Demonstrationen vor dem Obersten Gerichtshof für die Causa-Pell in Australien Demonstrationen vor dem Obersten Gerichtshof für die Causa-Pell in Australien 

Australien: Berufung im Verfahren Pell

Es ist die letzte Gelegenheit für Kardinal George Pell, seine Verurteilung als Sexualstraftäter zu kippen: Vor dem Obersten Gericht Australiens haben an diesem Mittwoch die Anwälte des ehemaligen Finanzchefs des Vatikans Gründe für die Berufung gegen das Urteil vorgetragen. Die Anhörung wird am Donnerstag fortgesetzt.

Pells Rechtsanwalt Brett Walker warf den Richtern des Berufungsgerichtes laut Medienberichten „fehlerhafte juristische Methoden“ vor. Sie hätten von Pell verlangt, seine Unschuld zu beweisen statt den Rechtsgrundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ zu befolgen.

„Die wahre Frage ist nicht: ,Glaube ich dem Kläger’, sondern - wenn ich ihm glaube-, ob es begründete Zweifel an Pell Schuld gibt“, argumentierte Walker. Die laut Walker „falsche“ Ausgangsposition der Jury habe die Untersuchung auf einen „zerstörerisch falschen Weg“ gebracht.

Ein Richter hatte sich Schuldspruch nicht angeschlossen

Walker stützte seine Ausführungen auf das Minderheitsvotum des dritten Richters des Berufungsgerichts. Der Rechtsanwalt legte den Richtern des High Court weiter dar, dass die zentralen Aussagen über das Geschehen nach einem Gottesdienst in der St.-Patrick-Kathedrale von Melbourne Zweifel am Tathergang und damit eine Aufhebung der Verurteilung Pells gerechtfertigt hätten.

Pell wird vorgeworfen, als Erzbischof von Melbourne im Dezember 1996 zwei Chorknaben in der Sakristei der Kathedrale sexuell missbraucht zu haben. Wie mehrere Zeugen ausgesagt hatten, sei es jedoch gängige Praxis von Pell gewesen, nach Gottesdiensten auf den Stufen der Kathedrale Gottesdienstbesucher zu begrüßen. Zudem habe in der Sakristei nach Messen ein emsiges Treiben geherrscht. Der Pell vorgeworfene Missbrauch habe also gar nicht stattfinden können, so Walker.

Zweifel am Tathergang

Der Schuldspruch Pells durch eine Jury und das anschließende Strafmaß von sechs Jahren Haft stützte sich einzig auf die unter Ausschluss der Öffentlichkeit gemachte Aussage eines der Opfer. Der zweite Mann war kurz vor Beginn des Prozesses an einer Überdosis Heroin gestorben.

Pell war bei der Anhörung vor dem High Court nicht anwesend. Dagegen hatte sich eine kleine Schar von Freunden wie Gegnern vor dem Gerichtsgebäude in Canberra zu Kundgebungen versammelt. Auf Postern forderten die einen „Pell burn in Hell“ – „Pell soll in der Hölle schmoren“ - während die anderen versicherten „Pell innocent forever“ - etwa „Pell auf ewig unschuldig“.

Keine Aufgaben mehr im Vatikan

Kardinal Pells Mandat als Leiter des vatikanischen Wirtschaftssekretariates hatte der Papst im Februar 2019 nicht weiter verlängert; Pells Amtszeit war damals nach fünf Jahren regulär abgelaufen. Nach den Missbrauchsvorwürfen gegen den Kardinal hatte sich auch die vatikanische Glaubenskongregation des Falls angenommen. Ein Ergebnis steht allerdings noch aus. Aus dem Kardinalsrat, der den Papst zu Fragen der Kurienreform berät, war Kardinal Pell bereits im Dezember 2018 ausgeschieden.  

(kap/ap/guardian – pr)

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11. März 2020, 11:57