Flüchtlinge aus Venezuela Flüchtlinge aus Venezuela 

Venezuela: Vermehrt Kinder unter den Flüchtlingen

Die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ schlägt Alarm: Hunderte venezolanische Kinder haben in den vergangenen Wochen das südamerikanische Krisenland verlassen. Meist sind sie alleine, ohne ihre Eltern und Opfer von Menschenhandel, so eine Pressemitteilung der Hilfsorganisation am Donnerstag. Bischof Mario Moronta aus San Cristóbal spricht Klartext: die venezolanischen Politiker sind daran schuld.

Mario Galgano – Vatikanstadt

Allein an der Grenze zu Brasilien hat „Human Rights Watch“ festgestellt, dass neunzig Prozent der venezolanischen Kinder auf der Flucht zwischen 12 und 13 Jahren jung sind. Eine ganze Generation wird dann in Venezuela fehlen. Das tragische dabei sei, dass sie allein oder mit einem Erwachsenen auf der Flucht seien, die nicht mit ihnen verwandt sind. Viele fliehen vor dem Hunger oder suchen nach einer Lösung für Behandlung schwerer Krankheiten.

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Der venezolanische Bischof Mario Moronta, der im Rahmen der Weihnachtsaktion „Friede! Mit Dir!“ des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat im Dezember Deutschland besucht hat, beschreibt die paradoxe Lage. So stünden im Land mit den größten Erdölreserven weltweit die Menschen Schlange, um zu tanken.

„Unsere Politiker tragen die Hauptverantwortung, vor allem die aktuelle bürgerliche Opposition. Denn sie hat bei allem Verdienst den ich ihr nicht absprechen will die Korruption aus dem Ufer laufen lassen und damit erst Hugo Chávez den Weg an die Macht geebnet. Und Chávez und seine Kamarilla, vor allem die aktuelle Regierung, haben die Korruption ebenfalls nicht besiegt. Das ist eines der Hauptprobleme Venezuelas.“

Kein Problem, sagt Maduro

Trotz offensichtlichen Mankos und der humanitären Krise leugnet das Regime von Nicolas Maduro weiterhin, dass es „ein“ Problem im Land gebe.

„Den Venezolanern ist die humanitäre Notlage sehr gut bewusst. Nur die Regierung erkennt sie nicht an. Und zwar weil sie glaubt, dass sie dann Schwäche zeigt und das Scheitern ihres Projektes einräumen muss und dass sie das Gesicht verliert, wenn sie den Kapitalismus und die Imperialisten um Hilfe bitten muss.“

Und manche behaupten, dass die verfahrene Situation nur militärisch zu lösen sei. Da ist aber der Bischof von San Cristóbal, Mario Moronta, anderer Meinung:

„Eine militärische Intervention, die sogar manche Katholiken fordern, hätte weitreichende Konsequenzen. Das würde zum Wieder-Aufleben der Guerilla führen. Und wenn die US-Streitkräfte dann abziehen, wie man in Irak und anderen Ländern gesehen hat, hinterlassen sie Polarisierung und Bürgerkrieg.“

Viele Venezolaner fliehen nicht nur in die Nachbarländer, einige haben es bis nach Deutschland geschafft. Um ihnen auch hier ein besinnliches Weihnachtsfest zu bereiten, findet am 3. Advent in Leipzig eine Weihnachtsfeier für Exil-Venezolaner statt. Die Exil-Venezolanerin Milsy Liebezeit erläutert im Gespräch mit dem Kölner Domradio, wie wichtig das für die Flüchtlinge aus Venezuela sei:

„Wir haben über Jahre dafür gekämpft, dass die Freiheit und die Rückkehr der Demokratie in Venezuela kommen soll. Das sieht jetzt so aus, dass es lange dazu braucht. Aber es kommen in der Zwischenzeit immer mehr und mehr Venezolaner auch hierher nach Deutschland. Bisher haben über 5,7 Millionen Menschen das Land verlassen. Davon sind etwa 27.000 in Deutschland.“

Fast keine Chance, als Flüchtling anerkannt zu werden

Wenige hätten überhaupt eine Chance, als Flüchtlinge in Deutschland anerkannt zu werden, so Liebezeit.„Wir haben von Januar bis September dieses Jahres ungefähr 525 Anträge für Asyl behandelt. Davon sind 57 akzeptiert worden. Das entspricht etwas mehr als zehn Prozent. Die Zahlen sind also sehr tief.“

Grund hierfür sei, dass Deutschland das südamerikanische Land weiterhin nicht als Krisenland anerkenne. Die Anträge kämen somit nur für „politisches Asyle“ in Frage, doch dies werde in Deutschland streng behandelt.

„Wir alle verbinden Weihnachten mit Essen und den Gewohnheiten der Tradition der eigenen Kultur. Das gibt uns auch das Gefühl von Heimat. Wer mit nur 23 Kilogramm das eigene Land verlässt, der hinterlässt alles, was er besitzt. Manche sogar ihre Familien oder ihre Kinder. Dieses Gefühl, dass jetzt Weihnachten ist, gibt einem das Gefühl, dass man doch nicht alleine ist. Deshalb ist eine Weihnachtsaktion, wie wir sie in Leipzig feiern, so wichtig für die venezolanischen Flüchtlingen.“

(ap/adveniat/domradio)

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06. Dezember 2019, 11:05