonnen haben, wird für immer in seinem Herzen bleiben.

.. und die Diamond Princess?

Und was wird nun aus der Diamond Princess? „Das Schiff wurde unter Kontrolle der japanischen Behörden vollständig desinfiziert,“ weiß der Kapitän zu berichten. „Es wurde danach für einen Zeitraum, den wir 'Wet Dock' nennen, in einen Hafen verlegt, von dem es freigegeben werden wird, sobald sich die Weltlage gebessert hat.“

(Telefongespräch mit Kapitän Gennaro Arma am 2. April 2020, in Zusammenarbeit mit Valeria Rubello, stellvertretende Direktorin von APCO Worldwide).

(vatican news - skr)
 

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07. April 2020, 14:17